1033 - Schlangenfluch
hütete sich davor, etwas anderes zu tun. Dieser Peter Gilmore war kein Mensch der leeren Drohungen.
Sehr bald erreichte Jane den Treppenansatz. Dort blieb sie stehen.
Ihr Herz schlug wieder schneller, denn vor ihr lag der endgültige Weg in die dunkle Tiefe.
Gilmore stand dicht hinter ihr. Sie spürte seinen Atem, der über ihren Nacken streifte. Er hatte sich verändert. Er stank feucht, er war warm und schwül. Bis ihr auffiel, daß diese Veränderung über die Treppe hinweg auf sie zufloß, denn innerhalb des Kellers drängte sich die feuchte Wärme noch stärker zusammen.
Nie hätte sie es für möglich gehalten, daß dieser neue Job sie in eine derartige Gefahr hätte bringen können. So etwas hatte sie Ada Gilmore einfach nicht zugetraut.
Kalt war der Kreis der Mündung, der sich an ihrem Nacken festklebte. Zu sagen brauchte Gilmore nichts. Jane ging von allein weiter und betrat die erste der breiten Stufen. An der rechten Wandseite sah sie den Schatten eines Handlaufs, der wenig später deutlicher hervortrat, denn Gilmore hatte das Licht eingeschaltet.
Die Helligkeit breitete sich nicht nur innerhalb des Kellers aus, sie bedeckte auch die Treppe und ebenfalls einige Schlangen, die sich auf den Stufen zur Ruhe gelegt hatten. Sie lagen dort zusammengeringelt und wirkten so, als schliefen sie.
Jane mußte ihnen immer wieder ausweichen. Auf keinen Fall wollte sie bei ihrem Weg in den Keller eine der Schlangen berühren. Das hätte für sie fatale Folgen haben können. Sie bezweifelte, daß Gilmore auch die schlafenden Reptilien unter seiner Kontrolle hatte.
Er blieb dicht hinter ihr. Andere Schlangen überholten sie, um schnell genug wieder in den feucht-warmen Keller zu gelangen, in dem sie sich am wohlsten fühlten.
Klapperschlangen sind giftig, das wußte die Detektivin. Und sie nahm auch das für Klapperschlangen typische Rasseln wahr. Bei ihr sorgte dieses Geräusch für feuchte Hände.
Jane dachte auch daran, daß die Tiere gefüttert werden mußten. Sicherlich nicht nur durch irgendwelche Brocken, die ihnen hingeworfen wurden. Nein, Schlangen brauchten lebendige Beute. Dazu zählten Mäuse, Ratten und sogar Kaninchen, zumindest bei größeren Schlangen, die einige Meter lang waren.
Ein Tier derartiger Größe hatte Jane bisher noch nicht zu Gesicht bekommen, und sie wollte danach auch nicht fragen. Sie interessierte sich jetzt mehr für die Umgebung, denn das lebende Futter der Schlangen wollte ihr nicht aus dem Kopf.
Nach einem normalen Keller sah dieser Raum auch nicht aus. Es gab keine düsteren Wände, unter ihr befand sich kein schmutziger Fußboden. Alles wirkte so glatt, und als Heimat der Schlangen konnte sich Jane diese Umgebung auch nicht vorstellen. Sie brauchten ein Stück Natur, in der sie auch Verstecke fanden. Jane Collins dachte dabei an die zahlreichen Terrarien, in die sie schon hineingeschaut und Reptilien beobachtet hatte.
Die fehlten ihr hier.
»Gehen Sie weiter, Jane!«
»Zu Kelly?«
»Sie werden noch sehen…«
Jane setzte ihre Schritte langsam. Ein Keller mit glatten Wänden, wohin sie auch schaute. Kein ordentlicher Platz, an dem sich irgendwelche Schlangen hätten wohlfühlen können. Alles kam ihr so steril und klinisch vor. Beinahe mit einem Labor zu vergleichen, in dem Schlangen gezüchtet und untersucht wurden.
Nur die Wärme stimmte. Auch der Geruch blieb. Er hatte sich sogar noch verstärkt. Zudem spürte sie die Wärme wie weiche Arme, die sie umklammert hielten.
Keine Türen, die zu anderen, kleineren Kellerräumen hinführten.
Hier war alles glatt und auf eine gewisse Art und Weise steril gemacht worden.
Sie sah den Zugang erst spät. Eine Tür, die sich kaum von der Wand abhob, stand so weit offen, daß sich ein Mensch durch den Spalt schieben konnte.
Nach dieser Entdeckung war Jane ohne es zu wollen, leicht zusammengezuckt, und das war dem dicht hinter ihr gehenden Peter Gilmore aufgefallen. Er lachte ihr leise in den Nacken. »Nett, nicht wahr?« fragte er leise.
»Was meinen Sie damit?«
»Wir werden gleich in mein eigentliches Reich gelangen. Es ist der Keller unter dem Keller. Warum habe ich wohl einen kleinen Hügel anschütten lassen? Ich wollte hinunter, ich wollte Platz für mich und meine Freunde haben, denn sie sollten sich an diesem historischen Ort einfach wohlfühlen.«
»Wieso historischer Ort?«
»Ein uralter Platz. Schlangenmagie – verstehen Sie?«
»Nein«, erwiderte Jane.
»Vielleicht später, wenn Sie Kelly kennengelernt
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