1053 - Die Rache der Geköpften
lassen, damit der Qualm zumindest teilweise vertrieben wurde.
Hin und wieder schaute sie auf die Bauten des Instituts. Sie waren nicht hoch, dafür mehr breit. Was sich in ihrem Innern tat, war von außen nicht zu sehen. Forschungsanlagen, hieß es. Menschen, die sich mit der Zukunft beschäftigten. Die Projekte am Labortisch ausklügelten, die später industriell genutzt werden sollten. Man ließ den Teams freie Hand, man schaute von offizieller Seite nicht so genau nach, weil der Erfolg schließlich die Mittel rechtfertigte, denn die Konkurrenz in den anderen Ländern schlief nicht.
Nach außen hin wurde es niemals zugegeben. Da hielt man die Forscherethik sehr hoch, aber es gab schon einige Politiker, die Bescheid wußten, denn Lebewesen zu züchten oder zu klonen, war einfach zu einem wenn auch perversen Sport geworden.
Hinter den Mauern des Instituts wurde in diese Richtung hin geforscht. Dr. Larissa Larkin gehörte zum inneren Team. Sie wußte sehr viel, aber sie würde ihr Wissen nicht offen preisgeben. Jetzt noch nicht. Vielleicht in einigen Jahren, wenn die Zeit reif war.
Larissa atmete stöhnend und ungeduldig aus. Dabei schaute sie auf die Uhr am Armaturenbrett. Noch achtzehn Minuten bis Mitternacht. Länger wollte sie auf keinen Fall warten. Danach sollte Ed Quinn sehen, wie er nach Hause kam.
Ed war ihr Kollege. Die beiden verstanden sich gut. Beruflich als auch privat. Hin und wieder schliefen sie miteinander, aber es war keine Liebe mit dabei. Es ging ihnen allein um den Kick. Was der Mensch brauchte, das mußte er sich eben holen.
Dabei war Ed Quinn nicht einmal ein attraktiver Mann. Klein, spärliches Haar, das in braunen Strähnen auf seinem Kopf wuchs und wie Zottel auslief. Er hatte eine große Nase, schmale Lippen und war schon wegen seiner Unattraktivität irgendwie interessant.
Außerdem ziehen sich Gegensätze hin und wieder an.
Larissa Larkin sah sich als einen solchen Gegensatz. Sie war 35, attraktiv. Eine forsche Frau. Immer sicher im Auftreten. Der blondierte Kurzhaarschnitt paßte zu ihr und dem schmalen Gesicht mit den blaugrauen Augen.
Sie hatte es nie leicht in ihrem beruflichen Leben gehabt. Aber sie war intelligent, diszipliniert, arbeitsam, und auch bereit Dinge zu tun, die anderen Menschen zuwider waren. Manchmal mußte man sich eben über bestimmte Regeln hinwegsetzen, um etwas zu erreichen. Was heute noch verachtet wurde, konnte möglicherweise schon in wenigen Jahren ein großer Segen für die Menschheit sein.
Sie drückte die Zigarette aus. Der Ascher war beinahe voll. Die Hand zuckte schon zur Schachtel, um ein nächstes Stäbchen hervorzuholen, als Larissa es sich überlegte. Nein, sie wollte es nicht tun.
Sie brauchte es nicht. Sie war stark.
Der Wind war aufgefrischt. Kühl fuhr er in den Wagen hinein und strich dabei auch um den Kopf der Frau. Larissa zog den hellen Mantel enger um ihren Körper zusammen und stellte den Kragen hoch. Die Zeit lief weiter, doch Ed Quinn ließ sich nicht blicken, und das wiederum ärgerte sie gewaltig.
Er hatte ihr versprochen, pünktlich zu sein. So lange mußte er nun wirklich nicht vor seinen Apparaten sitzen. Außerdem war die Polizei nicht mehr im Haus. Die Beamten hatten ihre Vernehmungen abgeschlossen, die sich über Tage hingezogen und die Arbeit im Institut behindert hatten.
Es war etwas Schreckliches geschehen. Ein Kollege von ihnen war umgebracht worden. Jemand hatte Igor Manski gefesselt unter eine Kreissäge gelegt, die ihm dann den Kopf vom Körper getrennt hatte.
Ein furchtbarer Mord, über den alle Mitarbeiter im Institut entsetzt gewesen waren und für den es offiziell kein Motiv gegeben hatte, denn Manski war anerkannt gewesen. Eine Kapazität auf dem Gebiet der Gentechnik. Ein »Kloner« par exzellence, der viel mehr wußte, als die meisten anderen Mitarbeiter.
Er hatte mit seinem Wissen nie geprotzt und es ausschließlich für sich behalten. Hin und wieder, wenn er gut drauf war, hatte er einige Tips gegeben. Eingeworfen in Nebensätzen, und dann hatten andere nur darüber staunen können, wozu dieser Mann fähig war.
Wenn es irgendwo hakte und die Kollegen keinen Weg fanden, um eine gewisse Forschung weiterzutreiben, war Manski eingesprungen.
Ansonsten arbeitete er allein. Die Firmenleitung hatte ihm das Labor zur Verfügung gestellt. Was hinter diesen Türen geschah, das wußte kaum jemand im Institut. Außerdem war Manskis Arbeitsplatz stets gesichert und abgeschlossen.
Plötzlich war er tot
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