1026 - Blutige Vergangenheit
Entweder mit dem Kreuz oder der Dämonenpeitsche.«
Suko lächelte. »Ausgezeichnet. In diese Richtung bewegten sich meine Gedanken ebenfalls.«
Mein Freund holte bereits die Peitsche hervor. »Sie hilft manchmal mehr als eine Kugel.« Er schlug einmal den Kreis, damit die drei Riemen hervorrutschen konnten.
»Geh mal zur Seite, John.«
Das tat ich. Aber es war komisch. Etwas paßte mir nicht. Ich konnte beim besten Willen nicht sagen, was es war, aber etwas war schon anders als sonst.
»He, was hast du?« fragte Suko, dem mein unsteter Blick aufgefallen war.
»Ich kann es dir nicht sagen. Ich habe nur das Gefühl, daß wir nicht mehr allein sind.«
»Hast du denn jemand gesehen?«
»Nein.«
»Dann hast du es dir eingebildet.« Er stellte sich in die richtige Zielposition und hob den rechten Arm mit der Peitsche an.
Da hörten wir das Weinen.
Beide zuckten wir zusammen. Unsere Köpfe legten sich automatisch zurück in den Nacken, so daß wir in die Höhe schauen konnten. Das Weinen war von oben erklungen.
Auf der Mauerkante über unseren Köpfen sahen wir Duncan Sinclair, den Geist. Aber er war nicht allein, denn er hatte sich eine Geisel geholt, ein weinendes Mädchen, und er hielt es so in seinem Griff, daß eine Kugel das Kind treffen mußte, wenn wir schossen…
***
Alle waren fröhlich. Alle hatten ihren Spaß. Alle fühlten sich miteinander verwandt, und doch gab es jemand, an dem der ganze Trubel vorbeiglitt.
Es war Karen Sinclair, die mit diesem Treffen nicht zurechtkam.
Sie fühlte sich in diesem Jahr außen vor und kam sich vor wie eine Figur, die aus einem Film gestiegen war und sich jetzt zwischen den Zuschauern umher bewegte.
All den Trubel nahm sie nur am Rande wahr. Sie war wohl die einzige Person, die öfter als alle anderen hoch zur Ruine schaute, aber dort tat sich nichts. Sie sah auch ihre beiden neuen Freunde nicht. Die großen und hohen Mauern deckten alles ab.
Je weiter die Zeit verging, um so nervöser wurde Karen. Manchmal sprach sie jemand an, da spielte sie dann mit und tat so, als würde sie die Menschen kennen. In Wirklichkeit aber drängte sie sich von der Unruhe getrieben immer weiter.
Sie hatte bei der Trennung auch nicht auf die Uhr geschaut. So wußte Karen nicht, wie lange John und Suko bereits dort oben zwischen den Mauern herumsuchten.
Der Trubel auf dem Platz ging ihr immer mehr auf die Nerven. Sie konnte ihn nicht ertragen und wandte sich deshalb dem Platz zu, wo die Wohnwagen und Autos parkten. Dort fand sie mehr Ruhe und hatte zugleich auch einen guten Blick auf die Ruine.
Karen hörte ein rauhes Lachen, dann trat ihr jemand in den Weg.
Er war ein grobschlächtiger Mann, der einen halbvollen Bierkrug in der Hand trug. Sein Kilt war bereits befleckt; und die Augen unter den rötlich-blonden Haaren hatten einen glasigen Ausdruck bekommen.
»He, du Sinclair-Täubchen. Du bist aber eine tolle Namensvetterin. Ein scharfes Weib. Alles, was recht ist.« Er versperrte ihr mit seiner schwankenden Gestalt den Weg. »Sollen wir nicht Bruderschaft trinken, liebe Verwandte?«
»Nein!«
Die klipp und klar ausgesprochene Antwort wollte der Kerl nicht akzeptieren. »He, bist du prüde? Stell dich nicht so an. Wir sind verwandt.«
»Mit Ihnen bin ich nicht verwandt!«
Er grinste dümmlich. »Dann heißt du gar nicht Sinclair, wie?«
»Lassen sie mich durch.«
»Erst den Bruderkuß.« Er breitete seine Arme aus. Etwas Bier schwappte über, was Karen auf eine Idee brachte.
Bevor sich der angetrunkene Typ noch versah, hatte sie im den Krug aus der Hand gedreht, kippte ihn und schüttete den Bierrest über seinem Kopf aus. Danach schlug sie den schweren Krug noch gegen die Brust des Mannes, der damit nicht gerechnet hatte. Der Stoß brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Er taumelte zurück, stieß mit der Hacke gegen einen aus dem Boden ragenden Stein und setzte sich unfreiwillig hin. Er schrie und stöhnte zugleich, weil ihm durch den Aufprall der Rücken geprellt war, doch darum kümmerte sich Karen nicht. Sie war froh, dieses angetrunkene Urviech losgeworden zu sein.
Er verfolgte sie auch nicht. So konnte Karen ihren Weg zwischen den Wohnmobilen fortzusetzen, wo es genügend schmale Gassen gab. Sie wollte zum BMW und versuchen, einen der beiden über das Handy zu erreichen, denn sie hatte ihre Gerät mitgenommen. Vom Wagen aus telefonierte sie ungestörter.
Karen Sinclair fiel eine dunkelhaarige Frau auf, die sich ziemlich hektisch zwischen den abgestellten Wagen
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