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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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ist? War sie eng mit Ihnen befreundet? – Ich möchte keine stärkeren Ausdrücke gebrauchen.«
    »Ich lasse mich nicht von Ihnen verhören.«
    »Ich habe auch verschiedene Geschichten über Tillings Frau erfahren.«
    Er lachte laut auf, aber es klang nicht überzeugend.
    »Sie können den ganzen Tag zuhören, wenn Sie sich um Klatschgeschichten kümmern. Aber nun im Ernst, Sie haben mich doch nicht den weiten Weg von London hergeholt, um mir Vorhaltungen zu machen, als ob ich ein kleiner Schuljunge wäre?«
    Sie sah ihn wieder einige Zeit an, dann senkte sie den Blick.
    »Es stimmt also, es ist alles wahr. Das ist tatsächlich häßlich und gemein. So darf es nicht weitergehen.«
    Er nahm einen Stuhl und steckte sich eine Zigarre an.
    »Das habe ich mir auch schon gedacht, daß es nicht so weitergeht«, entgegnete er kühl. »Ich habe mir vorgenommen, England zu verlassen und in Italien zu leben. Lange genug habe ich hier die schmutzige Arbeit für Sie getan –«
    Sie warf den Kopf zurück und sah ihn haßerfüllt an. Sein gewöhnliches Benehmen war unerträglich.
    »Dafür sind Sie aber auch reichlich bezahlt worden.«
    Er lachte.
    »Ihre Ansichten über gute Bezahlung weichen sehr stark von den meinen ab. Aber wir wollen nicht mehr darüber sprechen. Ich schlage vor, daß ich Ende des Jahres von England fortgehe. Ich werde mir eine Villa in Florenz kaufen und kann dann hoffentlich vergessen, daß es ein Marks Priory auf der Welt gibt.«
    »Hoffentlich vergessen Sie auch, daß ich ein Scheckbuch besitze. Das wäre eine große Wohltat für mich.«
    Er lächelte ironisch.
    »Das Bankkonto haben nicht Sie, sondern Willie. Und er ist so schwach, daß er alle Schecks abzeichnet, die man ihm vorlegt. Nein, das werde ich nicht vergessen. Im Gegenteil, von diesem glücklichen Umstand lebe ich ja.«
    Die Atmosphäre war elektrisch geladen. Lady Lebanon antwortete nicht, sondern klingelte.
    »Wir können die Sache morgen früh weiter besprechen«, sagte sie schließlich. »Keiner von uns beiden ist im Augenblick ruhig genug, um auf die Gründe des anderen zu hören. Amersham, Sie müssen vor allem diese Liebeleien lassen. Diese Geschichten bringen mich in schiefes Licht – alle Leute wissen, daß Sie hier auf dem Schloß verkehren –, und Sie selbst machen sich dadurch direkt lächerlich. Sie sind doch auch kein junger Mann mehr.«
    Diese Worte verletzten seine Eitelkeit.
    »Wie alt ich bin, ist wohl gleichgültig. Übrigens bleibe ich die Nacht nicht hier, ich fahre direkt zur Stadt zurück.«
    »Sie bleiben hier, sonst bekommen Sie morgen kein Geld.«
    Er sah sie düster an. Als einem Mann, der eine gute Erziehung genossen hatte, waren ihm derartig peinliche Auftritte zuwider. Er nahm wohl Geld von einer Frau, aber er wollte sich das nicht ins Gesicht sagen lassen.
    Ungerührt ließ sie seine scharfen Vorwürfe über sich ergehen.
    »Ich habe nicht gewußt, daß Sie so gemein sein können«, erklärte sie ruhig.
    »Sie werden auch noch andere Dinge einsehen lernen. Bis jetzt hat die Polizei das Schloß ja noch nicht durchsucht. Wenn es erst einmal dazu kommen sollte, geht das Feuerwerk los. Sie sind mir doch ganz und gar ausgeliefert … Wenn Sie daran denken, werden Sie sicher wieder vernünftig. Ich gehe jetzt. Vielleicht könnte ich Inspektor Tanner manches erzählen.«
    »Das glaube ich nicht. Und niemand würde Ihnen glauben, wenn Sie es erzählen. Versuchen Sie es doch einmal. Sie werden sehen, daß es unmöglich ist. Und vergessen sie eins nicht, Amersham: Sie sind ebensogut in die Affäre verwickelt wie jeder andere. Sie haben immer die Absicht gehabt, die Verwaltung von Willies Vermögen an sich zu reißen. Diesen gemeinen Plan habe ich bisher vereitelt, und ich werde Ihnen auch in Zukunft stets entgegentreten.«
    Er starrte sie so wild an, daß sie glaubte, er wolle auf sie zuspringen und sie schlagen.
    »Es ist gut«, erwiderte er schließlich heiser. »Alles Weitere wird sich zeigen. Ich komme nicht wieder!«
    Die Tür fiel hinter ihm ins Schloß.
    Bewegungslos saß Lady Lebanon in ihrem Sessel, bis sie hörte, daß er in seinem Wagen davonfuhr.
    »Kann ich irgendwie behilflich sein, Mylady?«
    Die Zofe stand auf der Treppe. Lady Lebanon fiel ein, daß sie nach ihr geklingelt hatte. Wie lange mochte Miss Jackson schon dort stehen, und wieviel von der Unterredung hatte sie gehört?
    »Ich habe oben gewartet, bis die Haustür zugeschlagen wurde«, fuhr die Zofe fort, als ob sie die Gedanken ihrer Herrin

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