1047 - Madame Medusa
Straßen. Der Köter heißt Zeus, das habe ich schon gehört. Außerdem ist er auf den Menschen dressiert. Immer wenn jemand in die Nähe der beiden kommt, fängt er an zu knurren, als wollte er jeden Moment zubeißen.«
»Und wo ist das Haus?«
»Gehen Sie schräg über die Straße. Dieses kleine Haus hinter einer Mauer, da lebt sie.«
»Danke.«
Der Wachmann grinste uns an und ging dann weiter, eine Hand auf dem an der Hüfte befestigen Handy wie ein Cowboy auf seinem Revolver.
»Die scheint wie ein Phantom zu sein«, bemerkte Suko.
Ich hob die Schultern. »Lokones Tod beweist uns das Gegenteil. Ich bezweifle, daß wir es mit einem Phantom zu tun haben. Diese Medusa ist verdammt echt.« Nebeneinander überquerten wir die Straße mit zügigen Schritten.
Diese Eva war bestimmt wieder bei ihrer Chefin eingetroffen und hatte sicherlich berichtet, was sich in der Bar abgespielt hatte. Ich überlegte, ob wir uns verdächtig gemacht hatten. Sehr stark konnte es nicht gewesen sein. Allerdings rechnete ich auch mit dem Mißtrauen der Madame und auch mit eventuellen Gegenmaßnahmen. Deshalb mußten wir auf der Hut sein.
Auf der anderen Straßenseite verteilten sich die Häuser ebenfalls inmitten der Gärten. Manche Grundstücke dienten auch als Parkplätze für die Wagen der Konsulate und Botschaften. Vom AFRICAN CLUB war weder etwas zu sehen noch zu hören. Ihn hatten wir inzwischen längst vergessen. Madame Medusa war wichtiger.
Es gab eine Mauer. Es gab ein Tor. Ein Schild und eine Klingel hatte jemand in den rechten breiten Torpfosten integriert. Der Name Madame Medusa war trotz der Dunkelheit zu lesen, aber wir hüteten uns zu schellen.
Suko schaute sich die nicht sehr hohe Mauer an. Er hatte den rechten Arm angehoben und fuhr mit der flachen Hand über die Krone hinweg. »Keine Splitter, John!« meldete er.
»Gut.« Ich trat vom Eingang weg. Eine elektronische Überwachung hatte ich nicht entdeckt.
Suko machte den Anfang. Er hatte die nicht sehr hohe Mauerkrone bereits erfaßt und zog sich allein durch die Kraft seiner Finger in die Höhe. Geschickt kletterte er auf die Krone und blieb dort geduckt sitzen, wobei er seinen Blick über das Grundstück schweifen ließ.
Ich stand noch vor der Mauer und wartete auf eine Meldung. »Die Luft ist rein, John.«
»Dann laß mich hoch.«
Ich hatte es einfacher, denn Suko reichte mir die Hand. Wenig später hockte auch ich auf der Mauerkrone, und mein Blick fiel ebenfalls auf das Haus. Es war tatsächlich kleiner als die meisten der hier stehenden Häuser. Auch sehr dunkel. Trotz der zahlreichen Fenster schimmerte nur hinter einem schwaches Licht. Es war sehr gedämpft und wurde durch eine Gardine oder ein Rollo noch blasser gemacht.
Soviel wir sahen, bewegte sich auf dem Grundstück niemand. Es lag eingeschlossen von einer tiefen nächtlichen Finsternis und wirkte wie ein dunkelgrauer See.
Suko sprang als erster. Ich hörte nicht nur seinen Aufprall. Es knackten auch einige Zweige unter seinem Gewicht. Er winkte mir zu, und ich ließ mich ebenfalls fallen. Neben ihm richtete ich mich auf. Auch auf dem Grundstück sahen wir kein Licht. Keine Laterne, keine Außenleuchte an der Seite des Hauses. Wer sich hierher zurückgezogen hatte, schien wirklich nichts mit anderen zu tun haben zu wollen.
Mit der Stille kamen wir zurecht. Sie war uns oft genug ein unheimlicher Begleiter. Wir hätten uns direkt dem Eingang nähern können, zu dem eine Treppe hochführte, doch das ließen wir bleiben. Es war auch wichtig, die Seiten und die rückwärtige Front des Hauses in Augenschein zu nehmen. Das dunkle Gebäude wirkte wie eine übergroße Hütte. Man konnte es auf keinen Fall mit den Bauten der Botschaften vergleichen. Vielleicht hatte früher einmal das Personal in diesem Haus gelebt.
Rasen wuchs unter unseren Füßen. Mehr eine feuchte Wiese. Vereinzelte Bäume waren beschnitten worden. So wirkte ihr Geäst manchmal wie abgeschnittene Arme.
Niemand hatte das Laub vom letzten Jahr weggefegt. Schon bald klebte es an unseren Schuhen und blieb auch an den Hosenbeinen hängen. Von uns aus gesehen, gingen wir an der linken Hausseite vorbei und auf ein Gebiet zu, das dunkler war, denn am Ende bildeten Sträucher so etwas wie eine natürliche Grenze.
Kein Licht. Auch nicht an der Rückseite. Dafür sahen wir eine alte Badewanne auf dem Boden liegen und entdeckten vergitterte Kellerfenster. Dahinter lag sicherlich der unterirdische Weg, der auch zum Club führte.
Wir schauten
Weitere Kostenlose Bücher