1047 - Madame Medusa
wenn du zuviel redest, Donkan!« erklärte Eva mit scharfer Stimme. »Madame möchte nicht, wenn über sie gesprochen wird. Verstanden?«
»Ja, klar. Aber was habe ich schon gesagt?«
»Zuviel.«
Donkan duckte sich leicht, als hätte man ihn geschlagen. Und der Rottweiler blieb auch nicht ruhig.
Die veränderte Atmosphäre hatte sich auch auf ihn übertragen. Sein Knurren hörte sich nicht eben freundlich an. Während Eva das Tablett mit dem Champagner entgegennahm, schlich der Rottweiler auf mich zu. Er berührte mich nicht. Er blieb nur stehen und schaute in die Höhe, als wollte er mich angiften.
Ich kümmerte mich nicht um ihn, weil ich noch Fragen an Eva hatte. »Kann ich Madame denn besuchen?«
Sie war schon auf dem Weg und drehte den Kopf. »Ja, wenn Sie sich anmelden.« Sie pfiff dem Hund. »Sie sollten sich auf jeden Fall einen Termin geben lassen.«
»Danke, das werden wir wohl tun.«
Dann schauten wir zu, wie sie ging. Der Hund blieb dicht an ihrer Seite. Manchmal berührte er ihr Bein, als wollte er ihr beweisen, daß sie sich nicht zu fürchten brauchte.
Auch der Barmann starrte ihr nach. Erst Sukos Frage riß ihn aus seiner Lethargie. »Stimmt es, daß es zwischen dem Club und Madames Haus einen Gang gibt?«
»Ja, eine Verbindung unter der Erde.«
»Wie kommt es?«
Donkan hob die Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Ich kann Ihnen nichts darüber sagen. Dieser Gang ist ein Relikt vergangener Zeiten. Aus dem Krieg, sagt man.«
»Sind Sie ihn schon gegangen?«
Donkan erschrak. Er hob beide Hände. »Bewahre, das würde ich niemals tun.«
»Warum nicht?«
»Madame hätte etwas dagegen. Man sollte es sich nicht mit ihr verscherzen, sage ich immer.«
»Haben Sie Angst vor ihr?«
»Ja.« Er nickte. »Sie ist ungewöhnlich. Sie ist sogar gefährlich, sagen viele.«
»Die meinen dann nicht ihren Hund?«
»Der kommt auch noch hinzu. Sie hat ihn zu einem Bluthund gemacht. Er gehorcht ihr aufs Wort.«
»Dann fällt er auch Menschen an.«
Donkan nickte uns zu. »So ist es. Menschen wird er in der Luft zerreißen.«
Ich schaute Suko an. Wir wußten im Prinzip genug. Natürlich hätte es uns gereizt, das Haus der Madame Medusa durch den Verbindungsgang zu betreten, aber es gab zu viele Zeugen. Ich fragte mich auch, ob es so einfach war und nicht doch Sicherungen eingebaut worden waren. Da war es besser, wenn wir den normalen Weg nahmen, uns aber zuvor ein wenig umschauten.
Donkan räusperte sich. Unsere Gläser waren leer. »Darf ich Ihnen noch etwas bringen?«
»Nein, das ist nicht nötig«, sagte Suko. »Wir werden gehen.« Er hatte mein Nicken gesehen und zückte die Geldbörse.
Die Preise hier lagen in der oberen Zone. Suko legte noch ein Trinkgeld hinzu. Donkan bedankte sich, aber er war nicht mehr so locker wie noch vor einiger Zeit.
»Was ist mit Ihnen?« fragte ich. »Sie sehen aus, als hätten Sie etwas falsch gemacht.«
»Das kann sein. Ich habe zuviel geredet.«
»Wieso?«
»Man soll nicht über Madame sprechen.«
»Das hat auch Eva getan.«
»Sie gehört zu ihr. Haben Sie den Blick gesehen, als sie mich anschaute? Ich bin kein ängstlicher Mensch, aber alles, was mit Madame zu tun hat, sorgt bei mir schon für ein ungutes Gefühl.«
»Ist sie denn so mächtig?«
Donkan nickte. »Sehr mächtig, sagt man.«
»Kennen Sie Madame?«
»Nicht persönlich. Manchmal geht sie durch die Straße hier. Immer mit Eva und dem Hund. Viele Menschen, die ihr begegnen, weichen ihr aus. Sie spüren, daß sie anders ist. Oft geht auch Eva allein mit dem Hund. Da habe ich sie mal getroffen und hin und wieder mit ihr gesprochen. Deshalb kenne ich sie auch.«
»Haben Sie auch mit ihr über Madame geredet?«
Donkan schüttelte heftig den Kopf. »Um Himmels willen, was denken Sie nur? Nein, Madame ist tabu. Auch Eva würde sich hüten, etwas über ihre Chefin zu sagen.«
»Danke.« Ich nickte ihm zu. »Sie waren sehr freundlich. Machen Sie es gut.«
»Wollen Sie denn zu Madame?«
Ich hob nur die Schultern und ließ mich dabei vom Hocker gleiten. Suko war schon aufgestanden.
Dicht vor mir verließ er den Club. Die Tür brauchten wir nicht aufzudrücken, denn es trafen neue Gäste ein. Zwei Männer, die nachtblaue Anzüge trugen und schon leicht angeheitert waren.
Einen von ihnen kannte ich aus den TV-Berichten und Zeitungsartikeln. Er war ein Botschafter und gab stets sehr wichtig wirkende Interviews. An diesem Abend sah er locker und gelassen aus und redete ununterbrochen auf seinen
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