1056 - Blutsauger Costello
Seine Hände waren um die beiden Lehnen gekrampft, als wollte er das harte Material zerdrücken. Er spürte den Blutstau in seinem Gesicht und konnte das heftige Zittern nicht unter Kontrolle bringen.
Mallmann aber lächelte. Er ließ sich nicht beirren. Für ihn waren die Dinge längst geplant. Er wollte endlich die Theorie in die Praxis umsetzen und beugte sich vor.
Er ging noch einen Schritt weiter.
Dann stieß er mit seinen Beinen gegen Costellos Knie. Der Mafioso löste seine Hände von den Lehnen. Er wollte zumindest sein Gesicht und damit auch den Hals schützen.
Mallmann schüttelte nur den Kopf.
Tyra griff ein. Von hinten her umfaßte sie Costellos Handgelenke mit hartem Griff. Nahezu lässig bog sie seine Arme zurück, so daß er wehrlos war.
Logan Costello bäumte sich auf. Er hatte die Augen weit aufgerissen, der Mund stand ebenfalls offen, und er saugte die Luft scharf ein.
»Es gibt kein zurück mehr!« flüsterte Mallmann. Er hatte den Blutstein wieder verschwinden lassen, um beide Hände frei zu haben. Nahezu sanft beugte er sich nach vorn, um sein Gesicht in die Nähe des Zielpunkts zu bringen.
Costello schüttelte den Kopf. Es sah schon bemitleidenswert aus, wie er versuchte, dem Vampirbiß zu entgehen. Es war nicht zu schaffen. Er packte es nicht. Die andere Seite war stärker, denn Tyra stand voll und ganz auf Mallmanns Seite. Sie drückte Costellos Kopf mit einer harten Bewegung nach rechts, damit der Hals frei lag.
Mallmann war routiniert genug, um zu wissen, wie er den Biß anzusetzen hatte. Er brauchte nicht einmal groß zu zielen, es war, als würde sein Kopf genau in die Richtung geführt.
Dann biß er zu.
Es ging blitzschnell, und Costello ärgerte sich darüber, daß er alles so genau mitbekam. Man hatte ihm keine Chance zur Flucht gegeben. Das gleiche galt für sein Bewußtsein. Er konnte es einfach nicht ausschalten. Der große Mafiaboß erlebte seinen eigenen Tod mit, der nicht zu schnell zuschlug, sondern sich Zeit ließ.
Er spürte die kalten Lippen an seiner warmen, schweißbedeckten Halshaut. Sie klebten daran fest wie geronnenes Eis. Er hatte die Einstiche mitbekommen. An zwei Stellen hatte der Blutsauger zugebissen, der Unterschied war für Costello kaum feststellbar gewesen.
Das erste Schmatzen!
Es war für ihn wie ein Abschied von der normalen Welt. Ein letztes Geräusch aus dem Leben. Tyra hatte seine Hände losgelassen. Sie und die Arme schwebten über den Lehnen in der Luft, als wären sie von Fäden gehalten worden. Sein Gesicht war bereits starr. Er schaute an Mallmann vorbei, ohne jedoch etwas sehen zu können.
An seiner linken Halsseite hing Mallmann wie ein Rieseninsekt. Festgesaugt und festgebissen hatte er sich. Er gab Costello keine Chance. Er wollte sein Blut haben, und das bis zum letzten Tropfen.
Nur so war seine weitere Existenz gesichert.
Er saugte.
Seine Lippen bewegten sich, und auch die Umgebung des Mundes zuckte immer wieder.
Noch lebte Costello als Mensch. Er bekam sogar mit, wie aus den Bißwunden das Blut strömte. Er hörte es nicht sprudeln, bildete sich allerdings dieses Geräusch ein.
Mallmann trank.
Er kannte sich aus. Das Blut spritzte gegen seine Zunge, von der es weiter in die Kehle hineingeleitet wurde. Es war für ihn der reine Genuß, dem er sich immer wieder hingeben mußte. Allein die Tatsache, daß er die Macht über die Menschen besaß, machte ihn fast verrückt und versetzte ihn in einen Taumel.
Er - er allein konnte über Leben und Sterben eines Menschen bestimmen. Er war wie ein Gott!
Costello saß noch immer starr. Er hatte die Grenze zwischen den Daseinsebenen nicht erreicht. Er fühlte sich mehr als Mensch. Er dachte noch. Er war aber auch geschwächt, denn seine Gedanken bewegten sich von ihm fort. Er merkte, wie seinem Gehirn etwas Wichtiges entrissen wurde und konnte sich nicht dagegen wehren.
Sein Menschsein floh und floß dahin. Die andere Seite drängte sich näher. Die düstere, die unheimliche. Die Seite und die Kraft, die ein unheilvolles Leben garantierte.
Noch einmal bäumte sich das Leben in ihm auf, während der Blutsauger auch weiterhin an ihm hing wie eine Klette. Costellos Herz schlug noch. Überlaut. Es arbeitete und ackerte wie eine Maschine, die überholt werden mußte, weil sie letztendlich unregelmäßig schlug.
Tack, tack - Pause - dann wieder tack - tack…
Schwächer jetzt.
Langsamer.
Die Schatten wurden dichter. Obwohl Costello die Augen offenhielt, nahm er nichts mehr wahr. Um ihn
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