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1052 - Finale auf Chircool

Titel: 1052 - Finale auf Chircool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Erwachen spät am nächsten Morgen war von drei Wünschen begleitet.
    Jörg wollte Francette sehen. Er mußte einfach wissen, wie es ihr ging und was sie tat.
    Dieser Wunsch überwog alles andere.
    Dann mußte er wissen, ob die seltsame Pflanze, die er in der vergangenen Nacht in das Dorf geholt hatte, diesen Transport unbeschadet überstanden hatte. Das ließ sich am leichtesten bewerkstelligen. Er warf einen Blick aus dem Fenster (früher hatte er es Luk genannt!) und sah seine Pflanze in strahlender Frische.
    Beruhigt zog er sich einen anderen Pelz über und kaute ein Stück Dörrfleisch, das in langen Streifen von der Decke hing. Ein Schluck Wasser ergänzte das Frühstück.
    Der dritte Wunsch war eher eine Notwendigkeit. Jörg zweifelte aber nicht daran, daß er umgehend den „Kapitän" aufsuchen mußte, um ihm von dem nächtlichen Überfall zu berichten. Er brauchte noch eine glaubhafte Geschichte, die es erklären würde, warum er in der Nacht die Siedlung verlassen hatte. Vielleicht würde er den Zeitpunkt etwas vorverlegen, denn in Wirklichkeit war es nach Mitternacht gewesen, und da hatte wirklich kein Betschide draußen etwas zu suchen.
    Noch während er kaute und sich dabei den Schlaf aus den Augen wusch, überlegte er, wie er eigentlich den „Kapitän" nennen müßte. Er wußte, daß auch diese Bezeichnung ein Relikt aus der Vergangenheit war.
    Der Begriff Kommandant geisterte durch seine Gedanken, aber er empfand ihn ebenfalls als unpassend. Bei den Kranen, die ihre Welt annektiert hatten, hieß der oberste Herrscher Herzog. Noch während er darüber nachgrübelte, ob dies eine passende Bezeichnung für Claude St. Vain wäre, fiel ihm das richtige Wort ein. Doc Ming hatte es einmal erwähnt, obwohl der Heiler selbst nicht zu wissen schien, was es bedeutete.
    Jedenfalls stammte es aus der Geschichte der Urväter. Großadministrator! Ja, St. Vain war der Großadministrator der kleinen Betschidensiedlung auf Chircool.
    Zufrieden mit dieser Erkenntnis verließ Jörg die Hütte. Bis vor einem Jahr hatte er hier mit zwei anderen jungen Betschiden gelebt. Jetzt, wo er sechzehn Jahre alt war, wollte er ein eigenes Domizil haben. Er hatte dies verwirklicht.
    Der einzige Mensch, mit dem er seine Unterkunft noch einmal teilen würde, war Francette. Er wurde traurig, als er erkannte, daß es noch sehr lange dauern würde, bis dieser Traum in Erfüllung gehen würde. Vielleicht, so bekannte er sich selbst gegenüber, würde er nie in Erfüllung gehen.
    Die Sonne sandte ihre wärmenden Morgenstrahlen hernieder, als er sich mit erhobenem Haupt dem Konferenzsaal näherte.
    Er schalt sich innerlich einen unreifen Narren, weil er in seinen Gedanken das Wort Konferenzsaal benutzte. In Wirklichkeit war dieser nichts anderes als ein von allen Pflanzen befreiter Platz in der Mitte des Dorfes direkt vor der jämmerlichen Hütte des Großadministrators, die dieser Kommandozentrale nannte.
    Mindestens drei Dutzend Betschiden hatten sich dort versammelt. Jörg hörte schon von weitem ihre aufgeregten Gespräche. Das war ungewöhnlich, denn normalerweise herrschten hier Friede und Eintracht. Der Großadministrator verteilte die Aufgaben an die Bauern und Jäger, damit die tägliche Versorgung mit Nahrungsmitteln sichergestellt war.
    Nur gelegentlich gab es besondere Anordnungen.
    Das war der Fall, wenn ein Betschide gestorben war. Er mußte dem All übergeben werden ...
    Jörg schnaufte ärgerlich, weil er schon wieder in eine der falschen Phrasen verfallen war.
    Er mußte in der Schlucht beigesetzt werden, dachte er intensiv. Doc Ming stand mitten unter den erregten Leuten. Jörg suchte seine Nähe, denn er vertraute ihm mehr als St. Vain. Vor dem Heiler lagen sechs Betschiden auf dem Boden. Sie stöhnten und jammerten und mußten von anderen Betschiden gewaltsam festgehalten werden.
    Jörg stellte sich unauffällig in die Reihe der Neugierigen und hörte ihren erhitzten Gesprächen zu. Schon nach kurzer Zeit wußte er, was geschehen war.
    Sechs Betschiden war in der vergangenen Nacht ihr Spoodie gewaltsam entfernt worden. Die Eingriffe waren so brutal und primitiv erfolgt, daß einige der Betroffenen mit dem Leben kämpften. Sie hatten viel Blut verloren, das der Doc jetzt zu stillen versuchte.
    Noch schlimmer schien jedoch die psychische Belastung der Beraubten zu sein. Ohne ihren Spoodie, an den sie sich sehr schnell gewöhnt hatten, fühlten sie sich nur noch wie halbe Menschen. Es war, als ob man ihnen einen Teil des

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