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1007 - Totenwache

1007 - Totenwache

Titel: 1007 - Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gekommen?«
    »Nein.«
    »Du kannst es dir nicht erklären.«
    »So ist es.«
    Ich wußte, daß Suko auf eine Antwort oder eine Erklärung meinerseits wartete, aber die fiel mir schwer, denn durch meinen Kopf jagten sich die Gedanken, und sie beschäftigten sich bereits mit einem Fazit, das ich allerdings in eine Frage kleiden wollte. »Gut, Suko, die Augenfarbe hat sich verändert.« Ich holte Luft. »Es fällt mir schwer, die Frage zu stellen…«
    »Mach es trotzdem.«
    »Ist mein Vater tot? Ich meine – richtig tot – jetzt, wo sich die Farbe seiner Augen verändert hat. Bitte, sag mir dazu deine Meinung. Ich will wissen, wie du darüber denkst.«
    Nach einer kleinen Pause hörte ich die Antwort. »Ich glaube schon, daß er tot ist – obwohl…«
    »Wie – obwohl?«
    »Obwohl ich nicht weiß, ob es so endgültig ist, wie wir es von den normalen Toten kennen. Ich habe erlebt, wie er sich aufgerichtet hat, aber er konnte…«
    »Was hat er?« schrie ich dazwischen. »Mein toter Vater hat sich aufgerichtet?«
    »Ja.«
    »O Gott!« stöhnte ich und umklammerte den Hörer noch fester.
    »Das darf doch nicht wahr sein! Das will mir nicht in den Kopf. Er ist normal tot, aber mit ihm…« Ich sprach nicht mehr weiter, weil eine furchtbare Vorstellung mein Denken überflutete. »Du willst doch nicht behaupten, daß mein Vater, Horace F. Sinclair, zu einem Zombie geworden ist – oder?« Ich wartete zitternd auf die Antwort, die auch erfolgte und mich beruhigen sollte.
    »Nein, John, davon habe ich nichts bemerkt. Wäre er zu einem Zombie geworden, hätte ich schon etwas dagegen unternommen. Das kannst du mir glauben.«
    »Ja, das wäre auch in meinem Sinne gewesen.« Ich wechselte den Hörer in die andere Hand. »Wir müssen aber davon ausgehen, keine normale Leiche vor uns zu haben.«
    »Richtig.«
    »Haben sich die Bewegungen wiederholt?«
    »Nein, John, das haben sie nicht.«
    »Aber die Veränderung in den Augen ist geblieben?«
    »Ja.«
    »Hast du dir überlegt, was man dagegen unternehmen könnte. Und ist dir auch klar, was dahintersteckt?«
    »Habe ich, John. Dein Vater ist zu einem Wirt geworden. Zu einem Wirtskörper, besser gesagt.«
    Ich nickte, auch wenn Suko es nicht sah. »Ja, das kann ich nachvollziehen«, murmelte ich.
    Er räusperte sich. »Ich will mich ja nicht in dein Leben einmischen, John, aber es wäre besser, wenn du versuchen würdest, nach Lauder zu kommen.«
    »Stimmt.«
    »Du mußt dir deinen Vater selbst anschauen, bevor wir deine Eltern – na du weißt schon.«
    »Beerdigen werden.«
    »So ist es.«
    »Natürlich werde ich kommen«, flüsterte ich. »Das ist keine Frage. Ich muß es tun. Ich kann mir auch denken, daß die anderen auch Bescheid wissen.«
    »Natürlich, John. Auch Jane und die Conollys. Gib mir Bescheid, wann du kommst, dann werde ich dich am Flughafen abholen.«
    »Nein Suko, das möchte ich nicht. Ich werde mir einen Leihwagen nehmen und nach Lauder fahren.«
    »Wie du willst.«
    »Bis später dann«, sagte ich leise und legte auf. In meinem Kopf drehte sich alles, und als ich den Abbé anschaute, sah ich die Sorgenfalten auf seiner Stirn.
    »Du hast alles gehört?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Was sagst du?«
    »Ich kann dir leider keinen Rat geben, John, wie es weitergehen soll. Es ist klar, daß du nach Lauder mußt, um dir die Leiche deines Vaters anzusehen, aber andere Dinge sind ebenfalls wichtig, finde ich.«
    »Welche denn?«
    »Nimm es mir nicht übel, wenn ich dir einen Rat gebe«, sagte er.
    »Aber ich denke daran, daß du dich zunächst einmal eine Nacht ausruhen solltest.«
    »Ja, schlafen…«
    »Es ist wichtig, John. Du brauchst Ruhe, denn was du hinter dir hast, ist mehr, als ein Mensch verkraften kann.«
    »Das bin ich gewohnt.«
    »Irgendwann streikt auch dein Körper.«
    Ich nickte ins Leere hinein. Er hatte ja so recht. Ich fühlte mich fix und fertig. Ich war geschafft.
    Auch der Abbé stand auf. »Ein Bad, eine Dusche?«
    »Am besten beides«, murmelte ich und schaute dabei zur Tür.
    Rechts von ihr stand ein Schwert. Es sah normal aus, es war aus Stahl geschmiedet, aber in der Mitte der Klinge schimmerte ein goldener Streifen, der sich vom Griff her bis in die Spitze hineinzog.
    Es war das Schwert des Salomo, und es hatte mich auf meinem mühsamen Weg durch die Vergangenheit begleitet. Wenn ich es nicht erhalten hätte, wäre möglicherweise alles anders geworden.
    Im nachhinein konnte ich es nicht mehr richten.
    Und erst recht nicht meine Eltern

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