1008 - Ein Computer spielt verrückt
Hades mit ihren 12.000 Bürgern.
Das Bild auf dem Monitor teilte sich, und der eine Ausschnitt zeigte den Himmel mit der Sonne Pooden. Sie stand fast im Mittag. Es war 12 Uhr 05 Planetenzeit. Der Tag hatte auch auf Mardi-Gras 24 Stunden, wenn jede davon auch um rund ein Drittel kürzer war als eine Norm-Stunde.
Nun schob sich vor die Sonne ein keilförmiges Objekt. Die eingeblendeten Meßdaten wiesen es als 110 Meter langes und am Keilende ebenso breites Raumschiff aus: Eine Kogge. Die Zugwerte des Leitstrahls waren normal, die Fallgeschwindigkeit entsprach der Norm.
Hoffentlich geht es gut, dachte Alja. Sie wußte selbst nicht, warum sie solche Angst hatte, denn das von Albert gesteuerte Landemanöver lief planmäßig ab, es gab nicht die geringste Abweichung - die Meßdaten wiesen das eindeutig aus.
„Albert täuscht uns!" meldete sich da Stefan Ragon. „Manuelle Messungen haben ergeben, daß die FLANDERN um ein Viertel schneller sinkt, als Albert ausweist. Er tut das mit voller Absicht!"
„Alarmiert die Rettungsmannschaften!" befahl Alja.
„Rettungsmannschaften alarmiert", bestätigte Stefan Ragon.
Alja hatte schon vor Tagen den Notstand über das Hanse-Kontor verhängt und von der Stadtverwaltung bald darauf die Zustimmung dafür erhalten, diesen auch auf die Wohnbezirke von Hades auszudehnen. Sie hatte einige harte Maßnahmen anordnen müssen und unter anderem auch ein Sonderkommando, zusammengesetzt aus Hanse-Angestellten, ins Leben gerufen, das als eine Art Computer-Feuerwehr in Katastrophenfällen eingesetzt werden sollte.
Und so eine Katastrophe sah Alja auf sich zukommen, wenn die Positronik namens Albert nicht im letzten Moment sich selbst korrigierte.
Ich habe es geahnt, dachte sie und biß sich auf die Faust. Sie spürte den Druck von Harvens Händen auf ihrer Schulter und fühlte durch diese Geste ihre Spannung etwas weichen.
Es war, als wollte der Freund damit sagen: Es wird nicht zur Katastrophe kommen.
Wozu gibt es ausgeklügelte Sicherheitssysteme, die Entgleisungen von Computern verhindern sollen.
Und sie glaubte sich schreien zu hören: Und was, wenn eine Positronik auch das Sicherheitssystem kontrolliert?
Sie nahm die Geschehnisse auf dem Bildschirm wie durch einen Schleier wahr. Die Wagen des Sonderkommandos hatten das Landefeld der FLANDERN erreicht. Menschen in Schutzanzügen sprangen heraus und begannen damit, die Projektoren in Stellung zu bringen. Alles geschah von Hand - und es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Hitzeschilder und Druckwellenabsorber, energetische Prallkissen und Antigravfelder aufgebaut waren, die im Fall einer Bruchlandung den Aufprall des Schiffes mildern sollten.
Und da passierte es. Die Kogge stürzte mit unglaublicher Geschwindigkeit auf das Landefeld hinab, wurde von den Prallkissen zurückgefedert und von den Antigravfeldern für einen Moment in der Schwebe gehalten.
Doch dann brach das energetische Netz unter der Belastung zusammen. Die FLANDERN sackte mit dem Bug ab und fiel aus zwanzig Metern Höhe auf das Landefeld.
Alja schloß die Augen. Als sie sie wieder öffnete, erwartete sie, ein flammendes Inferno zu sehen. Doch zum Glück blieb den Raumschiffinsassen wenigstens das erspart.
Der Vorfall war auch so schlimm genug. Selbst wenn sich der materielle Schaden in Grenzen hielt und es keine Toten und Schwerverwundeten gab, so blieb die ungeheuerliche Tatsache, daß alles der Eigenmächtigkeit eines Computersystems zuzuschreiben war.
Und daß dieser Computer wahrscheinlich sogar vorsätzlich gehandelt hatte.
„Wohin wird das noch führen?" sagte Alja müde.
„Es tut mir leid, Alja", sagte da eine sanfte, wohlmodulierte Stimme aus der Schaltwand. Es war Alberts Stimme, die Stimme der Positronik. Alja erinnerte sich, daß sie beim Betreten des Büros automatisch die Sprechverbindung zum Zentralcomputer eingeschaltet hatte. Doch die Leitung war bis nach der Katastrophe tot geblieben.
Die Stimme fuhr fort: „Ich habe das nicht gewollt. Bis zuletzt war ich der Meinung, eine hundertprozentige Landung abzuwickeln, und die Meßdaten gaben mir recht. Ich kann es mir selbst nicht erklären."
„Diesmal kannst du dich nicht auf menschliches Versagen herausreden, Albert", erwiderte Alja zornig. „Die Katastrophe geht ganz allein auf dein Konto."
„Ich bin mir keiner Schuld bewußt", sagte der Computer. „Ich stelle mein System jederzeit einer eingehenden Überprüfung zur Verfügung."
„Man sollte dich deaktivieren", sagte Alja
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