1062 - Und abends kommt der böse Mann
daran?«
»Es ist dein Kreuz, John!«
»Sicher. Es wird auch mein Kreuz bleiben. Aber ich kann damit tun und lassen, was ich will. Ich habe mich entschlossen, es dir zu überlassen. Ich brauche es nicht. Es ist besser, wenn du es als Schutz trägst.«
»Und du? Was ist mir dir? Fühlst du dich stark genug, ohne diesen Schutz gegen Monty anzugehen?«
»Das weiß ich nicht. Sollte ich angegriffen werden, dann weiß ich immerhin, an wen ich mich wenden kann. Du mußt in diesem Fall mein Beschützer sein. Wir haben den Spieß jetzt umgedreht. Ich habe ihn durch das Kreuz vertreiben können, hoffe ich zumindest. Wenn wir ihn wiedersehen, bist du an der Reihe. So einfach ist das.«
Suko schüttelte den Kopf. »Nein, John, nein, das will und kann ich nicht annehmen. Ich bin kein kleines Kind mehr, das unter den Schutz der Eltern gestellt wird. Ich bin bisher ohne dein Kreuz ausgekommen und werde auch in Zukunft…«
»Hör endlich auf damit!« fuhr ich ihn an. »Verdammt noch mal, laß deinen Egoismus. Wir sind Partner und haben uns immer aufeinander verlassen können. Ich will, daß es so bleibt. Behalte das Kreuz und sei endlich vernünftig.«
Meine Stimme hatte nicht eben leise geklungen. Es war mir auch gleichgültig gewesen, ob ich die Ruhe auf dem Friedhof dadurch gestört hatte, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr.
Suko focht einen innerlichen Kampf aus. Ich konnte nachfühlen, wie es ihm ging. Ich an seiner Stelle hätte ähnlich gehandelt. Man fühlte sich eben zurückgestuft. Ein anderer sah dies immer lockerer als derjenige, um den es ging. Das Hineinversetzen in die Lage des anderen kam auch mehr einer Ausrede gleich.
Ich brachte ihn wieder weg von seinen nachdenklichen Gedanken. »Komm jetzt mit zurück zum Wagen.«
»Ist gut.«
Suko ging. Dabei strich er mit der Hand über das Kreuz hinweg, das diesmal sichtbar vor seiner Brust hing. Suko ließ zwar die Kette um seinen Hals hängen, das Kreuz selbst versteckte er jedoch unter seiner Kleidung.
»Alles klar?« fragte ich.
»Bis jetzt.«
Seine Stimme hatte trotzdem noch traurig geklungen, was mir wiederum nicht gefallen konnte. Ich boxte ihn in die Seite. »Reiß dich zusammen, Alter, und denk daran, was wir beide schon alles geschafft haben. Da werden wir Monty auch noch kleinkriegen, darauf kannst du dich verlassen. Wie oft haben wir es mit Günstlingen des Luzifer zu tun gehabt, und da brauche ich nur an die Kreaturen der Finsternis zu denken, die…«
Suko blieb stehen. Auch ich stoppte, war allerdings schon weiter gegangen und drehte mich jetzt um. Mein Blick fiel in sein erstaunterstarrtes Gesicht.
»Sag was!« forderte ich ihn auf.
»Ist das nicht die Lösung?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Die Kreaturen der Finsternis? Klar, kann sein. Zumindest habe ich daran gedacht. Denn es sind ja gerade sie, die voll auf Luzifer setzen und er auf sie. Schon seit Urzeiten stehen sie an seiner Seite, und das wird sich auch nicht ändern.«
»Deshalb auch sein zweifaches Aussehen. Einmal normal und zum anderen mit seinem zweiten oder auch echten Gesicht, das er als Kreatur der Finsternis trägt. So wie er vor unzähligen Jahren einmal ausgesehen hat, bevor er sich den Menschen angeglichen hat.«
Ich atmete innerlich auf. Es war gut, daß Suko so dachte und über den Fall nachdachte. Das zeigte mir, daß er nicht aufgegeben hatte.
Er hatte seinen Tiefpunkt überwunden, auch wenn die alte Entschlossenheit, die ich sonst an ihm kannte, noch fehlte.
Wir hatten den Bereich der Kindergräber längst hinter uns gelassen und wieder den normalen Teil des Friedhofs erreicht. Die Sonne hatte plötzlich ein Einsehen. Sie schickte ihre hellen Strahlen durch ein Wolkenloch, auf die Erde, als wollte sie die Welt in all ihrem Strahlenglanz erblühen lassen. Bei diesem Licht glich der Friedhof noch mehr einer perfekt angelegten Parklandschaft.
Neben dem Rover blieben wir stehen. Mir war noch etwas eingefallen. »Erinnerst du dich daran, was Monty uns bei seinem Abschied mit auf den Weg gegeben hat?«
Suko dachte nach. Er krauste die Stirn, preßte die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Ich war zu sehr weggetreten, um mich an den genauen Wortlaut erinnern zu können.«
»Dann sage ich es dir. Auf dem großen Fest hole ich mir den Rest…«
Suko schwieg. Schaute mich an, starrte dabei trotzdem ins Leere.
»Was bedeutet das?«
»Weiß ich nicht.« Ich schloß den Wagen auf und stieg ein.
Auch Suko setzte sich. »Auf dem großen Fest…«, er
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