1062 - Und abends kommt der böse Mann
ein Geräusch, ein schwaches nur und nicht zu identifizieren. Trotzdem war Rankin gewarnt.
Er handelte wie immer. Ging einen Schritt zur Seite und drehte sich um.
Es war genau der richtige Moment oder schon eine Sekunde zu spät, denn hinter der Couch hatte sich Monty versteckt gehalten.
Jetzt tauchte er auf, und aus seinem weit geöffneten Maul drang die Stimme wie ein hämisch klingendes Krächzen hervor.
»Hast du gedacht, ich würde dich in Ruhe lassen, Rankin…«
***
Don war geschockt. Er wußte nicht, was er sagen und wie er sich verhalten sollte. Die Stimme hatte er erkannt. Sie gehörte Monty.
Doch die Gestalt, die vor ihm stand, hatte mit Monty nur zum Teil etwas gemein. Den Körper und die Kleidung schon, nicht aber den Kopf, denn der sah anders aus. Der war zu einem Zerrbild geworden, denn so wie er zeigte sich der lebende Tod.
Don Rankin entdeckte auch keinen Widerspruch in diesem Vergleich. Das war einfach so. Die Vorstellung, daß dieses Geschöpf eine Maske tragen könnte, kam ihm auch nicht in den Sinn.
Der Schädel, die buschigen, fahlen Haare, die sogar einen Mittelscheitel aufwiesen. So sah eine Gestalt aus dem Panoptikum aus, aus der Geisterbahn oder aus dem Grusel-Kabinett, aber nicht in der Realität. Trotzdem war sie da, und Don glaubte fest daran, daß man ihm keinen Streich spielte.
Die beiden unterschiedlichen Personen starrten sich gegenseitig an. Keiner unternahm etwas. Es war das Abtasten zwischen zwei Gegnern, die wußten, daß sie Todfeinde waren.
Monty, the Angel, lachte Rankin an. Es war ein hohes, kindliches Lachen. »Ich warte auf eine Antwort, Rankin.«
Don öffnete den Mund. Er unterdrückte nur mühsam das Stöhnen. »Okay, die Antwort kannst du haben. Auf meine Weise. Du hast mich einmal überrascht, jetzt nicht mehr.« Rankin war es gewohnt, mit einer glatten und schnellen Bewegung seine Waffe zu ziehen. Das bewies er auch in dieser Situation und Monty tat nichts dagegen.
Er blieb einfach stehen.
Don Rankin redete sich ein, Oberwasser erhalten zu haben.
»Okay, Monty, du bist wieder da. Von nun an läuft das Spiel nach meinen Regeln. Hast du verstanden?« Er redete sich selbst Mut zu.
Er wollte auch nicht an die übermenschlichen Kräfte denken, die in der Gestalt lebten. Er mußte sich auf seine eigenen Kräfte konzentrieren. Er richtete die Mündung der Waffe auf den häßlichen Knochenschädel.
»Willst du mich töten, Rankin?«
»Gern!«
»Das haben schon andere versucht und nicht geschafft. Daran solltest du denken.«
»Ich bin ich und kein anderer. Sie haben genug Rücksicht auf dich genommen, Killer, ich bin nicht mehr bereit. Ich jage dir die Kugel durch den Schädel, und damit ist die Sache für mich erledigt. Es ist auch kein Mord, denn ich habe die Welt dann von einem widerlichen Parasiten befreit. Daran solltest du denken.«
Monty deutete so etwas wie ein Kopfschütteln an. »Du kannst mich nicht töten, Rankin…«
Er lachte in die Worte hart hinein.
»Nein, das ist nicht möglich.« Monty blieb hart. »Ich bin besser als du.«
»Und wie? Ich brauche nur abzudrücken.«
»Schau mich an!«
Die Worte glichen einem Befehl, dem sich Rankin gern widersetzt hätte. Er war dazu nicht in der Lage. Plötzlich sah er das Licht in den Augen. Okay, es war schon zuvor dagewesen, aber nicht in dieser Intensität. Es strahlte etwas ab, das sich Rankin nicht erklären konnte. Das war auch keine Helligkeit, sondern reine Intensität, die allein auf die Augen begrenzt blieb und für eine bestimmte Aura sorgte, der sich Rankin nicht entziehen konnte.
Sie packte ihn. Sie war da. Er spürte sie in seinem Kopf. Sie drang einfach ein. Sie bestand aus Gedanken und Befehlen, gegen die er nicht ankam.
Don Rankin wurde von der anderen Kraft regelrecht übernommen. Sie zerstörte sein Ich und damit seinen Willen. Freiwillig hätte er den rechten Arm mit der Waffe nicht gesenkt, er tat es trotzdem, gerade weil er in dieses mörderische Fluidum hineingeraten war.
Seine Hand zitterte, die Waffe konnte er nur mühsam halten.
Monty schaute zu. Sein breites Knochenmaul verzog sich dabei zu einem Grinsen. Da wirkte der Totenschädel wie aus Gummi gefertigt. Immer tiefer sank die Hand mit der Waffe. Feuchte Finger konnten sie nicht halten, dann rutschte sie hervor und fiel zu Boden.
Rankin stöhnte auf. Oder weinte er? Die Geräusche kannte er selbst nicht bei sich. Er wollte es nicht. Er wollte alles nicht, auch nicht, daß Monty auf ihn zukam.
Aber er konnte ihn
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