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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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den Eindruck, daß die Krisis vorüber war.
    »Ja. Mein Mann schätzte ihn, und Dr. Amersham half mir bei der Verwaltung der Güter.«
    Tanner machte eine Pause, bevor er mit freundlicher Stimme die nächste Frage stellte.
    »Warum haben Sie ein zweites Mal geheiratet?«
    Lady Lebanon erfaßte die volle Tragweite dieser Worte nicht gleich, aber dann sprang sie auf.
    »Das ist nicht wahr!« stieß sie atemlos hervor.
    »Warum haben Sie ein zweites Mal geheiratet? Die Trauung fand in der Kirche von Petersfield statt. Und warum wählten Sie ausgerechnet Leicester Amersham als Gatten? Pfarrer John Hastings vollzog die Trauung.«
    Einen Augenblick schwankte sie, dann sank sie schwer in den Sessel.
    »Wer hat Ihnen das gesagt?«
    »Das habe ich in dem Ehestandsregister gefunden, das ich in Petersfield sah. Es fiel mir auf, daß Dr. Amersham auf so gutem Fuß mit dem Pfarrer John Hastings stand. Die beiden sind so verschiedene Charaktere, daß dieses Verhältnis nur durch einen großen Dienst begründet sein konnte, den der Pfarrer Amersham erwiesen hatte. Ich machte mir also die Mühe und fuhr nach Petersfield. Nun frage ich Sie noch einmal: Warum haben Sie drei Monate nach dem Tod Ihres Mannes Leicester Amersham geheiratet, und warum hielten Sie diese Eheschließung geheim?«
    Sie goß sich etwas Wasser aus der Karaffe ein, die auf dem Tisch stand. Ihre Hand war ruhig und zitterte nicht, als sie das Glas zum Munde führte. Der Inspektor wartete geduldig.
    »Diese Trauung wurde mir aufgezwungen. Dr. Amersham war ein Abenteurer der gewöhnlichsten Art. Er hatte kein Geld, als er in der indischen Armee diente, und zu dieser Heirat hat er mich durch Erpressung gebracht.«
    »Bitte, erklären Sie das genauer.«
    Sie zuckte nur die Schultern.
    »Welche Gewalt hatte er denn über Sie? Man kann doch nicht jemand erpressen, wenn man nicht etwas Strafbares von ihm weiß. Haben Sie irgendwie das Gesetz übertreten?«
    »Darauf verweigere ich die Antwort«, sagte sie und preßte die Lippen zusammen. »Ich wußte, daß er mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war – er war ein Dieb und ein Fälscher. Deshalb wurde er auch aus der Armee ausgestoßen.«
    Tanner nickte.
    »Das mag ja alles der Wahrheit entsprechen. Aber er war gestern abend zwischen elf und zwölf hier im Hause; er hat Sie bedroht und wurde ein paar Minuten später ermordet. Und Sie sagen, daß Sie sich nicht dafür interessieren!«
    »Warum sollte ich mich denn auch dafür interessieren? In gewisser Weise bin ich froh, daß er –« Plötzlich brach sie ab.
    »Sie sind froh, daß er tot ist? Oder tut es Ihnen jetzt vielleicht doch leid?«
    Er wartete, bis sie sich wieder gefaßt hatte.
    »Was nun Ihren ersten Mann angeht, Mrs. Amersham –«
    Sie richtete sich auf.
    »Ich würde es lieber hören, wenn Sie mich Lady Lebanon nennen.« Sie lachte kurz auf und lehnte sich dann wieder in den Sessel zurück. »Ich glaube, ich habe jetzt Ihre Methoden durchschaut!«
    »Wer hat den verstorbenen Lord Lebanon nach seinem Tod gesehen?« fuhr Tanner erbarmungslos fort.
    »Dr. Amersham.«
    »Sie nicht?«
    »Nein. Außer Amersham nur noch Gilder und Brooks. Sie haben alles Nötige getan und ihn in den Sarg gelegt.«
    »Und Dr. Amersham hat den Totenschein ausgefertigt. Wenn ich Sie also recht verstehe, starb Lord Lebanon, und nach seinem Tod haben ihn nur Amersham, Gilder und Brooks gesehen. Und dabei war Amersham sehr stark an seinem Ableben interessiert.« Er sah, daß sie zusammenfuhr. »Ich will niemand anklagen, ich stelle nur Tatsachen fest. Er hat Sie erpreßt, weil er etwas wußte. Und nun möchte ich gern hören, ob er mit diesen Erpressungen begann, bevor der Lord starb? Es wäre jedenfalls sehr interessant, das zu erfahren.«
    »Ich glaube schon, daß Sie auch noch viele andere Dinge interessieren würden«, entgegnete sie hochfahrend.
    »Gewiß. Warum haben Sie zum Beispiel heute morgen Ihren Parkwächter fortgeschickt? Sie haben ihm eine große Summe gegeben – ich weiß allerdings nicht genau, wieviel. Das Geld haben Sie zwei Tage vorher von der Depositenkasse in Marks Thornton abgehoben. Sie gaben ihm das Geld, damit er fortgehen sollte. Ich weiß es so genau, weil ich die Nummern der Banknoten erfuhr und weitere Nachforschungen über ihren Verbleib anstellte.«
    Sie ließ ihn keinen Moment aus den Augen.
    »Das ist das erste, was ich davon höre. Der Parkwächter ist fortgegangen? Ich habe ihm Geld gegeben, aber für Zwecke, die nur ihn selbst angehen. Mehr weiß

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