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1059 - Der Scharfrichter

1059 - Der Scharfrichter

Titel: 1059 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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am Tresen gesehen. Er war ein Klotz von Kerl, etwa Fünfunddreißig, und sein braunes Haar fiel lockig in den Nacken. An seinem linken Ohrläppchen baumelte ein kleiner Ring. Das Gesicht wurde durch eine halb eingeschlagene Nase verziert, und die kleinen Augen verschwanden fast in den Höhlen.
    Er trat nicht in die Rinne heran, sondern drückte bewußt langsam die Tür zu und baute sich vor ihr auf.
    Ich nahm sein Kommen gelassen hin. Für meine Hände wollte ich das feuchte Handtuch nicht benutzen, deshalb trocknete ich sie mir am Taschentuch ab.
    Dann drehte ich mich um. Ich wollte natürlich auf die Tür zugehen. Ich kam einen Schritt weit und sah, wie der Klotz den Kopf schüttelte. Seine offenstehende Lederweste machte dabei die Bewegungen mit.
    Ich lächelte. »Darf ich vorbei?« fragte ich.
    »Nein!«
    »Wenn Sie das sagen. Gibt es einen Grund?«
    »Ja.«
    »Dann sagen Sie ihn.«
    Der Typ zog erst mal die Nase hoch und hob die Schultern an. Er machte Männchen und wollte seine Stärke demonstrieren. »Das Essen hat dir geschmeckt, das Bier sicherlich auch, und ich werde dir jetzt sagen, daß du deine Zeche zahlst, dich in deine Karre setzt und so schnell wie möglich verschwindest. Klar?«
    »Ich habe alles gehört.«
    »Dann richte dich danach.«
    »Darf ich trotzdem fragen, warum ich hier aus Mayne verschwinden soll? Ich meine, ich habe keinem etwas getan. Bin friedlich in den Gasthof gekommen, habe in Ruhe gegessen und getrunken, werde auch meine Rechnung bezahlen, brauche aber im Prinzip keine Aufforderung, wann ich zu gehen habe. Wir leben in einem freien Land, in einer Demokratie und…«
    »Wir sind hier in Mayne!« belehrte er mich, und der drohende Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    »Ja, das weiß ich.«
    »Hier gelten andere Gesetze, verstehst du?«
    »Nein, nicht direkt.«
    »Wir wollen keine Schnüffler.«
    »Ach. Habe ich geschnüffelt?«
    »Ja.«
    »Wie denn?«
    »Du hast dich mit dem Wirt hier unterhalten. Wolltest dich umschauen und über was schreiben.«
    »Das ist genau richtig. Gratuliere.«
    »Aber wir wollen nicht, daß man über uns schreibt.«
    »Ihr habt Angst?«
    Diese Frage brachte ihn aus dem Konzept und gab seiner Selbstsicherheit einen Knacks. »Angst? Wir kommst du darauf?«
    »Angst davor, daß noch mehr Menschen verschwinden. Einige Bewohner sind ja nicht mehr aufgetaucht, wie ich hörte.«
    »Ach«, flüsterte er, »du weißt verdammt viel.«
    »Es ließ sich nicht vermeiden.«
    »Doch, doch!« blaffte er mich an. »Es wird und muß sich vermeiden lassen, und dafür werde ich sorgen!« Er war nicht mehr zu halten. Er wollte mir seine Meinung auf den Körper polieren, und er war sich seines Sieges völlig sicher.
    In dieser Toilette gab es auch keinen Platz zum Ausweichen. Ich würde mit ihm auf Tüchfühlung geraten.
    Körperliche Auseinandersetzungen überließ ich lieber Suko. Der verstand mehr davon. Ich konnte ihn nicht herzaubern, und deshalb mußte ich mit dem Knaben allein fertig werden.
    Er war groß, wuchtig, hatte einen Bauch und war wohl so etwas wie der Dorfschläger. Ihm war auch nie Widerstand entgegengesetzt worden, und so reagierte er auch. Er holte langsam aus, vernachlässigte dabei seine Deckung, weil er mich überhaupt nicht als Gegner ansah.
    Bevor mich seine Faust erwischte, wurde er starr und schnappte nach Luft. Sein Gesicht fror ein, die Augen quollen ihm aus den Höhlen, denn ich war mit meinem Tritt schneller gewesen. Und er hatte ihn an dem erwischt, was man bei einem Mann Halblitergeschwür nennt, nämlich seinen Bauch.
    Da war er empfindlich. Auch am Nacken. Mein Handkantenschlag war kaum zu hören, als ich traf, aber die Kraft schüttelte den Mann durch. Er fiel zur Seite, taumelte dabei, bekam wieder Luft und konnte auch sprechen. Unzusammenhängende Worte stieß er brockenweise hervor. Sie waren auch nicht zu verstehen. Ich schaute zu, wie er auf die Rinne zutaumelte. Davor war es feucht.
    Er rutschte aus, konnte sich nicht halten und blieb wie ein langes, schweres Paket in der Rinne liegen.
    Ich hörte seinen Fluch, nickte ihm zu, wünschte ihm noch viel Spaß und verließ die Toilette. Manchmal ist Schnelligkeit besser wie Stärke. Außerdem muß man wissen, wohin man schlägt oder tritt.
    Zudem war der Typ nicht eben durchtrainiert gewesen. Er hatte sich nur auf seine Kraft und sein Gewicht verlassen. Kondition war für ihn ein Fremdwort. Völlig normal und locker betrat ich wieder die Gaststube und war auf die Reaktionen

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