1048 - Blutende Schatten
stehen. Er suchte nach den Schatten, die sich allerdings nicht blicken ließen und sich irgendwo in der Dunkelheit versteckt hielten.
»Und es gibt euch doch!« flüsterte er. »Verdammt noch mal, es gibt euch, das weiß ich…«
Nach diesen Worten blieb er nicht mehr stehen. Auf leisen Sohlen näherte er sich der Kellertür.
Sugars Lippen verzogen sich, als er die Klinke berührte. Sie war kalt. Sein Blick fiel dabei auf eine ziemlich dicke Tür.
Da drang nichts nach draußen. Sugar hielt trotzdem sein Ohr dagegen und mußte schon sehr bald aufgeben.
Nichts war zu hören.
Er überwand seine Angst, drückte die Klinke nach unten und zog die Tür auf. Sie bewegte sich lautlos in den Angeln.
Vor der obersten Stufe noch blieb er stehen. Es gab einen Lichtschalter und demnach auch Licht.
Darauf hatte sein Freund allerdings verzichtet. Er war im Dunkeln die Stufen hinabgestiegen und hatte sich nur auf seine Lampe verlassen.
Sugar lauschte.
Da war nichts zu hören, gar nichts…
Für ihn war diese Stille schlimm. Er merkte, wie die Angst wieder in ihm hochstieg. Diesmal ging es nicht allein um ihn, sondern auch um Nico…
***
Zuerst hatte Nico das Licht einschalten wollen, dann jedoch darauf verzichtet, denn er verließ sich lieber auf seine Lampe, die stark genug war. Zudem war der rötliche Schein bestimmt besser zu entdecken, wenn kein anderes Licht brannte.
Er wußte selbst nicht genau, was mit ihm geschehen war, aber dieses fremde Licht zog ihn an wie ein Magnet aus Eisen. Diese Quelle war nicht ohne Eindruck auf ihn geblieben. Sie paßte nicht in das Haus. Gleichzeitig war sie etwas Geheimnisvolles und gewissermaßen selbst ein Geheimnis.
Es war kein Gruselkeller. Alt schon, doch der Hausbesitzer hatte für eine normale Steintreppe mit Eisengeländer gesorgt, mit normalen Stufen, die gut zu begehen waren, und es strömte ihm auch kein typischer Kellergeruch entgegen. Nichts roch nach Verfall oder Abfall. Dieser Geruch paßte eigentlich nicht zu einem Keller. So atmete Holz, das noch recht frisch war.
Stufe für Stufe ließ er hinter sich und gelangte immer tiefer hinein in die Stille.
Er hörte seinen eigenen Atem. Er hörte seine leichten Schritte. Vorsichtig folgte er dem Lampenstrahl, der als helle Bahn schräg hinab in die Tiefe glitt.
Auch die Wände rochen frisch. Bestrichen worden waren sie mit einer hellen Farbe, die zusätzlich einen ebenfalls hellen Lacküberzug aufwies.
Nico erreichte das Ende der Treppe. Er blieb stehen und wartete zunächst ab.
Es passierte nichts in seiner Umgebung. Kein Schatten näherte sich ihm, und er fand die Berichte seines Freundes Sugar als übertrieben. Ihn mußte etwas anderes erwischt habe, denn von blutenden Schatten hatte Nico noch nie gehört.
Trotzdem strich er sie nicht aus seinem Gedächtnis und ließ den Kegel der Lampe durch seine unmittelbare Umgebung huschen. Er fuhr über die Wände hinweg, folgte dem sauberen, mit Estrich bestrichenen Boden, fand seinen Weg auch an der Decke, wo die gittergeschützten Lampen angebracht worden waren und erreichte auch die Lattentüren, die die Mauern eines Gangs unterbrachen.
Nein, es gab nicht nur Lattentüren. Die letzte auf der linken Seite sah aus wie eine normale Tür.
Dicht verschlossen, lückenlos. Bewußt so geschaffen, als hätte jemand dahinter ein Geheimnis versteckt, das von keinem entdeckt werden sollte.
Leuchtete dort das Licht?
Nico Goodwin dachte nach. Er vergegenwärtigte sich, wie er und Sugar draußen gestanden und das Licht zum erstenmal gesehen hatten. Der rote Schimmer war durch die schmutzige Scheibe des Kellerfensters gedrungen. Wenn er jetzt nachrechnete, dann konnte die Quelle durchaus hinter der normalen Tür liegen.
Der junge Mann war nicht nur gekommen, um das Rätsel dieser Quelle zu klären, er wollte auch Werkzeug finden, um den Waffenschrank aufbrechen zu können. Wie leichtsinnig die Leute letztendlich doch waren. Ließen einfach Waffen in einem leerstehenden Haus zurück, als gäbe es keine Einbrecher und Diebe. Auf der anderen Seite waren die Sinclairs in Lauder mehr als bekannt gewesen. Es gab unter den Bewohnern wohl niemand, der das Haus des toten Ehepaars freiwillig betreten hätte, um etwas zu stehlen.
Noch lag der Gang vor ihm. Still, verlassen und auch sauber. Neben der ersten Tür an der linken Seite blieb der Mann stehen. Er konnte in den Raum hineinleuchten und schwenkte den Kegel leicht von einer Seite zur anderen.
Eine Überraschung erlebte er nicht. Dort
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