1055 - Vampire, Karina und wir
Rotwein viel zu hastig. Er verzichtete auf den Genuß, schüttelte den Kopf und dachte wieder an Franco.
Er war schon ziemlich lange weg. Die Ungeduld des Mafioso wuchs. Costello wollte erfahren, wo sich Franco aufhielt und rief seinen Vertrauten über Handy an.
Franco meldete sich sofort.
»Wo bist du?«
»Bei Versini.«
»Und?«
»Wir sind auf dem Weg.«
»Gut. Kannst du reden?«
»Natürlich.«
»Hat er etwas gemerkt?«
»Nein, ich habe ihm erklärt, daß wir über eine Umstrukturierung der Wettbüros reden.«
Costello lachte beinahe schon kichernd. »Kompliment, mein Lieber, Manchmal bist du richtig gut und kannst dich auch entsprechend ausdrücken.«
»Ich hatte auch einen guten Lehrmeister.«
»Klar, habe verstanden.« Der Tonfall zwischen den beiden Männern war vertraulicher geworden.
»Darf ich noch fragen, ob unsere Kontaktperson inzwischen angerufen hat?«
»Nein, hat sie nicht.«
Costello hörte Franco atmen. »Das sieht nicht gut aus, muß ich ehrlich sagen.«
»Warum nicht?«
»Weil sie sich auch nicht an ihrer Arbeitsstelle gemeldet hat.«
»Du meinst diese Kontaktbar?«
»Si.«
Nach einer Weile fragte Costello. »Wo könnte sie sein? Was denkst du, Franco?«
»Ich will den Teufel nicht an die Wand malen. Obwohl ich sie schon zum Teufel wünschte. Ich kann mir auch denken, daß sie der Polizei ins Netz gegangen ist.«
Costello räusperte sich. »Das wäre nicht gut, meine ich. Gäbe es denn einen Grund?«
»Sie müßte schon aufgefallen sein.«
»Wem? Karina?«
»Unter anderem. Mehr den Bullen.«
Costello knirschte vor Wut mit den Zähnen. »Wenn das tatsächlich zutreffen sollte, lasse ich sie fertig machen. Das schwöre ich dir. So dumm kann und darf niemand sein.«
»Dabei war sie immer zuverlässig. Sonst hätte ich sie nicht ausgesucht. Karina ist auch nicht da?«
»Nein, noch unterwegs.«
Franco lachte leise. »Was weiß sie denn alles?« fragte er, »sollte sie zu den Bullen gegangen sein?«
»Sie weiß nichts. Sie ahnt höchstens etwas. Ich will auch jetzt nicht den Stab über sie brechen, denn ich habe ihr bis zum Abend frei gegeben. Sollte sie den Zeitpunkt nicht einhalten und die Nacht über wegbleiben, wissen wir Bescheid.«
»Und was geschieht dann?« fragte Franco lauernd.
Costello verzog die Lippen, bevor er sprach. »Dann, Amigo, gehört sie dir!«
»Darauf freue ich mich!«
Das Betongesicht beendete das Gespräch grußlos. Er wußte genau, was Franco damit angedeutet hatte, und selbst er bekam einen kalten Schauer. Sein Vertrauter hatte in seinem neunundzwanzigjährigen Leben viel gelernt. Unter anderem war ihm nichts fremd, das mit Gewalt und Folter zu tun hatte. Wenn er Karina in die Finger bekam, würde er keine Rücksicht darauf nehmen, daß sie eine Frau war.
»Ich wünsche es dir nicht, Mädchen«, flüsterte er. »Denn bei Franco hast du keine Chance.«
Er rollte wieder zurück. Der Blick auf die Uhr. Costello rechnete nach. Er war satt, sein Durst war gelöscht, er konnte wieder nach unten fahren.
Eine Störung hatte er sich schon zuvor verbeten. Deshalb wagte auch niemand, sein Arbeitszimmer zu betreten. Der nächste Weg führte ihn wieder zurück in den Keller.
Starr auf dem Rollstuhl sitzend, fuhr er der Unterwelt entgegen.
Dazu hatte er den besonderen Knopf gedrückt, so daß er eine Etage unter das normale Kellerniveau gebracht wurde, denn nur dort befanden sich seine Folterkammern.
Wieder fuhr er hinein in die Kälte. In die klamme Luft, die so gar keinem Vergleich mit der des Arbeitszimmers standhielt. Gegensätzlicher konnten die Unterschiede einfach nicht sein. Auch das gehörte zu seinem Leben. Auf der einen Seite der Prunk, auf der anderen der Geruch nach Blut und Tod.
Ein einsamer Mensch fuhr durch den Gang und stoppte für einen Moment vor der Verliestür. Das Deckenlicht war kalt und strahlte auch den Mafioso an. Das Licht war gut für hier unten. In seiner Welt mochte er es nicht.
Wenig später rollte er über die Schwelle in die Welt der Vampire hinein, die er nicht sah, aber hörte und auch wieder roch, denn diesen Gestank hier unten hatte seine Nase schon wieder vergessen gehabt. Auch damit mußte er sich zurechtfinden. Es führten eben nicht alle Wege auf sympathische Art und Weise zum Ziel.
Der Vorhang bewegte sich wieder. Die Blutsauger spürten, daß sich eine Beute in der Nähe befand. Wieder stießen ihre Hände durch die Lücken und drückten den Stoff nach außen.
Costello lachte. »Geduld!« rief er ihnen
Weitere Kostenlose Bücher