1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände
habe nichts gehört. Keine Schritte und…«
»Jemand hat gehustet.«
Kim hob die Schultern. »Meinetwegen kann er auch husten. Aber was machen wir jetzt?«
»Wir spielen Verstecken.«
»Quatsch, du bist verrückt!«
»Doch, komm!« Larry hatte es plötzlich sehr eilig. Er faßte seine Freundin unter und zog sie in die Richtung, aus der die beiden gekommen waren.
Kim Grover begriff zwar nichts, aber sie riß sich auch nicht los und folgte ihrem Freund. Bevor sie den schmalen Pfad nach unten gingen, drehten sich die beiden nach rechts weg, drückten eine Lücke in dicht zusammengewachsene Sträucher und fanden dahinter ein so gutes Versteck, von dem aus sie auch die Stelle an der Felswand einsehen konnten, an der sich das Gesicht zeigte.
Sie hockten erst wenige Sekunden ihn ihrer Deckung, als Kim einsehen mußte, daß ihr Freund recht gehabt hatte.
Es kam tatsächlich jemand.
Und er bewegte sich wie ein Dieb. So vorsichtig, so schleichend. Dann änderte er seine Richtung, nachdem er sich zuvor umgesehen hatte und ging auf das Gesicht in der Felswand zu.
Sein Kichern jagte beiden Schauer über den Rücken…
***
Romano Malfi wußte nicht, ob er zufrieden sein sollte. Jedenfalls hatte seine untreue Frau ihre gerechte Strafe erhalten. Ihre waren sogar beide Hände abgehackt worden. Sie war nicht mehr in das Dorf zurückgekehrt, und das hatte ihn doch nachdenklich werden lassen. Ohne Hände hatte sie die Flucht ergriffen. Einfach so. Sie war weggerannt. Die beiden Bestrafer hatten sie nicht halten können, und über den Hang hinweg war sie ihnen entwischt.
Und sie war bis jetzt nicht wieder aufgetaucht!
Die Bestrafung lag fast eine Woche zurück. Jeder im Dorf wußte Bescheid, aber es fand sich niemand, der öffentlich darüber reden wollte. Der Gerechtigkeit mußte Genüge getan werden. Von diesem Weg durfte niemand abweichen.
Auch in den Gasthöfen war Romano Malfi nicht auf die Bestrafung angesprochen worden, aber die Männer dort standen zu ihm, und so bekam er manches Bier oder manchen Krug Wein ausgegeben.
Auch am Grappa konnte er sich laben. Der Alkohol sollte ihm dabei helfen, das alles zu vergessen, doch das konnte er nicht.
Es ging ihm dabei nicht einmal um Jessica als Person. Er hatte ihrer Bestrafung schließlich zugestimmt. Bei ihm war es etwas anderes. Er war sauer darüber, daß sie so plötzlich verschwunden war.
Abgetaucht, als hätte es sie nie zuvor gegeben. Und das ärgerte ihn auf der einen Seite, machte ihn auf der anderen aber nervös und unruhig, weil er sich tief in seinem Innern vor ihrer Rache fürchtete.
Er hatte darüber mit Cesare Caprio gesprochen, der aber hatte ihn beruhigt. »Sie wird nicht mehr zurückkehren. Sie kann nicht. Sie ist weg. Sie ist verblutet und tot. Irgendwann werden wir ihren Körper finden - oder auch nicht«, schränkte er ein.
Mit dieser Antwort wollte sich Romano Malfi nicht zufriedengeben. Er hatte Caprio zwar zugestimmt, innerlich jedoch dachte er anders darüber. Er glaubte fest daran, daß seine Frau noch lebte und er sie irgendwann einmal wiedersehen würde. Dann würde sie ihm erscheinen wie ein wahr gewordener Alptraum, und davor fürchtete er sich schon jetzt. Deshalb waren für ihn die Nächte zu wahren Horrorszenarien geworden, denn Schlaf hatte er nicht gefunden.
Und noch etwas drängte in ihm. Er wollte den Ort der Bestrafung besuchen. Der Platz war ihm, dem Einheimischen, gut bekannt. Ihn schreckte nur der lange Aufstieg, denn sein ungesundes Leben hatte an seiner Kondition genagt.
Dennoch konnte er sich gegen den immer stärker werdenden Drang nicht wehren, und so gab er sich an einem sonnigen Vormittag einen innerlichen Ruck und machte sich auf den Weg.
Er legte Pausen ein. Seine Raucherlunge schien zu platzen. Immer wieder mußte er längere Pausen einlegen, und er hatte sogar an Aufgabe gedacht, doch immer wieder überwand der Drang seinen inneren Schweinehund.
Irgendwann am Mittag hatte er es dann geschafft und die unmittelbare Nähe des Ortes erreicht. Die letzten Schritte ging er geduckt und sich dabei umschauend. Er wollte auf keinen Fall beobachtet oder gesehen werden, denn dieser Ort wurde des öfteren auch von Wanderern besucht, die sich in natura anschauten, was sie sonst nur aus den Geschichten kannten.
Die Stelle war leer.
Sie war überhaupt nicht unheimlich, da die hellen Strahlen der Sonne die Felsen betupften und auch das Gebiet davor in einem strahlenden Glanz erscheinen ließen.
Auch das Gesicht glänzte.
Das
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