1017 - Die Sonne Satans
brauchten die Reste nicht mehr zu einem Kollegen zur Untersuchung zu schicken.
Suko und ich waren bleich geworden. Mit einer leicht verlegenen Geste strich Suko über sein Haar. »Was soll man dazu sagen?«
»Nichts.«
»Sind wir zwei Verlierer?«
»Sieht ganz so aus.«
Der Küster war zur Seite getreten. Ihn bedeckte der Schatten der Kirche. »Also ich begreife das alles nicht. Wie konnte denn das überhaupt geschehen?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Ist die andere Seite denn so stark? Satans Sonne, oder was haben Sie gesagt?«
»Sie haben schon recht.«
Lincoln schwieg. Statt dessen schaute er zu, wie die Würmer zwar blieben, sich aber in das Erdreich hineindrückten, als suchten sie dort Schutz.
Da war leider nichts mehr zu machen. Wir wußten zudem reichlich wenig. Nur den Namen des Veränderten und daß er in der Nachbargemeinde ausgeholfen hatte. Ferner war uns die Sonne Satans bekannt, aber es gab keinen Hinweis darauf, wo wir sie hätten finden können. Wir wußten nicht einmal, wo wir mit der Suche beginnen sollten. Das konnte selbst den größten Optimisten zum Pessimisten machen.
Ich fragte noch einmal bei dem Küster nach. »Und Ihnen ist auch nichts eingefallen, was uns hätte weiterhelfen können?«
»Nein, Mr. Sinclair.«
»Kann man den Pfarrer der Nachbargemeinde jetzt besuchen?« erkundigte ich mich.
»Ich denke schon.«
»Und Sie kennen ihn.«
»Recht gut sogar.«
»Dann fahren Sie bitte mit.«
Der Küster war einverstanden, obgleich er sich in seiner Haut nicht wohl fühlte. »Das Rad kann ich ja später holen«, sagte er.
»Wir fahren Sie auch wieder zurück. Keine Sorge.«
Damit war er einverstanden, aber er schaute nicht mehr dorthin, wo die Würmer praktisch einen kleinen Teppich auf dem Untergrund gebildet hatten und ebenfalls dabei waren, sich in den Boden zu drücken. Sie würden verschwinden, und niemand konnte je herausfinden, daß es hier einmal einen Menschen gegeben hatte.
Glücklich waren wir nicht, als wir in den Rover stiegen und losfuhren. Im Hintergrund lauerte die Sonne Satans. Ich fragte mich, wo wir sie finden sollten…
***
Der Pfarrer war ein Mann in mittleren Jahren. Er hieß Cyrus Miller, und als er uns die Tür seines kleinen Hauses öffnete, wobei er im Schein einer Außenleuchte und zusätzlich von Weinlaub umgeben dastand, da rochen wir die leichte Whiskyfahne.
Miller entschuldigte sich auch sofort. Er hatte an einem Rehessen teilnehmen müssen, und es hatte sich hingezogen. Einen Schluck Whisky zu trinken, war schließlich kein Verbrechen.
»Kommen Sie rein.«
Er wußte, wer wir waren, denn vom Auto aus hatten wir ihn über Handy angerufen.
Das Haus war nicht nur äußerlich klein, auch im Innern fanden wir keine Tanzsäle vor. Für mich waren die Türen zu niedrig. Ich zog schon den Kopf ein, als ich das Arbeitszimmer des Geistlichen betrat, wo wir alle um einen runden Tisch herum unsere Plätze fanden.
»Was kann ich Ihnen anbieten?«
Suko wollte nichts. Der Küster und ich einigten uns auf Wasser.
»Keinen Whisky?«
»Ja, ich nehme einen«, sagte Lincoln.
Ich lehnte ihn auch nicht ab, und so war der Pfarrer froh, durch uns ein Alibi zu bekommen.
Er schenkte ein, stellte die Flasche auf den Tisch und drückte sich in den Sessel, der aus dunklem Rattan bestand. Er hatte ein schmales Gesicht, ebenfalls schmale Augen und ein etwas zu spitzes Kinn.
Wir tranken, dann lehnte sich Cyrus Miller zurück und schaute auf die Wand, wo das Bild seines Vorgängers hing, eines älteren Mannes mit hellem Bart. »Wir haben ja miteinander telefoniert, und ich weiß, weshalb Sie gekommen sind. Ich habe versucht, mir über Pater Claudius Gedanken zu machen oder mich an ihn so zu erinnern, daß für Sie dabei etwas herauskommt.« Er schüttelte den Kopf. »Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß es mir schwergefallen ist, ihn mir überhaupt wieder vorzustellen.«
»Hat er bei Ihnen keinen Eindruck hinterlassen?« erkundigte ich mich.
Der Pfarrer wiegte den Kopf, »Das kann man so nicht sagen. Der junge Mann war schon engagiert.«
»Junger Mann?«
»Ja, nicht einmal Dreißig. Er fing erst an. Er wollte sich vor allen Dingen für die Jugend einsetzen. Auch als Missionar hätte er sich sehen können. Allerdings war er mir ein wenig zu unstet. Man spürt das, wenn man Menschen kennt. Bei Claudius war ich mir sicher, daß er es nie lange an einer Stelle oder an einem Ort aushält. Er wollte immer etwas Neues sehen, und er wollte vor allen Dingen etwas
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