1033 - Schlangenfluch
Schlangen nichts zu tun.«
Auch Gilmore schaute hin. »Nein«, sagte er plötzlich. »Die Schlangen werden bleiben. Sie sind auf mein Grundstück gekommen. Sie haben das Gastrecht verletzt. Sie waren einfach zu neugierig, und deshalb behalte ich hier die Oberhand.«
»Okay. Ich sage Ihnen den Grund. Ihre Tante hat mich geschickt, damit ich Ihnen einen Brief übergebe. Sie sollen ihn lesen und mir eine Antwort geben. Das ist alles.«
Der Mann leckte über seine Lippen. Der Mund wurde naß. Er schillerte, wie auch die Augen, das stellte sie plötzlich fest. Als hätten sich bei Gilmore Schlangenaugen gebildet. »Wie nett von meiner lieben Tante Ada, aber der Brief interessiert mich höchstens am Rande. Ich denke ja, daß Sie seinen Inhalt kennen.«
»Nein, ich kenne ihn nicht. Außerdem ist der Brief versiegelt. Es tut mir leid.«
»Und wenn ich ihn trotzdem nicht lesen will?«
»Ist das Ihre Sache. Ich werde ihn trotzdem hier bei Ihnen lassen, Gilmore.«
»Da wird Ihnen auch nichts anderes übrigbleiben«, erklärte er.
»Ich allein bestimme, was hier bleibt und was nicht. So können wir schon zusammenkommen. Denn auch Sie werden bei mir bleiben, Jane. Daran glaube ich fest. Ob Sie es wollen oder nicht, Sie bleiben bei mir. Sollten Sie nur den Versuch wagen, flüchten zu wollen, werden Sie nicht durch mich getötet. Meine Freunde warten darauf, ihr Gift verspritzen zu können, und das meine ich wörtlich.«
»Ich glaube Ihnen sogar, denn ich habe einen Blick durch das Fenster werfen können.«
»Sehr gut.«
»Und wie denken Sie, geht es weiter?«
Gilmore wartete mit der Antwort. Er hob seine linke Hand an, bevor er zwei Finger gegen die Lippen legte. Es sah so aus, als kaute er auf seinen Nägeln. »Ich werde bald zwei Lieblinge haben«, erklärte er. »Sie sind der zweite, Jane.«
»Und wer ist der erste?«
Peter Gilmore grinste breit mit geschlossenen Lippen. Es sah so aus, als wäre sein Mund zu einem Schlangenmaul geworden. »Sie kennen doch meine Tante, nicht wahr?«
»Inzwischen schon.«
»Ich habe ihr den Liebling genommen.«
Jane deutete das Kopfschütteln nur an. »Tut mir leid, ich habe Sie noch immer nicht begriffen.«
»Wir sind ja unter uns«, meinte er lässig, »da kann ich ruhig deutlicher werden. Sagt Ihnen der Name Kelly Farlane etwas?«
Diesmal mußte Jane überlegen. So unbekannt war ihr der Name nicht. Vor Kurzem hatte sie ihn auch gehört.
Gilmore dauerten die Überlegungen zu lange. »Ich will Ihnen auf die Sprünge helfen, Jane. Diese Kelly Farlane ist der Liebling meiner Tante. Kelly hat sich um sie gekümmert. Sie kam jeden Tag, um die Frau zu waschen, ihr die Wohnung zu putzen und auch hin und wieder etwas Besonderes zu kochen.«
»Ja«, bestätigte Jane. »Ich kenne den Namen.«
»Nur ihn?«
»Ihre Tante erzählte davon.«
»Sagte sie nicht, daß sie Kelly vermißt?«
»Wir haben so gut wie nicht über die Person gesprochen. Ihre Tante erwähnte den Namen nur einmal. Dann auch wie beiläufig. Ich hätte mich beinahe nicht mehr daran erinnert.«
»Und nun ist Kelly hier!« stellte Gilmore fest. »Bei einem einsam lebenden Mann, der so einsam gar nicht ist, wie Sie sich denken können. Sie müssen zugeben, daß ich es sehr gut eingefädelt habe.«
»Woher kannten Sie Kelly denn?«
»Ich sah sie bei meiner Tante.«
»Nein! Sie waren da?«
»Aber klar doch«, flüsterte er. »Glauben Sie denn, daß ich als Neffe eine so hilflose alte Dame im Stich lasse, die zudem noch vermögend ist? Ich bitte Sie, Jane, nehmen Sie das doch nicht an.« Er schüttelte den Kopf. »Oder haben Sie meiner Tante geglaubt?«
»Das schon eher.«
»Ihr Pech, Jane. Ihr persönliches Pech. Tantchen ist raffiniert. Sie weiß ja, daß Kelly bei mir ist. Oder nimmt es sehr stark an. Da hat sie sich gedacht, jemand zu holen, der mich aufs Glatteis führen soll. Ist aber nicht so. Wie schon so oft, hat mich meine liebe Tante wieder einmal unterschätzt.«
»Dann halten Sie Kelly Farlane gefangen?«
»Wenn Sie es so sehen, ja.«
»Wo?«
»Oh. Das Haus habe ich nicht grundlos auf einem Hügel gebaut. Sie verstehen bestimmt.«
»In einem Keller also?«
»Bingo. Aber lassen wir die Theorie. Ich sorge dafür, daß Sie den Keller bald kennenlernen werden, Jane, und damit auch Kelly Farlane, da brauchen Sie keine Sorgen zu haben.« Er räusperte sich. »Da wäre noch eins, Jane. Sollten Sie zufällig eine Waffe bei sich tragen, wäre es besser, wenn Sie diese jetzt loswerden. Später kann ich
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