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1049 - Der Geist des Vaters

1049 - Der Geist des Vaters

Titel: 1049 - Der Geist des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sitzen. Ich gehe auch nicht hin. Machen Sie das.«
    »Ist auch besser so«, erwiderte Bull leise. Ich bin der Hausherr hier, dachte er. Ich kann nicht durchdrehen, aber ich will auch nicht in den Tod laufen.
    Er schwitzte. Seine Psyche erlebte einen Aufruhr, und er ließ das Fenster nicht aus dem Blick, als er sich langsam bewegte, damit er nur ja keinen Verdacht erregte. Seine Waffe steckte in der geschlossenen Pistolentasche an der rechten Seite. Er mußte das Leder hochklappen, dann konnte er die Pistole herausnehmen.
    Sugar schaute ihm zu. Seine Augen bewegten sich dabei nicht. Sie waren völlig starr und auch glanzlos geworden. Er glotzte nach vorn und fühlte sich selbst irgendwie beruhigter, als der Konstabler seine Pistole in der Hand hielt. Dennoch drängte sich bei ihm eine Frage auf, die er nicht länger zurückhielt. »Kann man denn Tote noch einmal erschießen? Kann man das?«
    Bull gab ihm keine Antwort. Er wollte sich durch nichts ablenken lassen. Wer ihn so sah, mußte das Gefühl haben, daß er fremd gelenkt wurde. Er schob sich sehr langsam und bedächtig in die Höhe.
    Sein Körper war steif. Auch in seinem Gesicht bewegte sich nichts. Die Haut zeigte eine unnatürliche Blässe, der Mund stand halboffen, so daß der Atem hineinzischte.
    Den Stuhl drückte er mit den Kniekehlen zurück. Dann schritt er an der Breitseite des Schreibtisches entlang auf das schmalere Ende zu, um daran entlang schließlich den Weg zum Fenster einzuschlagen.
    Sugar hielt den Mund. Er hätte sich auch nicht getraut, auch nur ein Wort zu sagen. Er mußte konzentriert bleiben und durfte sich keine Ablenkung erlauben.
    Der Konstabler bewegte sich marionettenhaft. In der rechten Hand hielt er seine Dienstpistole. Die Mündung wies dabei zu Boden, weil er den Arm nach unten gestreckt hielt.
    Dann ging er.
    Ihn interessierte einzig und allein das Fenster, hinter dessen Scheibe er noch immer das Gesicht des angeblich Toten sah.
    Nico Goodwin hatte sich nicht bewegt. Er stand einfach nur da und starrte in das Büro. Es machte ihm auch nichts aus, daß jemand kam und auf ihn zuging. Er wollte nur bleiben und schauen.
    Der Konstabler hatte mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Obwohl er so steif war und auch sein Gesichtsausdruck nichts zeigte, tobten in seinem Innern die Emotionen. Sein Blut schien sich in Lava verwandelt zu haben. Er spürte in sich die Hitze, zugleich auch die Kälte, die eine Gänsehaut auf seinem Rücken hinterließ.
    Der andere tat nichts, gar nichts. Er glotzte nur nach innen. Je näher der Konstabler dem Fenster kam, um so deutlicher sah er das Gesicht hinter der Scheibe. Trotz der draußen liegenden Dunkelheit war es zu erkennen. Es wurde vom Restschein der Außenleuchte in einen kalten Schimmer getaucht.
    Eine halbe Schrittlänge vor dem Fenster blieb Terence Bull stehen. Er wartete darauf, daß etwas passierte, denn seiner Meinung nach mußte es eintreten.
    Irrtum. Es tat sich nichts. Die Gestalt hinter der Fensterscheibe rührte sich nicht vom Fleck. Sie glotzte nur von einer Welt in die andere hinein, ohne die Augen zu bewegen. So wie der stiert, starrt nur ein Toter, dachte Bull. Verdammt noch mal, das kann doch kein Mensch mehr sein.
    Hinter sich hörte er ein jaulendes Geräusch. Kein Tier hatte es ausgestoßen, sondern sein junger Gast, der die Nervenspannung ebenfalls kaum aushalten konnte und sich einfach durch dieses Stöhnen Luft hatte verschaffen müssen.
    Terence wußte nicht, was er tun sollte. Die Waffe heben, abdrücken, und in das Gesicht schießen?
    Es kam ihm in den Sinn. Nur sträubte sich sein Inneres dagegen. Das wollte er nicht tun. Es gab noch eine andere Möglichkeit. Dazu brauchte er den nötigen Mut, da mußte er sich selbst überwinden, aber das werde ich schaffen, dachte er.
    Er wollte nicht mehr am Fenster stehenbleiben. Der Weg bis zur Tür war nicht weit. Einfach hinausgehen und versuchen, mit Nico Goodwin zu sprechen.
    Mit einem Toten reden?
    Vorstellen konnte sich Terence Bull das nicht. Über diese Grenze mußte er einfach steigen. Hier konnte er nicht mehr mit normalen menschlichen Maßstäben messen.
    Er drehte sich langsam nach rechts.
    Das war auch Sugar aufgefallen. Mit leiser Zitterstimme fragte er: »Wo wollen Sie denn hin?«
    »Raus!«
    »Was? Das ist doch…«
    »Ich will es genau wissen, Junge. Ich muß es einfach wissen. Was hier abläuft, ist einfach grauenhaft.« Er winkte ihm kurz zu. »Halte du dich da raus, was immer auch geschieht. Ist das

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