1025 - Ich töte jeden Sinclair!
als wären Sie aus einem dieser amerikanischen Polizeifilme entsprungen. Und das mitten in London.«
Albert lachte. »Ja, das sagen viele. Aber jeder hat seinen Tick, nicht wahr? Ich will ja nicht nach Ihrem fragen, Suko…«
»Da würden wir hier auch lange stehen müssen«, kam ich meinem Freund mit der Antwort zuvor.
»Verräter!«
Das Eis zumindest war gebrochen, und wir wurden in das Haus geführt, das auch innen sehr hell war. Von allen Seiten flutete das Licht hinein. Es gab wohl keine dunklen Ecken und auch keine Türen, denn das Erdgeschoß präsentierte sich als ein einziger großer Raum, der auch die Diele mit einschloß.
Eine Metalltreppe führte nach oben. An ihr sahen wir den einzigen Kontrast, denn das Geländer war schwarz lackiert worden. Alles andere glänzte weiß.
Die Stimmen der Kollegen drangen von der linken Seite her an unsere Ohren. Dort mußte auch der Tote liegen. So etwas paßte natürlich nicht in dieses Haus, aber es gab noch mehr, was uns störte.
Blut auf dem Boden. Unterschiedlich große Flecken. Einige waren richtig zerklatscht und hatten zudem ein Muster aus Spritzern um sich herum gebildet. Was hier vorgefallen war, mußte nicht eben angenehm gewesen sein. Unsere Blicke saugten sich an diesen makabren Spuren fest. Das war auch Mike Albert aufgefallen. Er hüstelte leise, bevor er sagte: »Es ist verdammt schlimm, ich weiß.«
»Wissen Sie, was passiert ist?« fragte ich.
Albert zog seine dünnen Handschuhe aus und streckte sie weg.
»Der Mann ist nicht nur einfach umgebracht worden. Ich meine durch eine Kugel oder einen Messerstich, nein, man hat ihn – verzeihen Sie mir den Vergleich – regelrecht abgeschlachtet.«
»Oh.«
»Ja, John, das ist nicht übertrieben.«
»Wir wollen ihn trotzdem sehen«, sagte Suko und sprach für mich mit.
»Kommen Sie.« Er ging vor. Uns war der Humor vergangen. Beide zeigten wir harte und bissige Gesichter.
Ohne eine Tür öffnen zu müssen, erreichten wir den Raum, in dem die Leiche lag. Von außen hatten wir das Blut bereits an der Fensterscheibe gesehen, jetzt sahen wir es von innen und mußte feststellen, daß es nicht das einzige Blut war. In einer Umgebung von mehreren Metern verteilte es sich. Lag auf dem Teppich, auch auf den hellen Möbeln, klebte an den Scheiben und hatte sogar die Mattscheibe der Glotze bespritzt. Ein Anblick, der nichts für schwache Nerven war.
Erst recht nicht der Tote.
Er lag rücklings vor der Glotze. Hier mußte er endgültig zusammengebrochen sein, wenn ich davon ausging, daß wir auch hinter der Haustür die Blutspuren entdeckt hatten. Er hatte sich hierher geschleppt, womöglich verfolgt von seinem Mörder. Der wiederum mußte immer wieder auf ihn eingestochen haben, denn sein Körper war von zahlreichen Wunden übersät, die sich bis hoch zum Gesicht zogen.
Hinzu waren die Arme und Beine verdreht, als wären die Glieder nachträglich gebrochen worden.
Mike Albert war sensibel genug, um uns nicht anzusprechen.
Auch seine Kollegen hatten ihre Arbeit unterbrochen. Sie waren wirklich nicht zu beneiden und starrten verbissen vor sich hin.
»Das muß ein Tier gewesen sein«, flüsterte Mike Albert. »Nein, schlimmer, ein Tier tut so etwas nicht. Das war einer, der vor Haß durchgedreht hat. Anders kann ich es mir nicht erklären.«
»Haß«, wiederholte ich leise. »Wen kann er denn so gehaßt haben? Diesen Mann hier?«
»Ja. Ian Sinclair.«
Ich wollte darauf zunächst nicht antworten und fragte deshalb:
»Wissen Sie mehr über ihn, Mike?«
»Leider nicht. Aber das wird sich ändern. Ich weiß nur, daß er in diesem Haus allein gelebt hat. Von Beruf ist er Künstler gewesen. Innenarchitekt. Ein Mann mit außergewöhnlichen Ideen, wie wir schon an seinem Haus hier erkennen können.«
Da gab ich dem Kollegen recht. »Aber weshalb hat man ihn getötet? Wer hat hier seinen Haß ausgetobt?«
»Das ist unser Problem, John, und wird möglicherweise auch das Ihre werden.«
»Warum das? Nur wegen des Namens? Sinclairs gibt es wirklich genug in diesem Land.«
»Da stimme ich voll zu, John, aber da gibt es noch ein kleines Problem.«
»Welches?«
»Lassen Sie uns hier weggehen«, schlug der Kollege vor.
Wir waren einverstanden und folgten ihm. Suko kämpfte ebenfalls mit seinen Gefühlen. Er hob hin und wieder die Schultern, ohne allerdings etwas zu sagen.
An der Treppe war Mike Albert stehengeblieben. Und auch neben einer auf einer Steinsäule stehenden Schale, die er als Aschenbecher
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