1043 - Vamanu
Bergstadt Tingnang, die übers Wochenende von Erholungssuchenden hauptsächlich aus dem etwas mehr als zweihundert Kilometer entfernten Kwanschau überschwemmt wurde. Tingnang war nur einer von vielen Erholungsorten im Süden der terranischen Großregion China, aber für den fünfzehnjährigen Jungen der liebste. Von hier hatte er es nicht weit bis zu den uralten verlassenen Bergwerken, in denen ein Mineraliensammler wie er stets auf seine Kosten kam. Außerdem gab es hier zahlreiche kleine und größere natürliche Höhlen, in denen er gern umherstreifte.
Erst heute Mittag hatte er eine neue, offenbar besonders große Höhle entdeckt, doch da war er zu sehr beladen mit versteinerten Ammoniten, die er zusammen mit einigen schönen Coelestin-Kristallen, auf denen wunderbar klare Calcit-Skalenoedern saßen, gefunden hatte.
Deshalb hatte er seine Fundstücke erst einmal zu der Rasthütte gebracht, sie in eines der Gepäckschließfächer eingeschlossen und wollte danach zu der Höhle zurückkehren.
Doch inzwischen hatte es angefangen zu regnen.
Jetzt mußte er überlegen, ob er nach Tingnang zurückfliegen oder in der Hütte übernachten wollte. Ein Öffentlicher Gleiter wäre auf Bestellung über ein Visiphon der Hütte innerhalb von zehn Minuten dagewesen.
Siska entschied sich schließlich dafür, in der Hütte zu bleiben, vor allem, weil die fünfzehn Schlafkabinen leer waren und er so sicher sein konnte, allein zu bleiben. Nicht, daß er menschenscheu gewesen wäre, aber manchmal sehnte er sich einfach nach Einsamkeit, vor allem, wenn er ohnehin mitten in der Natur war.
Er schaltete den Telekom seines Mehrzweck-Armbands an und tippte den Kode ein, mit dem er seine Eltern erreichen konnte.
Sekunden später erschien auf der Bildfläche das Gesicht seines Vaters.
„Hallo, Sis!" sagte Sol Taoming lächelnd. „Ma badet, sonst hätte sie sich zuerst gemeldet. Wie geht es dir?"
„Gut, Pa", antwortete Siska. „Ich bin fündig geworden, und außerdem habe ich eine neue Höhle entdeckt, die ich morgen untersuchen möchte. Heute nacht werde ich in Rasthütte elf schlafen. Das wollte ich euch nur mitteilen."
„In Ordnung - und Glückwunsch zu deinem Fund", erwiderte Sol Taoming. „Bist du allein dort oben - und brauchst du irgend etwas?"
Siska lachte.
„Aber, Pa! Luana ist doch in Kwanschau. Und die Robotküche hier ist fabelhaft. Ich habe alles, was ich brauche."
„Fein, Junge", sagte Sol. „Dann wünsche ich dir eine gute Nacht. Und aktiviere die Robotverriegelung deiner Schlafkabine, ja?"
„Aber sicher! Gute Nacht, Pa - und Grüße an Ma!"
Er unterbrach die Verbindung, schlenderte in die Hütte zurück, die nur äußerlich einer, wenn auch überdimensionierten, Blockhütte glich, überließ seine Wetterjacke und die Stiefel einem Servoroboter, der ihm bequeme Hausschuhe überreichte, und ging in die Küche.
Dort ließ er sich auf dem Bildschirm des Computers die Auswahl an warmen Mahlzeiten vorführen (er hatte tagsüber nur ein Sandwich gegessen), tastete sich ein einfaches Menü und dazu eine Dose helles Bier - und konnte zehn Minuten später beides in Empfang nehmen.
Nach der Mahlzeit begab er sich in den elegant ausgestatteten Gemeinschaftsraum, schaltete das Trivideogerät an und verfolgte auf dem flachen Bildschirm eine Sendung über das Leben und Treiben in einem Kosmischen Basar.
Als sie zu Ende war, aktivierte er einen der Computer-Terminals und tastete den ständigen Dienst von TERRA INFO.
Leicht gelangweilt verfolgte er die Nachrichten, in denen über politische und wirtschaftliche Ereignisse berichtet wurde, sowie über die Suche nach der Ursache der vor einiger Zeit zutage getretenen gesteigerten Intelligenz von Menschenaffen - und langweilte sich dabei, denn darüber war in letzter Zeit ständig berichtet worden.
Er war fast eingedöst, als auf dem Schirm plötzlich das Abbild Reginald Bulls erschien, einer beinahe ebenso legendären Gestalt wie Perry Rhodan. Das genügte jedoch noch nicht, um Siska vollends wach werden zu lassen. Erst, als Bull sich mit einem Aufruf an die Bevölkerung wandte, wurde er aus seiner Lethargie gerissen.
„... und vor allem wende ich mich an die Kinder und Jugendlichen Terras", sagte Reginald Bull und lächelte verschmitzt, was ihn beinahe als großen Jungen hätte erscheinen lassen, wenn die wissenden Augen nicht gewesen wären. „Ich weiß noch aus meiner eigenen Jugend, daß Kinder und Jugendliche oft mehr sehen und hören als Erwachsene. Deshalb
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