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1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände

1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände

Titel: 1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hatte bisher zu Boden geschaut. Jetzt schrak er zusammen und starrte Flavio nur an.
    Das gefiel dem nicht. »Ja, da kannst du glotzen, wie du willst. Es stimmt, ich habe sie gesehen.«
    »Du warst besoffen.«
    »Nein, nicht so.«
    Cesare atmete gequält ein. »Und wo soll das gewesen sein?« fragte er leise.
    »Direkt am Brunnen. Sie hat dort gestanden und auf mich gewartet. Ohne Hände, verstehst du. Nur mit ihren verdammten Armstümpfen, und sie gab sich so sicher. Sie war davon überzeugt, daß ihr niemand etwas zuleide tun könnte.«
    »Dann hast du dich mit ihr unterhalten?«
    »Darauf kannst du Gift nehmen.«
    »Und was sagte sie?«
    Flavio brachte seinen Mund dicht an Cesares Ohr. Er berichtete flüsternd, was ihm Jessica Malfi geraten hatte, und Cesare begriff es genausowenig wie Flavio.
    »Wenn du es mir nicht gesagt hättest, ich hätte alle anderen für Lügner gehalten.«
    »Ich habe aber nicht gelogen.«
    »Klar, ich glaube dir schon.«
    »Sie ist am Brunnen gewesen und hat mir erklärt, daß ich die Dinge nur durch ihren Tod ändern kann.«
    »Das kann sie nicht ernst gemeint haben«, sagte Cesare. »Die wollte dich nur fertig machen.«
    »Was sie ja auch geschafft hat.«
    Caprio hob die Schultern. »Bei mir jedenfalls ist sie nicht gewesen.«
    »Das kann noch kommen. Vielleicht will sie dich erst zum Schluß besuchen.«
    »Und dann?«
    »Erwürgen kann sie dich wohl nicht.«
    »Nein. Es sei denn, die Hände wachsen ihr wieder an.«
    »Der Mund der Wahrheit aber hat sie verschluckt.«
    »Richtig.«
    Beide Männer mußten schweigen, weil der Geistliche seine Trauerrede beendet hatte. Er segnete den Sarg noch einmal, dann gab er ihn für die anderen Trauergäste frei.
    Die Männer schleuderten Lehm auf den Sargdeckel, die Frauen nahmen Blumen. Es war immer so gewesen, und es würde auch in Zukunft so bleiben. Die anderen Gräber waren stumme Zeugen.
    Wenn sich keine Grabsteine in die Höhe reckten, hatten sie einen Schmuck aus eisernen Kreuzen bekommen, an denen kleine Weihwasserschalen befestigt waren. Oft genug waren auch noch die Fotos der Verstorbenen zu sehen.
    Wer mit seinem letzten Gruß fertig war, trat wieder zurück in die Reihe der anderen.
    Niemand achtete auf die Umgebung. Keiner schaute mehr über die Mauer hinweg oder warf einen Blick auf den Eingang des Friedhofs, dessen Tor offen stand.
    Genau dort passierte es.
    Eine Frauengestalt näherte sich dem Eingang. Sie hatte ihm Schatten der Kirche gewartet und ihn nun verlassen. Dabei trat sie in das kalte Licht der Sonne, wo sie für einen Moment so wirkte wie eine Botin aus einer anderen Welt.
    Sie näherte sich dem Friedhof. Auf dem direkten Weg steuerte sie dem offenen Eingang zu. Eine Frau, deren Arme von einer Seite zur anderen schwangen, wenn sie ging, aber es waren Arme ohne Hände. Die hatte man ihr abgehackt.
    Trotzdem ging Jessica weiter. Nichts konnte sie aufhalten, niemand wollte sie auch davon abhalten, an das Grab ihres Mannes heranzutreten, um auch ihm die letzte Ehre zu erweisen, obwohl beide keine glückliche Zeit miteinander gehabt hatten.
    Jessica Malfi ging aufrecht. Eine stolze Haltung, wie sie nur eine Gewinnerin zeigen konnte. Oder eine Person, die erst durch die Hölle gegangen war, um aus diesem Feuer hervorzukommen wie eine mächtige Königin, die darauf bedacht war, ihren Thron zu besteigen.
    Das Tor hatte sie hinter sich gelassen. An den ersten Gräbern war sie entlanggegangen. Dabei knirschte der Kies und die Steine unter ihren Füßen. Jessica befand sich noch im Rücken der Trauergäste, die keinen Anlaß sahen, sich umzudrehen. Der Pfarrer hielt sich noch am Grab auf, flankiert von seinen beiden Meßdienern, von denen einer das große Kreuz festhielt, das auf dem Boden stand.
    Cesare Caprio und Flavio di Mestre hatten sich bisher zurückgehalten und den anderen Menschen den Vortritt ans Grab gelassen. Jetzt aber, wo der letzte kehrtgemacht hatte, waren sie an der Reihe, und sie nickten sich zu.
    Mit gesenkten Köpfen gingen sie nebeneinander her. Der Erdhügel war kleiner geworden. Der Spaten fand gerade noch Halt, und Cesare griff als erster nach ihm. Mit seinen kräftigen Händen zog er ihn aus dem Erdreich hervor. Dabei blieb sein Gesicht unbewegt. Die Unterlippe hatte er wie so oft nach vorn geschoben, als wollte er damit Regentropfen auffangen.
    »Mach's gut, Romano«, murmelte Cesare. »Vielleicht geht es dir im Jenseits ja besser als uns hier im Dorf.« Er wandte sich mit gesenktem Kopf ab. Zuvor aber

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