1023 - Monster-Queen
rein. Hindern kann ich Sie ja sowieso nicht.«
Ich verkniff mir eine Antwort. Hinter der Frau betraten wir die Wohnung, natürlich gespannt und auf der Lauer liegend, aber es war kein Monster zu sehen, das uns angegriffen hätte. Nicht einmal eine Katze oder ein Hund streunten herum, geschweige denn ein derartiges Untier.
»Den Weg kennen Sie ja«, sagte sie, »aber ich gehe trotzdem vor.«
Sie führte uns in das gleiche Zimmer, das wir schon kannten, drehte sich, lächelte und hob die Schultern. »Jetzt möchte ich gern wissen, was Sie hier suchen!«
Sie erhielt keine direkte Antwort. »Von der Unruhe draußen auf der Straße haben Sie nichts bemerkt?«
»Doch – schon«, gab sie nickend zu. »Das habe ich. Der Lärm war ja nicht zu überhören. Ich kenne nur den Grund nicht.«
»Man sucht nach einem Untier.«
Cynthia lachte uns so hart an, daß wir beide zusammenschraken.
»Das kann doch nicht wahr sein! Nach einem Untier? Was für ein Untier? Ist jemand aus dem Zoo ausgebrochen?«
»Nein, derartige Wesen werden in keinem Zoo der Welt gehalten, denke ich.«
»Jetzt haben Sie mich aber echt neugierig gemacht«, erklärte die Frau. »Wie sieht dieses Untier denn aus?«
»Es ist gefesselt«, erklärte Suko.
»Na, immerhin etwas. Dann kann es ja nicht gefährlich werden.«
»Das sagen Sie«, sprach Suko weiter. »Wir haben etwas anderes gefunden, Miß Carinelli.«
»Was denn?«
»Einen Toten!«
»Ach!« Mehr sagte sie nicht und lauerte förmlich auf weitere Erklärungen unsererseits.
Die erhielt sie auch, denn Suko redete weiter. »Der Tote stammt aus Ihrer Nachbarschaft. Er hat in dem Haus gegenüber gewohnt. In der dritten Etage, ebenso wie Sie. Sein Badezimmer liegt nach her heraus. Dort haben wir ihn auch gefunden. Man hat ihm den Schädel eingeschlagen.«
»Das tut mir leid für ihn.«
»Aber wir fanden noch mehr«, nahm ich den Faden auf. »Direkt vor dem Fenster stand auf einem Stativ ein Fernglas. Es war in eine bestimmte Richtung justiert. Wenn man hindurchschaut, sieht man direkt Ihre beiden Fenster hier.«
»Und man kann auch in mein Zimmer hineinschauen, wie?«
»Zum Greifen nahe«, bestätigte ich.
Cynthia zuckte die Achseln. »Ein Spanner«, erklärte sie locker.
»Nicht mehr und nicht weniger. Davon gibt es doch unzählige auf der Welt. Ich weiß gar nicht, was das soll. Nur frage ich mich, was Sie bei mir hier wollen. Ich habe ihn nicht umgebracht.«
»Das wissen wir. Allerdings fragen wir uns, was Sie mit ihm zu tun hatten…«
»Nichts, gar nichts!« rief sie schnell und regte sich dabei auf. »Ich hatte nichts mit ihm zu tun, verflucht. Ich weiß nicht einmal, wie der Typ geheißen hat.«
»Joel Dancer.«
»Der Name ist mir unbekannt. Außerdem lebe ich hier für mich. Ich pflege keinen Kontakt mit anderen Menschen aus der Nachbarschaft. Ich möchte allein bleiben, und ich werde auch allein bleiben. Es ist mir scheißegal, ob mich dieser Spanner beobachtet hat, wenn ich mich auszog. Mir hat er nichts weggeguckt. Und jetzt tun Sie mir ebenfalls einen Gefallen und verschwinden Sie. Ich weiß überhaupt nichts von einem Monster oder wie auch immer.«
»Das glauben wir Ihnen nicht!« erklärte ich.
Cynthia schwieg. Ihr schönes, glattes Gesicht bekam um den Mund herum einen häßlichen Zug. »Sollte ich Sie richtig verstanden haben? Bezichtigen Sie mich der Lüge?«
»Wenn Sie so wollen, ja!« sagte Suko.
Sie regte sich auf. Ihre Hände schlossen sich zu Fäusten und öffneten sich wieder. »Das brauche ich mir nicht gefallen zu lassen«, flüsterte sie. »Verdammt noch mal, was Sie sagen, ist eine Unverschämtheit.«
»Das Untier lief in dieses Haus. Dafür gibt es Zeugen.«
»Ja!« kreischte sie uns an. »Zeugen. Wo sind sie denn? Außerdem ist das Haus groß. Es gibt mehrere Wohnungen. Es kann sich überall verstecken, vorausgesetzt, es existiert überhaupt.«
»Ich würde Ihnen ja zustimmen«, sagte ich mit ruhiger Stimme, »wenn sich die anderen Mieter nach dem Verlassen ihrer Wohnungen nicht unten vor dem Haus versammelt hätten. Und niemand hat davon gesprochen, daß sich in seiner Wohnung ein Monster eingenistet hat. Einige haben es aber in das Haus rennen sehen. Sie sind geblieben, Miß Carinelli. Da fragen wir uns schon nach dem Grund.«
»Weil ich von diesem ganzen Mist nichts mitbekommen habe. Ich saß in der Badewanne.«
»Die konnte der tote Joel Dancer nicht beobachten, als er noch lebte – oder?«
»Nein.«
»Aber ausgerechnet der Mann ist tot,
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