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1016 - Der Narr aus Venedig

1016 - Der Narr aus Venedig

Titel: 1016 - Der Narr aus Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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diese Wohnung zu betreten?
    Angela Morinelli sicherlich nicht. Es sei denn, sie hätte mir eine gewaltige Lügengeschichte aufgetischt. Das traute ich ihr einfach nicht zu.
    In meiner Umgebung war es still. Links von mir und nicht weit entfernt sah ich das schmale Flurfenster. Ein mehr hohes als breites Rechteck. Die Scheibe zeigte so gut wie keinen Glanz mehr.
    Geputzt worden war sie schon lange nicht.
    Sollte sich tatsächlich jemand in dieser Wohnung versteckt halten, der zudem noch hingegangen war, zwei Kater zu ermorden und deren Blut im Zimmer zu verteilen? Möglich war alles, und wenn niemand die Wohnung betrat, konnte hier jemand leben wie ein Einsiedler, der nur auftauchte, wenn es ihm paßte.
    Bevor ich die Tür aufdrückte, schaute ich zurück. Niemand war mir gefolgt. Auch jetzt hörte ich keine Tritte. Angela würde sich hüten, hierher zu kommen. Ihre Furcht war einfach zu groß, und das war verständlich.
    Die Klinke ließ sich normal bewegen, und die Tür knarzte etwas in den Angeln, als ich sie nach innen drückte. Ich sah vor mir den gleichen Flur wie eine Etage tiefer, nur düsterer und staubiger. Es fehlte einfach die Beleuchtung.
    Noch ging ich nicht hinein. Ich wollte testen, ob etwas zu spüren war. Geräusche, Bewegungen, auch wenn sie heimlich und versteckt waren. Manchmal erhält man in gewissen Situationen ein feeling für derartige Dinge, aber ich merkte hier nichts davon. Es blieb still vor mir.
    Ich sah den Flur, ich sah den Staub, ich ging weiter, und ich brauchte nicht einmal Licht, weil die Türen zu den einzelnen Zimmern offenstanden, so daß sich die Helligkeit ausbreiten konnte und für mich etwas sichtbar wurde.
    Spuren!
    Ich war überrascht, ging keinen Schritt mehr weiter und schaute nur nach unten.
    Fußspuren!
    Kein Zweifel. Wie für mich hinterlassen, malten sie sich auf dem Flurboden ab. Und sie verteilten sich, denn sie liefen nicht nur in eine Richtung, also von der Tür nach vorn. Sie hatten sich nach rechts oder links gedreht, denn genau so mußte derjenige gegangen sein, der die Spuren hinterlassen hatte.
    Jemand, der hier wohnte? Der sich auskannte, oder jedes angeblich leere Zimmer benutzte?
    Es war alles möglich, aber diese Gedanken schob ich vorerst zur Seite, weil ich mich genauer mit den Abdrücken beschäftigte.
    Es waren Fußspuren, das stand fest. Aber ich wunderte mich über die Form, denn normal waren sie nicht. Diese hier hatten eine besondere Zeichnung im Staub hinterlassen. Sie waren auf keinen Fall die Abdrücke eines normalen Schuhs. Wer hier gegangen war, der mußte Schuhe getragen haben, wie sie vor Jahren, möglicherweise sogar vor Jahrhunderten modern gewesen waren.
    Sehr schmal und vorn spitz zulaufend. Beinahe wie die Form eines bestimmten Boots, das auch in einer bestimmten Stadt zu finden war, in Venedig, denn die Abdrücke kamen mir gondelförmig vor, eben weil sie vorn spitz zuliefen.
    Gondeln hatte der Bewohner sicherlich nicht an den Füßen getragen, dafür aber Schnabelschuhe, und die waren wirklich vor zweihundert und mehr Jahren modern gewesen.
    Ich hatte keine Eile, um die Wohnung zu durchsuchen. Deshalb konnte ich warten und nachdenken.
    Viel wußte ich nicht, aber ich wollte die Abdrücke hier mit dem wenigen in Verbindung bringen, das ich wußte, und dachte an einen bestimmten Gegenstand, den ich eine Etage tiefer gesehen hatte.
    Das Himmelbett. Aus Italien stammend, aus Venedig. Es war alt. Es hatte der Geliebten eines Dogen gehört. Und diese Geliebte hatte ihren Gönner betrogen. Sie hatte also etwas getan, was es schon immer gegeben hatte.
    Und daraus hatten sich auch im Laufe der Geschichte die unterschiedlichsten Dramen entwickelt, die oft genug in wahren Blutbädern geendet hatten.
    Wie auch hier…
    Wer lebte hier oben?
    Gehört hatte ich nichts, abgesehen von den Geräuschen, die ich hinterlassen hatte. Ich ging mit sehr langsamen Schritten in den leeren Flur hinein.
    An der Wand hing kein einziges Bild. Es gab auch keine Garderobe, und ich sah auch keine Flecken oder Abdrücke, wo eventuell Bilder gehangen haben konnten.
    An den Ecken, wo die Decke und die beiden Wände zusammentrafen, hatten Spinnen ihre dichten Netze geschaffen. Sie klebten dort wie graue Knäuel fest.
    Ich hatte einen Lichtschalter gesehen und probierte ihn aus. Es tat sich nichts. Die ebenfalls von Spinnweben bedeckte Lampe blieb dunkel. Vor der ersten Zimmertür auf der linken Seite blieb ich stehen und durchforstete den Raum.
    Kein einziges

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