1023 - Monster-Queen
So sehr ich auch rätselte, es war mir nicht möglich, eine Verbindung zwischen ihr und dem Monstrum herzustellen, die auch gepaßt hätte. Wobei ich von Logik gar nicht erst anfangen wollte.
Vor der Wohnungstür blieben wir stehen. Zu hören war nichts.
Das hatte nichts weiter zu bedeuten. Wir hielten beide unsere Ohren gegen das Holz. Von nun an war es mit der absoluten Stille vorbei.
Wir hörten etwas. Zwar ungewöhnlich leise, aber es war keine Täuschung.
Eine Stimme.
Und zwar die Frau. Es klang nicht so, als würde sie nur mit sich selbst sprechen. Sie redete mit einem Besucher, einem Freund wie auch immer. Allerdings hatten wir niemand in der Wohnung vorgefunden, und es war auch keiner hineingegangen, abgesehen von uns.
»Wenn sie keine Selbstgespräche führt, ist jemand da«, sagte Suko, als er sich aufrichtete. »Brechen wir die Tür auf?«
»Noch nicht.«
Ich wollte warten. Zudem gab es für uns noch keinen ersichtlichen Grund für eine derartige Situation. Auch in den folgenden Sekunden veränderte sich nicht viel. Die Stimme nahm keineswegs an Lautstärke zu. Sie blieb praktisch in einer Tonlage, und so hätte Cynthia auch Selbstgespräche führen können.
Da änderte sich schlagartig.
Urplötzlich hörten wir den Schrei. Ob es ein Schrei der Angst oder der Überraschung gewesen war, wußten wir nicht. Für uns jedenfalls war es ein Alarmsignal.
Daß Cynthia von innen abgeschlossen hatte, war uns schon zuvor aufgefallen. Normal kamen wir nicht in die Wohnung. So mußten wir es eben mit Gewalt versuchen.
Der Anlauf war nur kurz. Wir kannten uns aus, denn so etwas führten wir nicht zum erstenmal durch.
»Jetzt!« gab ich das Kommando.
Zwei, drei Schritte betrug die Entfernung. Dann krachten zwei Männerkörper mit den Schultern zuerst gegen das Türholz. Wir hörten es noch knallen und splittern, dann war plötzlich kein Widerstand mehr da, und wir segelten mitsamt der Tür in die Wohnung hinein.
Suko konnte sich auf den Beinen halten. Ich leider nicht, weil ich das Pech hatte, mit dem linken Fuß auszurutschen. Deshalb war mein Freund auch als erster in dem bewußten Zimmer.
Wenig später starrte auch ich auf das unglaubliche Bild, das wir nicht in unseren kühnsten Träumen erwartet hatten.
Jetzt sahen wir das Monster.
Nur hielt es sich nicht in der Wohnung auf. Es steckte in der Wand über dem Bett.
Cynthia Carinelli kniete wie eine betende Frau davor!
***
Sie nahm uns gar nicht zur Kenntnis und hatte nur Blicke für das Monster, das wirklich ansehenswert war, denn auch uns faszinierte der Anblick. Es war tatsächlich groß, immens groß. Und es war durch Ketten und eine mit ihr verbundene Eisenstange gefesselt, die gegen den Stiernacken der Gestalt drückte.
Der mächtige Körper war fellbedeckt. Das Maul stand weit offen, so daß es fast das gesamte Gesicht einnahm. Geifer tropfte hervor.
Die Wand hatte sich diesem Untier geöffnet wie eine andere Welt, und mir schoß der Begriff Dimensionstor durch den Kopf. Eine andere Möglichkeit zog ich nicht in Betracht. Hier in diesem Haus gab es tatsächlich eines der seltenen Dimensionstore, die auch auf der gesamten Welt zu finden waren und sich versteckt verteilten.
Cynthia und das Monster!
Wir konnten es nicht fassen und blieben hinter ihr stehen, ohne sie allerdings zu berühren. Sie wollte uns auch nicht zur Kenntnis nehmen, der Anblick dieser Gestalt faszinierte sie. Die Frau befand sich in einem Zustand der Trance, nur so konnte sie mit dem Untier kommunizieren. Sie unterhielt sich mit ihm, aber wir hörten nur ihre Stimme. Die Antworten empfing sie bestimmt auf einem anderen Weg.
»Ich weiß, daß du mich beschützt hast. Du hast ihn getötet, ich hörte es. Du wolltest nicht, daß andere mich so sehen. Ich bin dir versprochen worden, ich gehöre nur dir, keinem anderen Menschen. Du bist mein Beschützer und alle, die mir zu nahe kommen, werden von dir getötet. Das hast du eingehalten…«
Wahrscheinlich bekam sie eine Antwort, denn sie wartete ab. Für uns war nichts zu hören.
Hinter Cynthias Rücken schauten wir uns an. Suko blickte mich fragend an, nickte mir zu und tat, als wollte er seine Beretta ziehen.
Ich schüttelte den Kopf, er nickte, also war er einverstanden damit, daß wir warteten. Möglicherweise erfuhren wir mehr, den jetzt war die ganze Wahrheit wichtig.
Plötzlich schüttelte sie den Kopf. Das Monstrum mußte ihr etwas mitgeteilt haben, was sie störte. »Nein«, sagte sie dann, »ich habe dich nicht
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