1017 - Auf den Spuren der Bruderschaft
das Ende aller Probleme, nicht wahr?"
„Oh, der Gedanke ist mir wohl schon gekommen", spottete Brether.
„Aber...?"
„Aber erstens ist der Krane in gewissem Sinn unser Wohltäter, auch wenn er an uns eine schöne Stange Geld verdient. Und zweitens bin ich nicht sicher, ob er uns nicht doch letzten Endes hereinlegen würde. Der Kerl kennt sich aus, verlaß dich drauf."
Surfo nickte. „Ganz meine Gedanken", pflichtete er bei. „Du siehst, Scoutie, „deine hohe Meinung von unserer Rechtschaffenheit ist nur zum Teil gerechtfertigt."
Sie sah ihn an. „Du hast einen Plan." Es war keine Frage. Sie wußte es genau. Es war schwer, vor Scoutie Geheimnisse zu haben. „Aber du willst nicht darüber sprechen?"
„Nein", sagte Surfo. „Es wäre nutzlos, obendrein ein zusätzliches Risiko. Niemand weiß, wie lange wir unentdeckt bleiben. Falls man euch erwischt, möchte ich nicht, daß ihr der Schutzgarde verraten könnt, wo ich zu finden bin."
Surfo verließ das Haus gegen Mittag. Am Morgen hatte es geregnet; ein tropischer Wolkenbruch hatte sich über der Stadt entladen. Jetzt aber schien die grelle Sonne vom wolkenlosen Himmel und brachte die durchgeweichten Straßen zum Dampfen. Die Temperatur lag bei 35 Grad, die Luft war mit Feuchtigkeit gesättigt. Es war die Stunde des Pan. Wer nicht unbedingt draußen zu tun hatte, der hielt sich im klimatisierten Innern der Gebäude oder der Fahrzeuge auf.
Surfo, schweißgebadet unter der schweren Robe des Bußbruders, bahnte sich einen Weg durch die Gärten, die sich hinter den Häusern an der Seitenstraße entlangzogen. Als er den Rand der nächsten Hauptverkehrsader erreichte, hätte niemand sagen können, woher er gekommen war.
*
Der Brunnen der Waschungen lag im südwestlichen Stadtviertel, wo die Straßen eng und winklig waren und die Berge allmählich näher zusammenrückten, um zwischen sich das Gruda-Tal zu formen, durch das der Torstyl träge dem Meer entgegenglitt. Der Brunnen, ein einfaches, rundes Becken mit einer in der Mitte aufsteigenden Fontäne, war vom Gründer der Kolonie Keryan als Zeichen seiner Dankbarkeit für den Erfolg seines Unternehmens errichtet worden. In den vergangenen Jahren hatten ihn jedoch die Bußbrüder mit Beschlag gelegt. Sie tilgten die „Sünden" ihrer Kunden mit rituellen Waschungen. Zu jeder Tages- und Nachtzeit waren wenigstens ein halbes Dutzend Vermummter am Brunnen zu finden.
Surfo führte das Ritual getreulich aus. Soviel schuldete er Virlirey. Er sollte sein Geld nicht umsonst ausgegeben haben. Der Platz lag im Sonnenglast und war, von der Gruppe Schwarzvermummter abgesehen, wie ausgestorben. Am Nordrand erhob sich unter einer Reihe älterer Gebäude eines, das sechs Stockwerke weit in die Höhe ragte und über dem Haupteingang ein Leuchtschild trug, auf dem stand: INTERSTELLARES HANDELSKONTOR - WARENVERMITTLUNG. Auf dieses Haus ging Surfo zu, nachdem er das Ritual der Waschungen beendet hatte.
Hinter der großen Eingangstür lag ein behaglich eingerichteter Empfangsraum, in dem ein älterer Krane Dienst tat. Die Klimaanlage blies aus voller Kraft, aber der Tag war ungewöhnlich heiß, und jedes Mal, wenn die Tür aufging, kam ein Schwall überhitzter, feuchtigkeitsgesättigter Luft mit herein. Dem Alten machte die Hitze zu schaffen.
„Wir brauchen hier keinen Bußbruder", knurrte er, als Surfo eintrat und in demütiger Haltung vor seinem Schreibtisch stehenblieb. „Wir sind alle guten Mutes und haben uns nichts zuschulden kommen lassen."
„Sprich für dich selbst", drang es unter der Kapuze des Vermummten hervor. „Ich bin hier, um Menthelep zu sehen."
„Menthelep, den Vorsteher?" erkundigte sich der Alte mißtrauisch. „Hat er dich bestellt?"
„Nein."
„Dann scher dich zu allen achthundert Teufeln!" schrie der Alte und sprang dabei auf.
„Menthelep befindet sich bei ebenso guter geistiger Gesundheit wie ..."
Eine Tür im Hintergrund öffnete sich. Ein hochgewachsener, reichgekleideter Krane erschien.
„Was geht hier vor? Was soll der Lärm?"
Der Alte wies mit anklagender Geste auf den vermummten Bußbruder. „Er will dich sehen", stieß er hervor. „Ohne Anmeldung. Er meint wohl..."
Der Reichgekleidete richtete den Blick auf die vermummte Gestalt.
„Du hast hier nichts verloren", sagte er. „Ich habe keine Sünden auf mich geladen, derentwegen ich deiner Dienste bedürfte."
„Sich einen leichten Gewinn von dreißigtausend Tali entgehen zu lassen, ist das nicht eine Art Sünde?"
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