1022 - Der Lockvogel
Begleiterin, was Kathrin nicht störte. Sie war mit sich sehr zufrieden. Zudem hatte sie die beiden noch gefesselt. Ihre Hände waren mit dünnen Schnüren auf dem Rücken zusammengebunden.
Handschellen befanden sich leider nicht in ihrem Privatbesitz. Die hätte sie lieber genommen.
Tief ausatmend schloß sie die hinteren Türen. Die Zündschlüssel hatte sie bereits an sich genommen. Jetzt war alles klar. Einer Abfahrt stand nichts mehr im Wege.
Der Motor war in Ordnung. Er sprang sofort an, lief auch ruhig, ohne zu Stottern, und über Kathrins Gesicht huschte ein knappes Lächeln. Fünf Opfer für den Vampir. Das war mehr, als sie je zu hoffen gewagt hatte. Super.
Sie freute sich, als das Haus hinter ihr zurückblieb. Licht brauchte sie zunächst nicht. Auch ohne Beleuchtung kannte sie den Weg und rollte durch die Dunkelheit.
Es ging ihr gut. Sie war ruhig. Sie dachte an die Zukunft. An die Familie aus Blutsaugern, die sicherlich immer größer wurde, das war einfach das Gesetz dieser Geschöpfe.
Der Range Rover schaffte die Strecke leicht, obwohl es ständig auf-und abging. Sie brauchte nicht einmal die normalen Wege oder schmalen Straßen zu benutzen. Kathrin konnte quer durch das Gelände zu ihrem zweiten Wohnsitz fahren.
Das Haus war erst aus der Nähe zu sehen. Büsche und auch niedrig wachsende Bäume schützten es vor den Blicken Fremder. Wer sich hier zurechtfand, mußte schon einheimisch sein, und das war sie schließlich. Dafür stand sie gerade.
Von der Rückseite her rollte sie auf das Haus zu und bremste ab, als die die Breitseite erreicht hatte. Sie nahm sich die Zeit, im Rover sitzenzubleiben. Nicht nachdenken, sondern die Umgebung beobachten, in der sich nichts rührte.
Sie war allein.
»Sehr gut«, flüsterte Kathrin, bevor sie ausstieg. Zuerst ging sie auf das Haus zu, öffnete die alte Eingangstür so weit wie möglich, dann ging sie wieder zurück, blieb aber bereits nach drei Schritten stehen, weil ihr doch etwas aufgefallen war.
Im Haus hatte es so seltsam gerochen…
Kathrin, mißtrauisch geworden, überlegte nicht lange. Sie ging wieder zurück und betrat sogar den Flur.
Ja, es stimmte.
Sie schnupperte und bewegte dabei ihren Mund, als wollte sie den Geruch gern auf der Zunge schmecken.
Nach Verbranntem… ja, es stank nach Verbranntem, als hätte jemand in diesem alten Bau ein Feuer angezündet.
Sie sah aber nichts. Keinen Widerschein aus der ersten Etage oder in ihrer Nähe.
Wo dann?
Im Keller?
Dieser Gedanke machte sie nervös, aber nicht untätig. Zu ihrer Ausrüstung gehörte die Taschenlampe, und die schaltete sie ein, als sie sich auf den Weg zum Keller machte…
***
Beide Männer hatten sich erschreckt. Und beide standen wieder in der Dunkelheit. Sie konnten nicht reden, der Schock saß zu tief. Er hatte ihre Stimmen regelrecht gefressen.
Besonders Glenn Simpson war von diesem Anblick hart getroffen worden. Bisher hatte er gedacht, daß Buddy normal gewesen wäre, ungefähr so wie sie, aber Buddy mußte Kontakt mit dem Blutsauger gehabt haben. Er war bestimmt zu ihm gegangen, als Glenn noch geschlafen hatte, und der Blutsauger hatte die Chance sofort genutzt.
Eddie konnte nicht mehr schweigen. »Du hast doch gesagt, daß er so ist wie wir.«
»Habe ich auch.«
»Und was ist jetzt?«
»Scheiße ist es. Den hat es erwischt.«
»Uns erwischt es auch!«
»Schrei nicht so!« keuchte Simpson und schlug Eddies Hand zur Seite, die ihn anfaßte. »Du machst mich noch irre!«
»Toll, das bin ich schon. Ich komme mir vor wie in einem Irrenhaus. Aber ich will hier weg.«
Simpson lachte meckernd. »Da mußt du den Vampir fragen. Vielleicht ist er ja so nett und läßt dich laufen.«
»Hör auf, Mann!«
Simpson ging etwas von Eddie weg. »Jedenfalls müssen wir etwas tun, das sage ich dir. Wir können uns hier nicht so einfach fertigmachen lassen.«
»Was willst du tun?«
»Keine Ahnung.«
»Toll, das hätte ich dir auch sagen können.«
»Moment, laß mich ausreden. Keine Ahnung habe ich deshalb gesagt, weil ich dich zum Nachdenken bringen will.«
»Ich habe schon nachgedacht.«
»Bist du auch in der Lage, mir zu helfen?«
»Wie meinst du das denn?«
»Ganz einfach. Wenn wir Buddy vernichten wollen, müssen wir die Nerven behalten. Das wird irre schwer sein, ich weiß, aber sonst kriegen wir ihn nicht.«
»Kannst du Waffen herbeizaubern? Einen Pflock? Oder vielleicht Knoblauch, mit dem du ihm das Maul stopfst? Wenn du das schaffst, bist du für mich der
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