1064 - Horror-Line
die auf der anderen Friedhofsseite wuchsen und ihr Geäst weit streckten, stoppte ich den Rover und stieg aus. Suko hatte den Wagen schon vor mir verlassen und war gegangen. Am Tor holte ich ihn ein.
Es war offen.
Wir betraten das stille Gelände und sahen in der Nähe die Leichenhalle. Das graue Dach stach vom Grün der Umgebung ab. Vögel zwitscherten und freuten sich über das warme Wetter.
Die Trauergäste hatten den Friedhof längst verlassen. Als stilles, leeres Gelände lag er vor uns.
Nicht mehr lange. Wir hörten das Geräusch dort, wo sich auch die Leichenhalle befand. Es war ein leises Rauschen, das sich verstärkte, je näher wir dem Ziel kamen und einen Mann entdeckten, der einen Wasserschlauch mit beiden Händen hielt und die breite Fontäne über ein Beet spritzte. Er war so in seine Arbeit vertieft, daß er uns nicht hörte. Erst als er unsere Schatten neben sich mehr zufällig sah, schrak er zusammen, stellte das Wasser an der Düse ab und drehte sich nach links.
Dort stand Suko, der lächelte und ihn ansprach. »Guten Tag, wir haben einige Fragen.«
Der Mann atmete tief ein. Er mußte ein Gärtner sein. Trug hohe Stiefel, auf denen noch Lehm klebte, ebenso wie auf seiner Hose, und über den nackten Oberkörper hatte er eine Weste gestreift. Sein Gesicht zeigte die braune Haut des Inders oder Pakistani, und aus seinen großen, brauen Augen schaute er zuerst Suko und danach mich an.
»Was… was… wollen Sie?«
»Nur ein paar Antworten.«
»Ich weiß nichts.«
Suko zeigte seinen Ausweis.
»Ich… ich… bin auch nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Nein, das nicht…«
»Darum geht es nicht. Kennen Sie sich hier aus?«
»Ja, etwas.« Der Mann war beruhigter.
»Ich bin hier als Gärtner angestellt.«
»Die letzte Beerdigung ist vorbei?«
Er nickte. »Klar.«
»Wie lange?«
»Eine Viertelstunde… Zwanzig Minuten vielleicht. Ich kann es nicht genau sagen.«
»Findet heute noch eine statt?«
»Nein, es war die letzte.«
»Wo finden wir das Grab?« fragte ich.
Der Mann zupfte an seiner Weste. Er dachte nach und gab sich dabei Mühe, denn seine Antwort floß nur träge über die Lippen. Er sprach vom alten Teil des Friedhofs, der weiter von dieser Stelle entfernt lag als der neue. »Wer da begraben wird, der gehört nicht zu den Ärmsten. Dort finden Sie vorwiegend die Familiengruften.«
»Sie kennen nicht zufällig den Namen des Toten?« wollte ich wissen. »Nein, wie denn?«
»Wissen Sie, ob das Grab heute noch zugeschüttet wird?«
Der Gärtner schaute auf seine Uhr und hob die Augenbrauen. »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Vorher sind noch andere Gräber an der Reihe. Auf dem neuen Teil. Es ist nicht unbedingt üblich, doch es kann sein, daß das Grab die Nacht über offenbleibt. Diese Ausnahmen gibt es.«
»Beschreiben Sie uns bitte den genauen Weg.«
Er tat es und gab sich Mühe. Zumindest wußten wir die Richtung, und das war schon viel wert. Das offene Grab würden wir sicherlich finden. Wir bedankten uns bei dem Mann, dem es die Sprache wieder verschlagen hatte, denn er stellte keine weiteren Fragen mehr.
Suko und ich jedenfalls hatten das Gefühl, uns beeilen zu müssen. Einen besonderen Grund gab es dafür nicht. Wir spürten beide nur, daß die Zeit drängte.
Einen idealeren Platz für einen Ghoul konnte es gar nicht geben. Da war der Friedhof schon perfekt…
***
Das Zucken im Mund konnte und wollte Candy nicht mehr zurückhalten. Außerdem war es ihr nicht fremd. Es entstand immer, wenn die Verwandlung in eine heiße Phase überging. Ihr Kopf vergrößerte sich. Er dehnte sich außen und innen. Die normalen Zähne bekamen beiderseitig Druck, damit sie sich in die scharfen Hauer verwandelten, die nötig waren, um an die Beute zu gelangen.
Auch der Schleim ließ sich nicht mehr zurückhalten. Er quoll aus dem Körper. Dabei beschränkte er sich nicht nur auf den Mund und die Nase, auch die Poren des Körpers konnten ihn nicht mehr zurückhalten. Unter dem durchsichtigen Gewebe rann er in dünnen Streifen an der Haut entlang nach unten.
Das Opfer lag zum Greifen nahe vor ihr. Sie beugte sich tiefer. Ihre Hände glitten dabei über den Körper hinweg, als wollte sie den Toten testen. Auch auf der Kleidung blieben die Schleimspuren zurück. Sie mußten zuerst entfernt werden, um richtig an die Beute heranzukommen.
Das Grab war erfüllt von einem ekligen Leichengeruch. Dieser Gestank war auch so etwas wie ein Wegweiser für fremde Personen. Damit
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