1026 - Blutige Vergangenheit
of Sinclair.«
»Nein!« sagte er und schüttelte den Kopf. »Das hätte ich vielleicht sein sollen oder werden sollen, aber dazu ist es nicht mehr gekommen. Ich konnte die Macht nicht mehr übernehmen.«
»Warum nicht?«
»Weil man mich vorher umbrachte.«
»Wer tat es? Geschah es im Krieg mit verfeindeten Clans?«
»Nein, es war mein eigener Vater!«
Damit hatte ich nicht gerechnet. Diese Eröffnung verschlug mir zunächst einmal die Sprache. »Wieso dein Vater?« fragte ich schließlich.
»Weil er mich haßte und weil er sich vor mir fürchtete.«
»Hatte er denn einen Grund?« fragte ich gespannt.
»Mein Vater war der Meinung, daß ich ihn umbringen wollte. Er ließ sich nicht davon abbringen. Er steigerte sich immer mehr hinein. Und so wurde ich im Turm dieser Burg eingekerkert und hauste dort sieben lange Jahre.«
»Bist du dann freigekommen?«
»Nein, die Jahre waren zu lang. Niemand hätte sie überstehen können. Ich magerte ab, ich hungerte, ich bekam kaum etwas zu essen und bin schließlich verhungert. Nach der Einkerkerung habe ich meinen Vater nie mehr gesehen. Er hat mich verrecken lassen.«
Ich ließ mir die Geschichte durch den Kopf gehen und fragte dann:
»Und trotzdem lebst du?«
»Ja, ich lebe. Mein Haß hat dafür gesorgt. Ich fing alle Menschen an zu hassen, die auf den Namen Sinclair hörten, und ich nahm mir vor, mich schrecklich an ihnen zu rächen. Jetzt ist die Zeit der Rache gekommen. Zwei Sinclairs sind bereits meine Opfer geworden, die nächsten werden folgen.«
Das hörte sich schlimm an und entsprach sicherlich auch der Wahrheit, trotzdem schüttelte ich den Kopf. »Du kannst nicht alle Sinclairs in diesem Land töten.«
»Das weiß ich.«
»Dann gib deinen Racheplan auf.«
»Nein, das werde ich nicht. Ich brauche auch nicht alle Sinclairs zu töten, nur diejenigen, die ich in die Nachkommenschaft des väterlichen Clans einordne.«
»Und dazu gehöre ich?«
»Nein, du nicht. Aber du hast dich in meine Angelegenheiten eingemischt.«
»Und du hast das Grab meiner Eltern geschändet und das Haus abgefackelt.«
»Weil ich merkte, daß du zu einem Feind geworden bist.«
»Warum hast du das Grab nicht in Ruhe gelassen?«
»Weil der Name Sinclair dort steht. Ich bin Spuren nachgegangen, und ich habe auch die einer gewissen Mary und eines gewissen Horace F. Sinclair gefunden. Von ihnen wollte ich mehr über andere Sinclairs erfahren, aber sie waren beide schon tot. Vor Wut zertrampelte ich ihre Gräber. Trotzdem bin ich einen Schritt weitergekommen, denn deren Sohn ist mir ebenso wichtig. Vor allen Dingen jetzt, wo ich weiß, wer du wirklich bist. Jemand wie du kann nicht auf meiner Seite stehen, das weiß ich genau.«
»Ja, ich will dich jagen.«
»Jetzt hast du mich. Oder ich habe dich.« Wieder grinste er so überheblich, als wäre ein normaler Mensch der letzte Dreck für ihn.
So traf es dann auch sicherlich zu.
»Bisher habe ich alles begriffen, Duncan«, sagte ich. »Bis auf eine wichtige Kleinigkeit. Wie ist es dir gelungen, all die Jahre zu überleben? Das würde mich interessieren.«
»Wie ich schon sagte, John, mein Vater hatte mich in Verdacht, daß ich ihn töten wollte. Er lag damit nicht mal falsch. Ich haßte ihn, und er haßte mich. Er haßte mich auch deshalb, weil ich vom Glauben abgetreten war. Ich wollte kein Katholik mehr sein, denn ich hatte mitbekommen, daß es noch andere Welten gibt.«
»Dunklere, wie?«
»Ja, so kann man sie nennen. Welten, die von mächtigen Kreaturen beherrscht werden, und die gern etwas von ihrer Macht abgeben. Ich habe sie in meinem Verlies auch weiterhin beschworen. Sie halfen mir, all die Jahre zu überstehen. Vielleicht wollten sie auch mein Leid verlängern, um mich zu dieser Rachetour gegen die Sinclairs zu zwingen. Jedenfalls fühlte ich mich von ihnen beschützt.«
»Gaben sie dir dieses unselige Leben?«
»Sie hatten es mir versprochen, und sie haben ihr Versprechen gehalten.«
»Gibt es das Verlies noch?«
»Ja, es ist noch da.«
»Dann kann ich es sehen?«
Sein Mund klappte auf. Er war überrascht, und ich sagte: »Ja, ich will es sehen.«
»Warum?«
»Ich bin neugierig.«
»Das glaube ich dir nicht, John. Du hast etwas vor…«
»Das auch.«
»Aber ich habe dir etwas versprochen«, erklärte er. »Ich habe dir meine Uhr gezeigt, und ich habe dir gesagt, daß deine Zeit abgelaufen ist. Ich hätte dich gern so getötet wie auch die anderen beiden Sinclairs, aber dazu ist nicht die Zeit. Ich habe
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