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1015 - Henkeraugen

1015 - Henkeraugen

Titel: 1015 - Henkeraugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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seines Freundes schauen konnte.
    Rodney Chesterton enttäuschte ihn nicht.
    War tatsächlich ein Zucken über seinen Körper gehuscht oder hatte Jane es sich nur eingebildet? Sie mußte es genauer wissen. Deshalb wandte sie ihren Blick auch nicht ab. Der Junge war zunächst einmal uninteressant geworden. Für sie zählte auch die Verbindung zwischen ihm und dem verdammten Henker.
    Der Körper bewegte sich nicht. Dafür seine Waffe.
    Sie zuckte vor, zugleich mit seinem Arm. Jane wollte noch abwarten, was weiterhin passierte und hatte sich dabei auf den Henker konzentriert. Deshalb war ihr die weitere Bewegung des Beils entgangen. Erst als es das Bild verließ, irritierte Jane dieses knappe Aufblitzen, genau dort, wo sich die rätselhafte Zwischenwelt des Bildes und die normale trafen.
    Es war genau der Augenblick, auf den Eugen gewartet hatte. Er war einen Schritt nach vorn gegangen und griff zielsicher zu. Bevor Jane sich versah, hatte die Waffe ihren Besitzer gewechselt. Der Junge hielt sie in den Händen. Eigentlich war das Beil zu lang und zu schwer für ihn. Das Bild, das er abgab, hätte eigentlich grotesk wirken müssen. Doch der Junge war beseelt von der Kraft des Henkers.
    Etwas von ihm mußte auf ihn übergegangen sein, das Beil zu halten, bedeutete für ihn kein Problem. Möglich war auch, daß die veränderten Augen dafür gesorgt hatten. So war ein Teil der Henkerkraft auf den Jungen übergegangen.
    Er und Jane standen sich gegenüber. Eugen war nicht gewachsen.
    Noch immer stimmte das Verhältnis seiner Körpergröße zur Waffe nicht. Davon ließ sich Jane nicht täuschen. Wenn er wollte, war er verdammt gefährlich, und sie mußte sich von dem Gedanken befreien, in Eugen ein normales Kind zu sehen.
    Das war er zwar, aber er war es trotzdem nicht. Falsch angezogen irgendwie, aber trotzdem zu seinem Gesicht mit dem konservativen Haarschnitt passend.
    Hinzu kam nun die Waffe. Hart umfaßten die Hände den Griff.
    Seine Knöchel sprangen scharf hervor. Die Haut spannte sich darüber, und sie sah dabei so weiß aus wie Fett, über das noch eine Ölschicht gestrichen worden war, so sehr schimmerte der Schweiß auf der Haut, denn auch Eugen stand unter Druck.
    »So«, sagte er, ohne seine Drohung, Jane töten zu wollen, zu wiederholen, dann ging er vor, und er tappte dabei, als wollte er besonders fest auftreten. Sein Gesicht war hart. In den Augen schimmerte nach wie vor die ölig wirkende Schwärze, und der eigentlich zu kleine Mund zeigte einen bösartigen Zug. Seine Arme hatte er angehoben, und damit auch das Beil. Er schaukelte leicht, als er ging, doch sein Ziel stand unbeirrt fest.
    Es war Jane!
    Und sie überlegte, was sie unternehmen sollte und konnte. Sie wußte es nicht. Sie war völlig von der Rolle. Sie brachte es einfach nicht fertig, eine Waffe zu ziehen und auf den Jungen zu schießen.
    Er war ein Kind. Elf Jahre alt. Er war kein Killer, auch wenn er töten wollte. Nein, das war er nicht, sondern die Macht, die in ihm steckte.
    Die Kraft des Henkers. Einer Person, die längst hätte tot sein müssen, es auf eine bestimmte Art und Weise auch war und es trotzdem geschafft hatte, seine Welt zu verlassen.
    Jane ging zurück.
    Der Junge setzte seinen Weg fort. Immer dann, wenn er einen Schritt nach vorn ging, bewegte sich Jane in dem gleichen Tempo zurück. Sie würde irgendwann die Treppe erreicht haben, nach unten laufen müssen, und was dann geschah, wußte der Teufel.
    Schweiß bedeckte ihre Handflächen. Die Lippen zuckten. Ihr war heiß und kalt zugleich. Den Jungen sah sie nicht mehr, ihr Blick saugte sich an der Klinge fest. Sie war das grausame, das böse Omen. An ihr klebte das Blut eines Menschen, der Eugens Vater gewesen war.
    Eugen lachte.
    Typisch für ihn.
    Dabei zuckte sein Gesicht. Es zeigte bereits den Triumph, und als das Lachen verstummte, ging er trotzdem weiter und gab sein erneutes Versprechen.
    »Ich werde dir den Kopf abhacken und dann deine Leiche zerstören«, flüsterte er. »Vielleicht schneide ich dir auch die Augen aus, so wie man es bei Rodney gemacht hat. Alles werde ich tun, alles. Verstehst du das?«
    Jane hatte es verstanden. Zugleich ärgerte sie sich darüber, in die Defensive gedrängt worden zu sein. Sie wußte, daß nicht der Junge die eigentliche Schuld trug, sondern die Gestalt des Henkers, die in seiner Welt keine Ruhe hatte finden können. Sie war das eigentliche Problem. Solange sie noch existierte, war auch die andere Kraft vorhanden, die Eugen

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