1008 - Ein Computer spielt verrückt

Titel: 1008 - Ein Computer spielt verrückt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt

Vom Netzwerk:

gepreßt.
    „Das darf ich nicht zulassen", erwiderte der Computer. „Ich kenne meine Verantwortung, sie ist der wichtigste Teil meiner Programmierung."
    In Alja Symens' Ohren klang das wie Hohn.

    *

    Alja Symens konnte die Zukunft nur noch im schwärzesten Licht sehen.
    Dabei hatte vor zehn Jahren alles so vielversprechend begonnen, als sie erfuhr, daß sie das neu errichtete Handelskontor auf Mardi-Gras übernehmen sollte, einer Welt, die 23.480 Lichtjahre von ihrer Heimatsonne Sol entfernt war.
    Sie war weder der einzige weibliche Kontorchef noch mit ihren damals 52 Jahren der jüngste. Aber sie hatte große Pläne mit sich und nahm sich vor, einer der erfolgreichsten zu werden.
    Mardi-Gras bot schon von der Lage nicht die günstigste Ausgangssituation für ihre Karrierepläne. Die Sonne Pooden, deren zweiter Planet Mardi-Gras war, lag abseits der Haupthandelsrouten. Der Planet brachte selbst keine Handelsgüter hervor und war mehr oder weniger nur ein Warenumschlagplatz.
    Der Grund, warum aus Mardi-Gras nicht mehr herausgeholt wurde, sei es in Form von Abbau der Rohstoffe, einer Industrialisierung oder einer Besiedlung und Urbanisierung des Bodens, waren die Eingeborenen, Dirtos genannt. Es gab strenge Gesetze, die gravierende Eingriffe in die Ökologie einer Welt mit intelligentem Leben verboten. Und die Dirtos waren Intelligenzwesen, die ein Anrecht auf eine eigenständige Entwicklung hatten.
    Alja Symens hatte in den zehn Jahren, Planetenzeit, versteht sich, nie eines jener pinguinähnlichen Wesen mit den äffischen Gesichtern in persona zu sehen bekommen - so scheu waren sie. Und sie wußte über sie nur, daß sie ihren Lebensraum an einem ausgedehnten Gebirgszug hatten, der sich zweitausend Kilometer von Hades entfernt quer über den Äquator spannte; daß sie eine Art Mimikry-Fähigkeit besaßen und faszinierende Farbenspiele auf ihre Gesichter zaubern konnten; und daß sie keine nennenswerte Kultur besaßen.
    Ihr Aussehen war das, wie schon erwähnt, von Pinguinen, doch stammten sie nicht von Vögeln ab, sondern von Säugetieren. Ihr Körperpelz war flaumig, am Bauch weiß und an Rücken und Armen dunkel, von blauschwarz bis erdbraun - es war die typische „Frackzeichnung" von Pinguinen. Ihre Köpfe waren rund und hatten annähernd menschliche Gesichter, Hände und Füße waren viergliedrig. Viel mehr war über dieses Völkchen nicht bekannt, obwohl sich immer wieder Forscher fanden, die Expeditionen zu den Lebensräumen der Dirtos starteten.
    Diese Expeditionen dienten nicht nur wissenschaftlichen Zwecken, sondern hatten auch wirtschaftliche Gründe; man wollte untersuchen, ob man im Rahmen der Evolutionsgesetze nicht doch noch mehr aus Mardi-Gras herausholen konnte.
    Der Name des Planeten stammte übrigens von einem Begriff, der soviel wie Karneval bedeutete. Und er bezog sich auf die Dirtos mit ihren farbenfrohen Gesichtern, die den Eindruck von Karnevalsmasken erweckten ...
    Alja Symens war eine gewissenhafte Leiterin des Handelskontors. Ihr unterstanden etwa 1750 Leute aus den verschiedensten Völkern, jedoch mit einem überwiegenden Anteil an Menschen, und sie hatte zu ihnen ein kameradschaftliches Verhältnis.
    Im Vergleich zu dem doch zahlenmäßig großen Personalstand und der Ausdehnung des Handelskontors um den immerhin zwanzig Koggen fassenden Raumhafen war das Computersystem relativ bescheiden dimensioniert gewesen - zumindest bei Aljas Amtsantritt.
    Inzwischen war die Positronik soweit ausgebaut, daß sie fast alle Lebensbereiche umfaßte, und der Raumhafenbetrieb konnte, was jedoch aus verschiedenen Gründen, auch aus beschäftigungstherapeutischen, fast nie geschah, vollautomatisch geführt werden. Das Computernetz betreffend, hatte man jedoch erst die Hälfte des Plansolls erfüllt - worüber Alja in diesen Tagen überaus froh war. Sie wollte sich nicht vorstellen, was geschähe, wenn auch die Wohnbezirke von Hades voll an das Computernetz angeschlossen wären.
    Die Lage war auch so schon schlimm genug.
    Begonnen hatte alles am 8. August, in diesem 424. Jahr Neuer Galaktischer Zeit, die mit der Gründung der Kosmischen Hanse begonnen hatte.

    *

    8. August 424 NGZ.
    Der Schwere Holk REVAL, dessen Kommen längst avisiert war, ersuchte um Landeerlaubnis an. Sie wurde gewährt, nachdem die benötigten Landequadrate geräumt worden waren. Eine Routineangelegenheit, wenngleich es sich auch nicht um einen alltäglichen Vorgang handelte. Das Handelskontor Mardi-Gras hatte immerhin