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106 - Schatten des Krieges

106 - Schatten des Krieges

Titel: 106 - Schatten des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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keinen Stern auf, um die Prärie zu erhellen. Alles was sie sah, war die Glut des heruntergebrannten Feuers nahe der Büsche, zwischen denen zwei Decken so mit Gras und abgebrochenen Ästen ausgestopft waren, dass sich darunter die Konturen zweier Schlafender abzeichneten. In Wirklichkeit saß sie mit Aiko knapp zwanzig Meter von der Lagerstätte entfernt inmitten des aufragenden Grases, wie ein Fischer, der seinen Köder überwacht.
    Diese Falle war eine spontane Eingebung im Dämmerzustand zwischen Wachen und Träumen gewesen.
    Schlaf bedeutete einen Luxus, den Honeybutt sich nicht mehr leisten konnte. Derzeit musste sie für zwei denken und handeln.
    Aikos Beitrag zum gemeinsamen Überleben war kaum noch der Rede wert. Sein Zustand verschlechterte sich mit jedem Reisetag. Die Phasen der geistigen Abwesenheit dauerten länger und länger an.
    Bitter dachte sie an den Überfall am WCA-Depot zurück. Er hatte die Anwesenheit der Pales gar nicht wahrgenommen, sondern teilnahmslos im Beiwagen gesessen. Ohne eine riesige Portion Glück wären sie da kaum mit heiler Haut herausgekommen. Auch sein Angebot, während ihres Schlafes zu wachen, war mehr eine Geste des guten Willens denn eine echte Hilfe gewesen.
    Zum Glück war sie in regelmäßigen Abständen immer wieder erwacht, bis zu dem Zeitpunkt, da sie feststellen musste, dass Aiko wieder völlig in sich selbst versunken war.
    Daraufhin hatte sie ihn, mit einem Driller ausgestattet, in Sicherheit geschleift, in eine Decke gerollt und die Falle vorbereitet. Es ging nicht anders. Sie musste die Pales mit jedem schmutzigen Trick bekämpfen, den sie von Mr. Black gelernt hatte. Nur wenn sie wieder sicheren Schlaf bekam, gelangten sie sicher nach Amarillo.
    Ein konturloser Schatten, nicht mehr als ein schwarzer Flecken in dunkler Nacht, erweckte ihre Aufmerksamkeit.
    Sobald er sich vor dem roten Glutschimmer abzeichnete, wurde eine menschliche Gestalt sichtbar. Sekunden später gesellte sich eine zweite hinzu. Geduckt schlich das Duo auf die Büsche zu. Beide waren von männlicher Statur, trugen mit Fransen verzierte Jacken, Lendentücher und wadenhohe Stiefel aus weichem Wildleder. In den Händen hielten sie gespannte Bögen, und kaum dass die Lücke zwischen der Buschgruppe erreicht war, sirrten auch schon Pfeile durch die Luft.
    Mit dumpfen Lauten bohrten sich die Spitzen in die ausgestopften Decken, genau dort, wo eigentlich Aiko und Honeybutt liegen sollten. Noch während die eisernen Spitzen durch Wolle, Gras und Geäst drangen, lagen schon die nächsten Pfeile auf der Sehne. Beide Krieger zögerten jedoch mit dem zweiten Schuss, offensichtlich erstaunt über die mangelnde Reaktion der Getroffenen.
    Honeybutt zögerte nicht länger, sondern zog den Schaft des Armbrusters in die Schulter, zielte kurz und feuerte den eingelegten Phosphorpfeil ab. Genau in einen der trockenen Büsche hinein. Im gleichen Moment, da die hoch brennbare Substanz durch den Aufschlagzünder entflammte, gab es einen lauten Knall und die Nacht wurde in einem Umkreis von zwanzig Metern strahlend erhellt. Selbst durch ihre geschlossenen Augenlider konnte die Rebellin verfolgen, wie sich die lodernde Masse kugelförmig ausbreite und den anvisierten Busch in Flammen setzte.
    Geblendet taumelten die Pales zurück. Im Licht des Feuer traten ihre Silhouetten deutlich hervor. Fünfzehn Meter zur Rechten wurde das gepanzerte Trike der Dunkelheit entrissen.
    Honeybutt hatte es absichtlich so weit entfernt geparkt, damit es nicht durch die Flammen in Mitleidenschaft gezogen wurde.
    Ein Pale mit nacktem Oberkörper machte sich gerade darauf zu schaffen.
    Er kniete auf der langen Sitzbank, offensichtlich völlig unschlüssig, wie das Gerät zu bedienen war. Im Licht der Flammen starrte er ungläubig auf seine Stammesbrüder. Sein muskulöser Brustkorb wies kein einziges Haar auf, dafür die mit rotem Pflanzensaft aufgetragene Kontur eines Avtar mit ausgebreiteten Schwingen. Seine Augen umgaben die gemalten Umrisse einer schwarzen Hand.
    Honeybutt beförderte einen einfachen Pfeil in den Druckluftschacht und legte an.
    Dass der Vogelkrieger an dem Trike herumhantierte, war sein Todesurteil. Ohne die Geschwindigkeit der Maschine rückte Aikos Rettung in unüberwindliche Ferne. Dem Trike durfte nichts passieren, schon ihrem Gefährten zuliebe.
    Mit einem dumpfen Laut bohrte sich der Kunststoffpfeil tief in seinen Brustkorb, mitten zwischen die ausgebreiteten Schwingen des Avtars. Während der Schaft noch unter

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