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1049 - Der Geist des Vaters

1049 - Der Geist des Vaters

Titel: 1049 - Der Geist des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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betroffen, und es nagte in mir.
    Zwei Särge aus Holz.
    Wie freigeschaufelt kamen sie mir vor. Es gab ihre düstere Umgebung nicht mehr. Das ausgehobene Grab war durch das Licht der Figur erhellt worden. Ich mußte mich schon dazu zwingen, in das Antlitz der Statue zu schauen.
    Es war vorhanden. Es war glatt, auch emotionslos. Kein Gefühl in den Augen, kein Mund, der sich verzogen hatte. Es paßte einfach zu dieser Figur.
    Nach wie vor diente sie als Quelle. Das Licht schien unerschöpflich zu sein. Es sank weiter in die Tiefe, und dabei gab es keinen einzigen Laut ab.
    Diese absolute Stille war unheimlich. Ich hatte den Begriff für Zeit verloren, auch den Blick für meine Umgebung. Ein Beobachter hätte nur eine starren Mann gesehen, der vor einem Grab kniete und in ein breites Loch schaute, das von einem türkisfarbenen Licht bis in den letzten Winkel ausgefüllt wurde.
    Sehr genau sah ich die Särge. Von meiner Position aus schaute ich direkt auf die beiden Deckel. Ich sah sie sogar überdeutlich. Das Licht funktionierte wie die Gläser einer Brille, denn die beiden Särge wirkten überscharf.
    Geschlossen.
    Kein Vater, keine Mutter. Die Särge waren geschlossen. Niemand hatte sich daran zu schaffen gemacht.
    Rechts stand der Sarg, in dem mein Vater seine Letzte Ruhe gefunden hatte. Dicht daneben der Sarg meiner Mutter. Das Licht schwamm über die Deckel hinweg. Es drang nicht hinein, es löste das Holz nicht auf wie die Erde.
    War das alles?
    Nein, es war nicht alles. Es ging durch bis zum bitteren Ende. Das weitere Vorgehen kam mir verlangsamt vor. Möglicherweise bildete ich es mir auch ein, weil ich als Sohn einfach zu stark emotional betroffen war.
    Alles hatte sich verlangsamt. Das Licht war zu einer Säure geworden, die beide Sargdeckel auflöste.
    Ich schaute, wie sie einfach fortzuschwimmen schienen.
    Das war der blanke Wahnsinn. Ich stellte fest, daß ich noch lebte. Mein Herzschlag trommelte nur so. Ich hörte die Echos im Kopf. Sie waren mit leichten Stichen verbunden. Auch meine Lungen stachen, als ich die kalte Luft einatmete. In meinem Mund breitete sich ein Geschmack aus, als hätte ich selbst auf alter Graberde gekaut.
    Noch hielten die Deckel dem Licht stand. Mir schien es, als wollten sie sich wehren und mir dabei einen Gefallen tun. Auf keinen Fall den Inhalt zeigen.
    Das passierte sowohl als auch.
    Am Sarg meiner Mutter veränderte sich nichts. Er blieb normal. Da verschwand kein Deckel, und auch das Holz des Unterteils blieb wie es war.
    Aber nicht der Sarg meines Vaters. Sein Oberteil sah aus, als wollte es sich im Licht auflösen. Das Licht glitt über das Holz hinweg. Der Deckel verschwand, und die oberen Seiten des Unterteils traten ebenfalls nicht mehr so hart hervor.
    Da alles interessierte mich nur am Rande. Etwas anderes war wichtig.
    Jemand lag im Sarg.
    Mein Vater.
    Sein Körper!
    Ich hörte mich stöhnen. Plötzlich wollte ich nicht mehr hinschauen, doch da war die unsichtbare Hand, die schwer in meinem Nacken lag und den Kopf nach unten drückte.
    Ich sollte sehen - alles.
    Und ich sah!
    Was ich jedoch sah, war einfach furchtbar und kaum zu verkraften…
    ***
    Sugar glotzte den Konstabler an. Sprechen konnte er nicht. Dann hob er seine Schultern und deutete mit dieser Bewegung eine Frage an, die Bull auch verstand.
    »Ja, er ist es!« hauchte er. »Am Fenster?«
    »Ich sehe sein Gesicht. Nicht deutlich, aber so klar, daß ich ihn erkennen kann.«
    »0 Mann!« stöhnte Sugar auf. »Das ist der letzte Wahnsinn! Das ist doch nicht die Welt!«
    Terence Bull verspürte keine Lust, über den Schrecken der normalen Welt zu diskutieren. Ihm war klar, daß er etwas unternehmen mußte. Nur hatte er keinen Plan. Er konnte nicht festlegen, was geschehen sollte. Er bekam auch jetzt wieder Zweifel, ob er den Aussagen des Zeugen Glauben schenken sollte. Sugar hatte von dieser verdammten Auflösung gesprochen, nachdem die Schatten angegriffen hatten. Aber Nico war noch da, verflucht! Wie der Konstabler erkennen konnte, hatte er sich auch nicht verändert. Das war sein Gesicht, denn er hatte ihn einige Male gesehen, obwohl Nico nicht in Lauder lebte.
    Sugar überwand seine Lethargie. »Wir müssen etwas tun, glaube ich…«
    »Das weiß ich selbst.«
    »Wollen Sie raus?«
    »Zumindest erst einmal aufstehen und zum Fenster gehen!« flüsterte Bull. »Mal sehen, wie er reagiert.«
    »Ich will mich nicht umdrehen!« flüsterte Sugar hastig. »Nein, verflucht, das schaffe ich nicht. Ich bleibe hier

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