1039 - Die Stimme der Bruderschaft
dafür. Das Geld vertat er beim Spiel, und das brach ihm das Genick."
Nach einer kurzen Pause fragte Nikkam: „Was ist aus ihm geworden?"
„Man hat seine Leiche dem prodheimischen Verbindungsoffizier überstellt. Sie wird nach Prodheim gebracht und dort nach einheimischen Riten bestattet."
Nikkam starrte durch die Glaswand hinaus auf die Grasfläche, die Hochstraße und die zerfallenen Gebäude des Bezirks Pävolaan. Arzyria wurde das Schweigen schließlich, zu unbequem.
„Ich habe einen Spezialtrupp angefordert, der die Höhle mit Mikrosonden ausloten wird", sagte sie. „Wir wollen wissen, welche Art von Apparatur sich dort befindet - und ob sie vielleicht einen Hinweis auf die Identität der geheimnisvollen Stimme enthält."
Nikkam reagierte auch darauf nicht. Er starrte eine geschlagene Minute durch die Glasfläche, ohne wirklich zu sehen, was sich den Augen darbot. Erst dann wandte er sich um.
„Was war Irgillyns Auftrag?" fragte er.
„Wir wissen es nicht", antwortete Arzyria.
„Hat er ihn ausführen können?"
„Nein." Nikkam bemerkte, wie sie seinem Blick auswich. „Du selbst weißt am besten, daß er nichts hat ausrichten können."
Nikkam senkte den Blick. „Ich wollte, ich wüßte es wirklich", murmelte er.
10.
Voller Ungewißheit glitt Scouties Blick über den kurzen Text, den sie in die Tastatur gehämmert hatte und der ihr jetzt von der Sichtfläche entgegen starrte.
SENECA - VERBINDUNG HERSTELLEN Hinter sich hörte sie Brether Faddon hastig atmen. Die Spannung war unerträglich.
Scoutie lehnte sich in den Sitz zurück und musterte die kahlen, weißen Wände des kleinen Arbeitsraums.
„Was jetzt?" fragte Brether Faddon.
„Nichts. Ich muß nur Mut sammeln."
„Vielleicht sollte ich lieber ..."
Scoutie winkte ab und beugte sich wieder nach vorne. „Nein. Ich mach' das schon."
Sie unterhielten sich in der Sprache, die auf Chircool gesprochen wurde. Auch der kurze Text auf dem Bildschirm war in dieser Sprache abgefaßt. Ihre Hand zögerte über der breiten, roten Taste, die die Übertragung der Nachricht auslöste.
„Irgendwann muß es sein", murmelte sie und drückte zu.
„Seneca hier. Wer wünscht zu sprechen?"
Scoutie fuhr zurück. Sie hörte Brether einen halb unterdrückten Schrei von sich geben. Der Text war von der Bildfläche verschwunden. An seiner Stelle prangte das Symbol der Inpotronik. Das Audiosignal flackerte.
Es dauerte eine Weile, bis Scoutie sich von der unmittelbaren Auswirkung des Schocks erholt hatte.
„Brether Faddon und Scoutie von Chircool", antwortete sie.
„Was ist euer Anliegen?"
„Wir wollen unseren Gefährten sehen. Surfo Mallagan. Und mit ihm sprechen."
Scoutie kam sich vor wie im Traum. Die Stimme war vorzüglich moduliert, nicht von einer menschlichen zu unterscheiden. Sie hatte das unwirkliche Gefühl, sich mit einem organischen Wesen zu unterhalten. Brether und sie hatten sich zuvor auszumalen versucht, wie schwierig es sein würde, mit SENECA Verbindung aufzunehmen. Seit Tagen galt an Bord des Spoodie-Schiffs die Regel, daß die Inpotronik auf einen Anruf nur dann antwortete, wenn ihr zufällig der Sinn danach stand. Tomason und Tanwalzen hatten ihr Vorhaben für aussichtslos gehalten, Scoutie selbst hatte Zweifel entwickelt, ob sie auch nur eine einzige Erfolgschance hätten. Worauf bauten sie ihre Hoffnungen?
Darauf, daß sie beide vier Spoodies trugen und daß SENECA vierfachen Spoodie-Trägern gegenüber zugänglicher war. Die Idee war ihr um so verschrobener vorgekommen, je länger sie darüber nachgedacht hatte. Sie hatte deswegen mit der Hand über der roten Taste gezögert, weil sie sich fürchtete, eine Illusion zu zerstören.
Und jetzt...
„Die Begegnung muß mit Bedacht vorbereitet werden", drang es aus dem Empfänger.
Scoutie fuhr aus ihrem Sitz in die Höhe. „Wir können ihn sehen?" rief sie.
„Ja. Unter Bedingungen."
„Welchen?"
„Haltet euch in dem folgenden Raum bereit." SENECAs Stimme benannte einen Ort in der SOLZELLE1. „Ihr werdet von dort abgeholt. Nur ihr zwei. Ist das klar?"
„Klar!" schrieen Scoutie und Brether wie aus einem Mund.
Später wußte Scoutie nicht mehr, wie sie den Rückweg zu Tanwalzens Quartier bewältigt hatte. Sie stand plötzlich inmitten des sparsam eingerichteten Raums, und Tanwalzen war vor ihr, und sie hatte das unwiderstehliche Bedürfnis, ihn zu umarmen.
Der Leiter der Technikergruppe ließ sich die Liebkosung gerne gefallen. Erst als Brether Faddon sich
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