101 London - Geheimtipps und Top-Ziele
er vor allem Einflüsse aus der italienischen Architektur mit nach London. Hier galt er zunächst als Außenseiter. Gibbs, der Tory und Katholik war, sympathisierte mit der Jakobiterbewegung, die den schottischen Stuart-Monarchen wieder auf den britischen Thron verhelfen wollte. Dies machte ihn in den einflussreichen Kreisen der liberalen Whigs, die unter George I. 1714 an die Macht kamen, nicht gerade beliebt. Zudem waren seine Entwürfe vom italienischen Manierismus (Spätbarock) beeinflusst und wichen vom populären palladianischen Stil ab. Gibbs fand jedoch Gönner unter reichen Tory-Familien, was ihm einige Bauaufträge sicherte. Er studierte den Baustil von Christopher Wren, und im Gegenzug erkannte dieser Gibbs Talent und unterstützte seine Entwürfe. Später flossen viele Stilelemente Wrens auch in Gibbs Arbeiten ein.
St. Mary le Strand – Insel der Ruhe in verkehrsreicher Umgebung
Nachdem Wren die niedergebrannten 51 Gotteshäuser wiederhergestellt hatte (s. Kap. 49 ), beschloss die Regierung im Jahr 1711, weitere 50 Kirchen im Stadtgebiet zu bauen. Unter den Architekten Nicholas Hawksmoor, John James, Thomas Archer und James Gibbs entstand etwa die Hälfte der geplanten Bauwerke. Diese sind auch als Queen Anne-Kirchen bekannt (Queen Anne 1702–1714). Von Gibbs stammt die Kirche St. Mary le Strand im Stadtteil Westminster, die 1717 fertiggestellt und 1724 geweiht wurde. Gibbs plante eine quadratische Kirche, die statt eines Kirchturms von einer Säule nach antikem römischem Vorbild mit einer Statue von Queen Anne überragt werden sollte. Der Entwurf zeigte Ähnlichkeiten mit Raphaels Palazzo Branconio in Rom.
Diesen Entwurf konnte er jedoch nicht durchsetzen und es entstand stattdessen ein graziler Turm. Der Innenraum mit den aufwändigen barocken Verzierungen trägt noch die Handschrift des Architekten, obwohl das Gebäude im 19. Jh. restauriert und umgestaltet wurde. Der Rundbogen, der die Kanzel umgibt, basiert auf der Innengestaltung der Santa Maria del Carmine in Florenz. Heute liegt die Kirche auf einer Verkehrsinsel des geschäftigen Strand Boulevards. Bereits zur damaligen Zeit war dies ein verkehrsreicher Ort: Um den Lärm fernzuhalten, wurden keine Fenster im Erdgeschoss eingebaut.
1720 erhielt Gibbs den Auftrag für die Neugestaltung der Kirche St. Martin-in-the-Fields, lange bevor der heute vorgelagerte Trafalgar Square entstand. Wieder wurde der erste Plan, der einen Rundbau vorsah, verworfen. Auch der neue Entwurf mit korinthischen Säulen am Eingangsportal, an die sich der Kirchturm direkt anschließt, wurde kontrovers diskutiert. Dieser Baustil wurde jedoch später, vor allem in Nordamerika, oft kopiert. Henry III. ließ im übrigen im Jahr 1542 die ursprüngliche Kirche aus dem 13. Jh. ausbauen, da Pestopfer nicht mehr innerhalb der Ländereien des Whitehall Palastes bestattet werden sollten.
Auffallend am belebten Trafalgar Square – St. Martin-in-the-Fields
Gibbs war außerdem Mitglied im Vorstand des Krankenhauses St. Bartholomew’s (s. Kap. 28 ). Die Neugestaltung des Krankenhauses, mit einer Anordnung von vier Bauten um einen Innenhof, nahm er unentgeltlich vor.
INFO
Information: St. Martin-in-the-Fields Trafalgar Square, U-Bahn Charing Cross, Bakerloo Line, Northern Line. In der Krypta der Kirche gibt es ein Café mit gutem Essen, außerdem finden Mo, Di & Fr um 13 Uhr Mittagskonzerte statt, Eintritt frei. Mi gibt es ab 19 Uhr Jazzkonzerte.
Café in the Crypt, Trafalgar Square, www.smitf.org . Geöffnet Mo & Di 8–20, Mi 8–22.30, Do–Sa 8–21, So 11–18 Uhr. Mi ab 19 Uhr Eintritt nur noch für Besucher der Jazzkonzerte.
St. Mary le Strand, Tel.: 7836-3126. Geöffnet Di–Do 11–16, So 10–13 Uhr. U-Bahn Temple, Circle und District Line. Sonntags: U-Bahn Embankment oder Charing Cross, Bakerloo Line oder Northern Line.
Das Banqueting House von Inigo Jones – italienische Renaissance in Westminster
Als der Whitehall Palace aus der Tudorzeit im Jahr 1698 in Flammen aufging, überlebte nur das Banqueting House das Feuer. Der Architekt Inigo Jones (1573–1652) hatte das palastartige Renaissance-Gebäude für den Stuart König James I. (1603–25) im Jahr 1622 erbaut. Inigo Jones zeichnete sich unter anderem auch durch den Bau des Covent Garden und des Queens House in Greenwich aus (s. Kap. 95 ).
Das Banqueting House, ein palastartiges Renaissancegebäude
Whitehall Palace erstreckte sich zwischen den heutigen Horse Guards und dem St. James’s Park bis zur
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