104a - Die Braut der Bestie
barbarischen Männer, ja, ihre ungeteilte Bewunderung, denn die augenscheinliche Kraft der Wesenheit imponierte ihnen.
„Schlagt das letzte Eis weg!" kommandierte Eike.
Sie taten es mit vereinten Kräften. Dann zerrten sie das Ungeheuer aus seinem eisigen Gefängnis hervor. Niemals in ihrem Leben hatten sie eine derartige Kreatur gesehen. Begeistert wie Kinder, die ein interessantes Spielzeug gefunden hatten, stellten sie es auf die Hinterläufe, beäugten es und ließen es dann auf Eikes Anordnung hin wieder los.
Das Monster kippte vorüber und blieb auf dem Bauch liegen.
„Ihr macht es noch kaputt", sagte Olaf.
„Ach was!" Eike rieb sich die klobigen Hände. „Los, macht jetzt Taue an ihm fest! Wir schleifen es über das glatte Land bis zu unserem Schiff."
Er hatte kaum ausgesprochen, da bewegte sich das Schuppenmonster zuckend. Brüne bemerkte es als erster und schrie warnend auf.
Das Wesen drehte sich ein wenig, fuhr die Beine aus und erhob sich.
Seine ersten Schritte waren unsicher, tapsig. Verdrossen grunzte es.
Es war ein Laut, der geradewegs aus den Tiefen der Hölle zu kommen schien.
„Es lebt!" rief der schwarzbärtige Anführer fasziniert. „Worauf wartet ihr Bastarde? Fesselt es! Ich will es lebend nach Hause schaffen."
Beherzt umstellten die Wikinger das Monster. Seine Maße erreichten die eines mittelgroßen Bären, und von dieser Warte aus gesehen, wirkte es nicht besonders gefährlich. Furchteinflößend waren vielmehr sein Aussehen und sein Benehmen. Steil blähte sich der Rückenkamm auf. Es schlug' um sich mit den Pranken und dem Schwanz. Fauchende Laute kamen aus seinem Rachen.
Die Männer wollten es mit Tauen fesseln. Doch gleich der erste, der den Vorderklauen zu nahe kam, wurde mit einem einzigen Hieb zur Seite geräumt. Er schlidderte über den verharschten Boden.
Eike, Brüne, Olaf und die anderen zückten ihre Schwerter und gingen mit vorgehaltenen Schilden gegen das Ungeheuer vor.
„Wenn wir es nicht lebend haben können, töten wir es", sagte Eike.
„Es ist eine Ausgeburt des Bösen!" rief Brüne. „Ich wußte es."
„Soll ich dir den Schädel einschlagen?"
„Wir haben uns wie die Narren benommen!"
Mit diesen Worten stürmte Brüne gegen das Monster an - einmal, um dem aufgebrachten Anführer zu entgehen, zum anderen, um den Beweis zu liefern, daß er nach wie vor zu den kühnen Männern zählte und seine Furcht anderer Natur war.
Unter den bestürzten Ausrufen der Wikinger fuhr das Monster seine Fangzunge aus. Blitzschnell hatte es Brüne gepackt und zog ihn zu sich heran. Der Mann hatte keine Chance. Das klebrige Organ hielt ihn fest umwickelt. Er konnte nicht fortschlüpfen, vermochte nur mit seinem Schwert zuzuschlagen, als er der Fratze der Kreatur nahe genug war. Mit einem dumpfen Laut traf die Klinge das Haupt. Doch der Panzer schützte den verabscheuungswürdigen Leib.
Das Schuppenmonster, aus seinem Jahrtausendeschlaf erwacht, hegte nur einen Wunsch: Nahrung in sich aufzunehmen. Der Hunger war quälend, die Wut auf die Störenfriede groß. Mit der rechten Vorderklaue wischte es dem schreienden Brüne Schwert und Schild aus den Händen und zerrte ihn noch näher zu sich heran. Es hielt ihn mit beiden Vorderpranken fest, so daß sich die Krallen in seinen Körper bohrten und Blut daraus hervorfloß.
Voll Wehmut und Heimweh entsann sich das Geschöpf der Zeit, in der es in einer armen, wenn auch bedrohlichen Umwelt gelebt hatte - auf einem Kontinent mit üppiger Fauna und Flora, wo es Eier aufgebrochen und kleine Saurier geköpft hatte, ihnen die Innereien ausgelutscht und sie schließlich ganz vertilgt hatte.
Es schlug mit seinen furchtbaren Reißzähnen zu.
Eike, Olaf und die anderen schrien vor Grauen auf, als sie sahen, was mit dem blonden Brüne geschah. Zornig stürmten sie gegen das Monster an, doch das Entsetzliche vermochten sie nicht mehr zu verhindern. Ihre Schwerter durchbohrten den Schuppenpanzer nicht, ihre erbosten Hiebe fügten dem Feind keinen Schmerz zu.
Das Monster schlug ein Loch in Brünes Schädel, preßte die narbigen Lippen auf die Wunde und saugte voll Zufriedenheit. Seine schmatzenden Laute jagten selbst dem durchtriebenen Schwarzbärtigen einen eisigen Schauer über den Rücken.
„Stecht dem Biest die Augen aus!" rief er.
Sie trachteten danach, die Klingen ihrer Waffen in die rötlichen, tückisch dreinblickenden Augen des Monsters zu bohren, doch dieses wehrte sie mit ein paar wohlbemessenen Prankenhieben ab. Gleich
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