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106 - Schatten des Krieges

106 - Schatten des Krieges

Titel: 106 - Schatten des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Grasmeer hinterließ, als er zu den anderen aufschloss, gab einen kurzen den Blick auf den reglosen dasitzenden Aiko frei.
    Grinsend kam der Blonde näher, ließ sich zwischen ihren gewaltsam gespreizten Beinen nieder und langte nach Honeybutts Gürtelschnalle. Da sie jegliches Aufbäumen eingestellt hatte, glaubten die Pales wohl, dass ihr Widerstand gebrochen wäre, und ließen in der Aufmerksamkeit nach.
    Ein Fehler! Honeybutt legte alle Kraft in ihr linkes Bein. Sie riss es aus dem Griff des Kriegers, winkelte es an - und versenkte den Absatz ihres Kampfstiefels in den Lendenschurz des Häuptlings.
    Mit einem scharfen Laut entwich die Luft aus seinen Lungen, bevor er mit einem hohen jaulenden Ton zur Seite kippte, beide Hände fest in den Schritt gepresst.
    Unstet flackernd beleuchteten die nahen Flammen Honeybutts kurzfristigen Triumph. Doch schon im nächsten Moment prasselten Schläge von allen Seiten auf sie herab.
    Honeybutt wehrte sich nach Kräften, ohne viel auszurichten.
    Dass sie damit noch mehr Prügel einsteckte, nahm sie in Kauf - um alle Aufmerksamkeit der Pales auf sich zu ziehen.
    Denn durch die Grasschneise sah sie, wie sich Aiko langsam aufrichtete. Seine leeren Augen glänzten im Widerschein des Feuers. Er registrierte, was mit ihr passierte, doch er schien es nur wie durch eine Nebelwand hindurch wahrzunehmen. Statt aufzuspringen und ihr zu Hilfe zu eilen, starrte er in seine Handfläche, als ob es dort etwas Wichtiges zu sehen gäbe.
    Mehr konnte Honeybutt nicht erkennen, denn der blonde Häuptling füllte plötzlich wieder ihr Gesichtsfeld aus. Wut und Schmerz verzerrten sein Gesicht zu einer geifernden Fratze.
    Trotz seines malträtierten Unterleibes wollte er Honeybutt weiter Gewalt antun, diesmal jedoch mit seiner Axt statt mit seinem swoot .
    Die Rebellin bäumte sich in einem letzten Versuch auf, die Peiniger abzuschütteln. Zwecklos. Vor dem tödlichen Schlag gab es kein Entkommen. Das stumpfe Ende der Axt schwebte bereits über ihr, zielte direkt auf das Jochbein, um es zu zertrümmern.
    Doch statt die Bewegung zu Ende zu führen, erstarrte der Häuptling zur Salzsäule. Das Wurfbeil entglitt seinen Fingern und schlug neben Honeybutt zu Boden.
    Aus seinem Hals, dicht über dem Kehlkopf, entsprang plötzlich ein roter Strahl, gefolgt von der Spitze eines silbernen Dorns. Die Augen quollen ihm schier aus dem Kopf. Seine Lippen öffneten sich, ohne einen Laut hervorzubringen. Gleich darauf kippte er zur Seite - und gab den Blick auf Aiko frei, der einige Mühe hatte, seinen Dorn aus dem Sterbenden zu lösen, bevor er sich dem nächsten Pale zuwandte.
    Honeybutt spürte, wie die Gewichte von ihrem Körper wichen, weil sich alle vier Pales gleichzeitig auf den neuen Gegner stürzen wollten. Schnell griff sie nach dem herrenlosen Wurfbeil und schlug nach einem der Krieger, bevor er außer Reichweite war.
    Was danach geschah, versank in einem roten Wirbel, der ihre Sinne umnebelte. Alles, woran sich Honeybutt später erinnerte, war der unbedingte Überlebenswille, der von ihr Besitz ergriffen hatte. Und der Rachedurst für die versuchte Vergewaltigung…
    Und so taten sie und Aiko, was getan werden musste, um im wilden Meeraka zu überleben.
    »Pales!« Dieses Wort war das erste, was sie danach bewusst wahrnahm. Aiko stammelte es, wieder und wieder, während er sie mit dem rechten Arm fest an sich drückte. »Verfolger! Sind Pales! Ich habe mich erinnert. Sie folgen uns seit Tagen und wollen uns töten.«
    Sie sagte nichts, sondern erwiderte seine Umarmung.
    Inmitten der Flammen, die immer schneller um sich griffen, verharrten beide in dieser Geste der Zärtlichkeit, bei der es sich um mehr handelte als nur ein Versprechen. Es war ein Schwur.
    Sie würden es bis Amarillo schaffen, egal was noch kommen mochte.
    Trotz des Rauchs, der ihnen entgegen wehte, roch Honeybutt das Blut auf seiner und ihrer Kleidung. Ihr Kopf dröhnte. Sie spürte, wie ihre rechte Gesichtshälfte langsam anschwoll, doch das war egal.
    Erst viel später, als sie bereits wieder unterwegs waren und Aiko kein Wort mehr sprach, fühlte sie sich sterbenselend. Und plötzlich beneidete sie den Gefährten um die Gabe, in wenigen Minuten all das zu vergessen, was sie von nun an ein Leben lang begleiten würde.
    ***
    Er vergaß immer öfter, dass er ein Cyborg war. Auf dem langen Weg, der in Takeos Labor begonnen und im Washingtoner Bunker geendet hatte, waren McGoverns Erinnerungen zu seinen eigenen geworden. Immer öfter sah

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