1052 - Finale auf Chircool
wunderbaren Augen zu blicken.
Sie hielt seinem Blick gelassen stand. Sonst rührte sich nichts in ihrem Gesicht.
Als er direkt neben ihr war und die dichtgedrängten Betschiden zur Seite schob, flüsterte sie ein einziges Wort: „Angeber!"
3.
Auf dem Weg zu seiner Hütte war Jörg so in seine Gedanken vertieft, daß er mit Barda Want, einer etwa fünfzigjährigen Betschidin, zusammenstieß. Die Frau bog um die Ecke eines Getreidesilos, so daß er sie zu spät sah.
Er murmelte ein Wort der Entschuldigung, aber Barda hielt ihn am Arm fest, bevor er weitereilen konnte.
„Was ist mit dir los, Jörg?" erkundigte sie sich freundlich. „Du machst ja einen völlig verstörten Eindruck."
„Nichts." Er schob ihre Hand von seinem Arm. „Laß mich in Ruhe."
Barda Want war eine Bäuerin. Jörg kannte sie nur flüchtig. Um so mehr wunderte er sich, daß ihn ein starkes Gefühl der Abneigung beschlich, als er seinen Weg fortsetzte.
Ihre Augen hatten ihn so merkwürdig angestarrt.
Oder bildete er sich das nur ein?
Es gab für ihn keinen Grund, Unwillen gegenüber der Betschidin zu empfinden.
Dennoch wurde er das Gefühl nicht los.
In seiner Hütte nahm er seine Waffen an sich. Er wollte hinaus in den Wald. Die Jagd würde ihn ablenken.
Bevor er die Siedlung verließ, ging er noch einmal zu seiner Pflanze. Er hegte Zweifel, ob er sie überhaupt so verwenden konnte, wie er es sich in seinen Träumen ausgemalt hatte. Möglicherweise würde er alles noch schlimmer machen, wenn er seinen Plan in die Tat umsetzte. Vielleicht würde sie ihn auslachen und so demütigen, daß er alle Chancen für immer vertan hätte.
Die Pflanze hatte ein Blatt verloren. Es lag reglos auf dem Boden. Ansonsten machte sie aber einen guten Eindruck.
Jörg Breiskoll hob das Blatt auf und drehte es in seiner Hand. Verwundert stutzte er, als er die Schrift sah. Sie war nicht so sauber und deutlich wie der Schriftzug aus der Nacht, aber klar lesbar. Noch erstaunter war er, als er las, welche Buchstaben sich aus den dunkelblauen Kapillaren geformt hatten.
Er mußte in der, Schlucht beigesetzt werden, stand dort.
Zunächst rätselte der junge Betschide über das Zustandekommen dieser Worte nach.
Dann fiel ihm ein, daß er auf dem Weg zum Dorfplatz genau diesen Satz bewußt intensiv gedacht hatte.
War es möglich, daß die Pflanze über eine so große Entfernung aus seinen Gedanken diesen Schriftzug gebildet hatte? Vielleicht war die Distanz der Grund dafür, daß die Buchstaben diesmal nicht so sauber abgebildet worden waren.
Er steckte das Blatt ein und machte sich auf den Weg. Er wollte allein sein.
Außerhalb des Dorfes passierte er die Robotstation der Kranen, die mit ihren Stahlwänden, Antennen und künstlichen Bauten einen krassen Widerspruch zur natürlichen Umgebung darstellte. Er warf nur einen kurzen Blick auf die kleine Festung, die längst ein akzeptierter Bestandteil im Leben der Betschiden geworden war.
Der Wald nahm ihn auf. Jörg schritt schnell aus und blickte sich dabei mehrmals um.
Niemand folgte ihm. Auch sein sensibles Gefühl bestätigte dies.
Der Großadministrator wollte nicht, daß die Jäger allein zur Jagd zogen. Normalerweise ging man in einer Dreiergruppe, weil so die Gefahr durch einen Überfall der Bestien reduziert wurde.
Auf einer kleinen Waldlichtung hockte sich Jörg in das Gras. Er zog das Blatt heraus und studierte die Schrift noch einmal.
„Ich werde dich Kritzel nennen", murmelte er und meinte damit die Pflanze. „Du sollst meine Botschaft zu Francette bringen."
Er stellte sich das hübsche Gesicht des Mädchens vor. Im gleichen Augenblick verschwammen die Buchstaben auf dem Blatt. Sie formten sich um. Ein Gesicht entstand.
Es wirkte unfertig, aber es war eindeutig das Gesicht Francettes.
Jörg pfiff durch die Zähne. Er hatte nicht damit gerechnet, daß das abgefallene Blatt noch auf seine Gedanken reagieren würde. Offensichtlich barg Kritzel noch Geheimnisse, von denen er nicht einmal träumen konnte.
Er stellte sich eine freie und glatte Fläche vor, und sofort verschwanden die Gesichtszüge wieder. Dann verstaute er das Blatt in seiner Brusttasche.
Als er lange nach Mittag ins Dorf zurückkehrte, erwartete ihn Doc Ming.
„Ich habe dich gesucht, Jörg", begann der Heiler. „Meine Sorgen sind groß. Etwas braut sich über uns zusammen, aber ich weiß nicht, was es ist. Walis Emerson, einer der Überfallenen, ist vorhin gestorben. Die Wunden, die man ihm bei der gewaltsamen
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