1022 - Der Lockvogel
schaffte er.
Dabei richtete er sich auf.
Ein graues, ein schmutziges Gesicht starrte Eddie und Glenn entgegen. Ein schiefer Mund, verklebte Lippen.
Simpson ging näher an ihn heran, um ihn besser anleuchten zu können. Er rechnete damit, daß Buddy zum Wasser laufen würde.
Das war ein Irrtum. Buddy glotzte sie an. Ein furchtbarer Verdacht keimte in Simpson, als er die Augen sah. Zwar nicht sehr deutlich, aber er kannte sie, denn den gleichen Augenausdruck hatte er bei dem Vampir gesehen.
Mühsam öffnete Buddy sein verklebtes Maul.
Da waren sie zu sehen.
Zwei spitze, aber auch leicht gekrümmte Hauer, die so typisch für einen Blutsauger waren…
***
Kathrin Dill hatte es sich zuerst leichtmachen wollen und den leblosen Körper der Frau zuerst in den Range Rover geschafft. Sie hatte sogar noch eine Waffe bei ihr gefunden und eingesteckt, und bevor sie sich an den zweiten Teil ihrer Arbeit machte, wollte sie auch diesen Sinclair noch untersuchen.
Er lag in seinem Sessel wie tot. Kathrin hatte eine recht große Dosis des farblich neutralen Betäubungsmittels in die beiden Gläser gekippt, denn sie wollte sichergehen, daß ihre neuen Opfer recht lange »schliefen«. Sie hatten genau in ihren Plan hineingepaßt. Sie würden ebenfalls zu Opfern des Vampirs werden, so daß diese dann eine große Familie bilden konnten.
Und alles würde dort geschehen, wo niemand mehr hinkam. In einem alten Abrißhaus, in einer Bude, in der nur noch der Keller in Ordnung war. Seine Wände waren einfach zu dick, um im Laufe der Zeit aufweichen zu können. Ein besseres Gefängnis gab es einfach nicht.
Kathrin tastete Sinclair ab. Es war für sie nicht einmal überraschend, als sie eine Waffe fand. Ebenfalls eine Beretta. Auch sie fand in ihrer Uniformtasche Platz.
Sie suchte weiter.
Der Ausweis.
Sie schaute ihn sich an – und erbleichte.
Sinclair war Polizist. Sogar Yard-Mann. Plötzlich raste ihr Herzschlag. Das Blut stieg ihr in den Kopf. Sie mußte sogar gegen Schwindel ankämpfen, so sehr war sie von diesem Fund überrascht worden.
Damit hatte sie nicht gerechnet. Das komplizierte die Dinge.
Es war einfacher, einen Normalbürger mit einem normalen Beruf verschwinden zu lassen, als einen Polizisten. Nach ihm wurde gesucht. Dahinter stand eine ganze Organisation. Scotland Yard war mächtig, das wußte sie sehr genau. Wenn sich die Collins und dieser Sinclair auf einer Dienstfahrt befunden hatten, würde die Organisation alle Hebel in Bewegung setzen, um die beiden zu finden.
Welche Chancen bestanden?
Kathrin wog eiskalt ab. Man kannte sie. Aber man wußte nichts von ihrem Doppelleben. Niemand hatte sie bisher gesehen, wenn sie die Opfer für den Blutsauger besorgte, und sie konnte sich auch nicht daran erinnern, daß Sinclair oder seine Begleiterin während ihrer Anwesenheit telefoniert hatten. Also würde man in London gar nicht wissen, wo sich die beiden befanden.
Ja, so sah es aus.
Sie machte sich keine großen Sorgen mehr. Die Brieftasche steckte sie wieder zurück. Geld brauchte sie nicht. Außerdem war sie keine normale Räuberin.
Die schwierige körperliche Aufgabe lag noch vor ihr. Sinclair war nicht so leicht wie diese Collins. Sie würde sich mit ihm abmühen, bis sie ihn endlich in den Wagen geschafft hatte.
Kathrin war kräftig. Sie kannte auch einige Kniffe, um es sich leichter zu machen. So ging sie in die Knie und zog den Mann aus dem Sessel, damit sie ihn sich über die Schulter legen konnte.
Es klappte.
Zwar wäre sie beinahe zusammengebrochen, aber mit einem letzten Kraftimpuls stemmte sie sich hoch.
Für einen Moment blieb sie stehen, um sich mit der linken Hand an einer Sesselkante abzustützen. Tief durchatmen, das Gewicht ignorieren, sich konzentrieren, dann gehen.
Sie schaffte es der Reihe nach. Diese Methodik brachte sie weiter, und so näherte sich Kathrin Dill Schritt für Schritt dem Ausgang, obwohl sie sich darüber ärgerte, daß ihre Knie weich wurden. Aber ihr durch Sport gestählter Körper schaffte auch dies.
Draußen empfing sie die frische Luft und ein Range Rover, dessen hintere Türen nicht geschlossen waren. Jane Collins lag bereits im Wagen, Sinclair folgte.
Die Menschen in den anderen Häusern schliefen. Sie gingen immer früh zu Bett, weil sie auch früh aufstanden. Die meisten von ihnen waren Schäfer, einige arbeiteten auch für den Tourismus, es gab auch Bauern, aber die waren in der Minderheit.
Sie wuchtete Sinclair in den Wagen. Er fiel halb auf seine
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