1048 - Blutende Schatten
standen die mit Konserven und Eingemachtem gefüllten Regale, die noch relativ neu waren, denn jetzt nahm er den Geruch des Holzes deutlicher wahr. So roch eben frische Kiefer.
Konserven und Eingemachtes standen voneinander getrennt, nur gab es kein Werkzeug.
Das entdeckte er in einem Nebenkeller. Eine kleine Werkstatt mit allem, was dazugehörte.
Nico pfiff leise vor sich hin. Genau das hatte er gesucht. Das war sogar ideal. Er trat etwas zurück und leuchtete dorthin, wo sich das Türschloß befand.
Es war vorhanden. Nur hatte man es nicht eingehakt. Offen und lose hing es in der Verankerung. Er konnte die Tür ohne weiteres aufziehen.
Auch hier sah der Boden aus wie frisch gefegt, abgesehen von einem dünnen Staubfilm, auf dem sich keine Fußabdrücke abzeichneten. Dieser Raum hier war lange nicht mehr betreten worden.
Diesmal schaltete Nico das Licht ein. So konnte er sich besser umschauen. Die Werkzeuge hatten ihre Plätze an Haken und in Regalen an den Wänden gefunden. Alles sah sehr geordnet aus. Da gab es die Bohrer, die Hämmer, die Zangen, Schraubendreher, Feilen, Schlüssel in allen möglichen Größen, und hinter ihm stand eine kleine Werkbank. Um sie und die anderen Werkzeuge kümmerte er sich nicht, denn ihm war etwas anderes aufgefallen.
An der Wand entdeckte er mehrere Stemmeisen der unterschiedlichsten Größen. Sie besaßen einen gekrümmten Griff und waren an ihrem Ende flach zugeschlagen oder geschmiedet worden.
Nico grinste, denn besser hätte es für ihn nicht laufen können. Mit einem derartigen Stemmeisen ließen sich auch sperrige Türen aufbrechen. Er dachte da weniger an die Tür des Waffenschranks.
Die letzte hier im Gang auf der linken Seite war wichtiger.
Er zog ein mittellanges Stemmeisen hervor, wog es in der Hand, nickte zufrieden und drehte sich um. Das Licht ließ er brennen. Es war einfach besser.
Sehr langsam ging er weiter. Die Lampe brannte auch weiterhin. In der rechten Hand hielt er das Stemmeisen und summte bei jedem Schritt leise vor sich hin.
Ein Blick nach gegenüber. Kartoffeln stapelten sich in einer Kiste. Sie waren mittlerweile angefault und rochen entsprechend. Hier hätte mal jemand richtig aufräumen müssen.
An seiner Seite befand sich noch eine weitere Lattentür. Er lugte durch einen Spalt. Zwei Schränke mit Glasscheiben waren in den kleinen Raum regelrecht hineingeklemmt worden. Hinter den Scheiben standen alte Bücher dicht an dicht.
Nichts für ihn. Wenn er las, dann waren es irgendwelche Zeitschriften. Männer-Magazine und welche über Software. Wenn alles glattging, würde er in knapp zwei Wochen schon einen Internet-Anschluß haben. Dann konnte die Surferei losgehen.
Die Tür. Die einzig kompakte. Eine Tür wie ein Lockmittel. Dickes Holz, noch rauh, nicht gebeizt.
Ein Zugang, der zu einem Geheimnis führte, denn Nico hatte richtig getippt.
Hinter der Tür brannte das geheimnisvolle Licht. Da sie an den Seiten und am Boden nicht fugendicht schloß, drang etwas von dem rötlichen Schein nach außen.
Er merkte, wie ihn die Aufregung überkam. Das Blut stieg ihm in den Kopf. Keine Schatten in seiner Nähe, die ihn mit Blut besudelt hätten wie Sugar.
Alles war so herrlich normal, und Nico hätte froh sein können. Daß er es nicht war, wunderte ihn schon. Da warnte ihn eine innere Stimme, auf die er aber nicht hören wollte. Wer die Strecke bis zum zweitletzten Schritt gegangen war, der ging auch den letzten. Davon ließ sich auch Nico Goodwin nicht abbringen.
Also ran!
Trotz der Eile ging Nico systematisch vor. Es gab ein Schloß. Ein gutes sogar, denn es schloß bündig mit der Tür. Um es aufzubrechen, hätte er Spezialwerkzeug benötigt.
Für ihn war das Stemmeisen besonders wichtig. Er gratulierte sich zu dieser Idee, es mitgenommen zu haben. Beinahe zärtlich strich er daran entlang und sprach es sogar an. »Du wirst mich nicht im Stich lassen«, sagte er leise. »Bestimmt nicht.« Während der Worte hielt Nico nach einer Lücke zwischen Türkante und Wand Ausschau. Da feines, rötliches Licht durchsickerte, mußte es einfach eine solche geben. Dort konnte er dann die flache Seite des Stemmeisens ansetzen.
Die Lampe lag auf dem Boden. Er richtete sie aus, damit der Strahl gegen die Tür leuchtete. Erst danach machte er sich an die Arbeit. Die flache Seite des Stemmeisens fuhr von oben nach unten. Er lauschte dem leisen Kratzen, gab dem Werkzeug einen leichten Druck, atmete durch den offenen Mund und merkte auch, daß sich sein
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