1056 - Blutsauger Costello
meine Opfer dann in meine Vampirwelt schicke, wo sie das Wunder einer neuen Geburt erleben.«
»Ja, ich habe verstanden«, flüsterte Costello. Er konnte den Schweißausbruch nicht vermeiden. Er ahnte Schreckliches. Die drei Vampire hinter ihm waren satt, sie hatten Blut trinken können. Im Gegensatz zu Costello. Er brauchte es noch. Er war auf seine Art und Weise zu schwach. Er mußte so rasch wie möglich an das Blut herankommen und es für sich schlürfen. Da gab es nur die eine Chance. Den eines Blutsaugers. Den Menschen, der vor ihm in einem Rollstuhl hockte und sich nicht wehren konnte.
Costello schaffte nur mit großer Mühe seine nächste Frage. »Du… meinst mich damit?«
»Wen sonst?«
Der Mafiaboß schloß die Augen. Er versuchte, das Zittern zu verbergen. Er wollte seine Angst nicht zeigen. Es kostete ihn schon übermenschliche Anstrengungen, sich zusammenzureißen. »Es ist gegen unsere Pläne und Abmachungen«, brachte er schließlich mühsam hervor. »Du hast dich auf meine Seite gestellt. Du wolltest mit mir einen Pakt eingehen, aber jetzt hast du mich verraten.«
»Nein, das habe ich nicht. Ich bin mit dir einen Pakt eingegangen, mein Freund.«
»Welchen denn?«
»Wir halten zusammen, verstehst du das nicht? Wir gehören zusammen, aber so wie ich es will.«
»Was willst du denn, verflucht?«
»Dich in meinen Kreis aufnehmen.«
Logan Costello drückte sich zurück. Er konnte nicht fliehen, das wußte er. Aber er schüttelte den Kopf. »Wenn du das tust, bricht mein Imperium zusammen. Dann hast du gar nichts. Dann ist die Mafia in London führerlos…«
»Warum sollte sie das sein? Oder bist du nicht in der Lage, sie auch als Vampir zu regieren?«
»Nein, nein. Ich wäre anders. Ich könnte mich nicht mehr offen zeigen. Es würde sich bald herumgesprochen haben, daß ich verschwunden bin. Glaube nicht, daß es keine Konkurrenten gibt. Sie sind da. Sie warten auf meine Fehler. Sie lauern, um über mich herfallen zu können. Sie reißen alles an sich, wenn ich nicht mehr bin.«
»Keine Sorge, du wirst sein. Aber du wirst nicht allein sein, Logan Costello. Hinter dir stehen deine neuen Helfer. Sie werden dein Imperium zusammenhalten, und ich habe mich darauf eingestellt, im Hintergrund zu agieren. Wer mit mir einen Kontrakt schließt, muß davon ausgehen, daß ich die Regeln bestimme. So habe ich es immer gehalten, und so wird es auch in der Zukunft sein.«
Costello konnte es noch immer nicht fassen. Er schüttelte den Kopf. »Willst du aus den Mafiosi eine blutsaugende Vampirbande machen?«
»Ja, das ist der erste Schritt, Costello. Ich will herrschen, verstehst du? Nicht nur als Mafioso, ich will London unter meine Knute bekommen. Ich will die Stadt. Deshalb brauche ich dich und deine Mannschaft. So einfach ist es.«
»Die kannst du auch haben, Mallmann. Aber warum müssen es ausgerechnet Vampire sein?«
»Weil ich ebenfalls dazu gehöre, und ich weiß, daß ich mich nur auf sie verlassen kann. Dein Haus steht noch. Es wird von dir nicht mehr bewohnt werden. Meine Freunde und ich schaffen dich an einen sicheren Ort. Von dort aus kannst du weiter regieren. Du bist nicht aus dem Spiel, du hast dich nur zurückgezogen. Du wirst auch weiterhin mit deinen Männern zusammenarbeiten können, nur unter anderen Bedingungen. Du wirst sie von deinem Versteck aus befehligen können. Sie werden viele Aufgaben wahrnehmen. Sie werden noch härter vorgehen können als sonst. Denn sag mir einen, der sie stoppen kann.«
»Sinclair!« Der Name seines Feindes brach aus Costellos Mund hervor. »Sinclair kann es.«
»Ja, er wird es versuchen. Nur vergiß nie, mein Freund, daß wir in der Überzahl sind. Wenn wir wollen, können unsere Freunde ins Unendliche wachsen. Du solltest umdenken und froh darüber sein, daß wir auf einer anderen Basis zusammenarbeiten. Irgendwann in nicht zu ferner Zeit wird London uns gehören, das schwöre ich dir.«
Costello hatte zugehört. Jedes Wort verstanden. Die Zukunftsaussichten hörten sich gut an. Im Normalfall hätte er sich auch damit anfreunden können, aber das war hier nicht normal. Er würde sein menschliches Leben lassen und als Blutsauger weiterhin existieren.
Das konnte ihm nicht gefallen. Er war mittlerweile so alt geworden. Er hatte schwere Kämpfe und Auseinandersetzungen hinter sich. Es war ihm gelungen, die Konkurrenz mit brutalen Methoden aus dem Feld zu schlagen und jetzt dies.
War das sein Ende? Oder der Anfang vom Ende?
Zitternd saß er im Stuhl.
Weitere Kostenlose Bücher