1065 - Die Superviren
Observatorium. „Die Hochrechnungen ergeben Windgeschwindigkeiten von über 180 Metern pro Sekunde."
„So etwas gibt es nicht", protestierte Yoorn, obwohl er wußte, daß er sich auf seine Leute verlassen konnte.
„Ich rate dringend dazu, das Vorhaben abzubrechen." Wieder sprach die Frau aus der Wetterstation der Kogge. „Wir schaffen es noch, das Dach an seinem alten Platz zu verankern und mit Gravitationsfeldern zu stabilisieren. Kommandant, ich bitte dich, dies Quiupu vorzuschlagen."
Demos Yoorn zögerte noch einen Moment.
Das Schiff stand inzwischen wieder genau über der offenen Kuppel.
„Schirmglocke auf volle Energie", befahl der Raumfahrer.
Während seine Anweisung ausgeführt wurde, unterrichtete er Quiupu über die Wucht des herannahenden Unwetters und über die Möglichkeit, die Aktion auf später zu verschieben.
Doch der Virenmann wollte davon nichts wissen. Er war in höchster Erregung, und seine schrille Stimme war kaum noch verständlich.
„Es muß jetzt geschehen", rief er mehrmals. „Wenn wir jetzt abbrechen, hat sie gewonnen. Macht weiter, egal, wie stark das Unwetter ist."
„Von mir aus." Demos Yoorn blieb gelassen. Er konnte sich auf sein Schiff und die technische Ausrüstung verlassen. Für den erfahrenen Mann war es undenkbar, daß ein Unwetter ihm einen bösen Streich spielen konnte.
Vier Antigravprojektoren der LUZFRIG konzentrierten ihre unsichtbare Strahlung nach Quiupus Anweisungen in das Innere der Kuppel. Yoorn verfolgte den Energiefluß auf einem Monitor. Alles verlief planmäßig.
Der unheimliche Transport konnte beginnen.
„Kopplung gelöst", ertönte Quiupus Stimme. „Hievt es hoch! Aber äußerste Vorsicht.
Jeder unkontrollierte Stoß kann zu einer Katastrophe führen."
Yoorn gab dem Mann an der Steuerung der Traktorstrahlen ein Zeichen. Der nickte stumm.
In diesem Augenblick ging ein leichter Ruck durch das Schiff. Die Naturgewalten des Unwetters waren heran. Die Windböen schlugen mit solcher Wucht gegen die Schirmglocke, daß sich diese rückwirkend auf das ganze Schiff übertrug.
Unten schrie Quiupu wie ein gepeinigtes Tier auf.
„Es ist Srimavo", schrillte er. „Wehrt euch gegen sie. Sie darf nicht..."
Der Rest ging in einem Ächzen der Kogge unter.
„Gravoverankerung einschalten", ordnete Yoorn an. „Zehn Prozent Überlast auf die Schirmglocke."
Die Mannschaft führte die Anweisung sofort aus. Der Kommandant, der sich kurz in seiner Kommandozentrale umblickte, erkannte deutliche Züge von Unruhe in den Gesichtern einiger Leute.
Auf den Bildschirmen war jetzt nichts mehr zu erkennen. Ein Regenguß, der alles Vorstellbare übertraf, ergoß sich aus den Wolken. Er prallte an dem Schirmfeld ab und floß an diesem wie an einem riesigen Wasserfall zu Boden.
Im Innern der Schirmglocke, die das Raumschiff und die geöffnete Kuppel sicher umschloß, herrschte jedoch Ruhe. Auch war hier die Sicht nicht behindert.
„Steigender Energieverbrauch durch Überlast", vernahm Yoorn.
Er überprüfte in gewohnter Routine die Anzeigen. Tatsächlich fraß dieser eigentlich harmlose Prozeß mehr Energie, als zu erwarten gewesen war.
„Hyperraumzapfer auf Viertellast", kam seine nächste Anweisung.
Das war ein ungewöhnliches Verlangen, denn die Benutzung der Zapf Station in Planetennähe war ein Risiko. Man wußte nie genau, wie sich der Kontakt mit dem 5-D-Kontinuum auf die nähere Umgebung auswirkte. Dabei konnte es zu unerklärlichen Phänomen und auch zu schwerwiegenden Unfällen kommen.
Wie richtig diese Maßnahme jedoch gewesen war, zeigte sich schon Sekunden später.
„Windgeschwindigkeit 200", meldete das Observatorium. Damit war man in einem Bereich, der noch nie getestet worden war, weil es sich um eine Geschwindigkeit handelte, die auf normalen Planeten nicht auftreten konnte.
„Windgeschwindigkeit 240", kam es wenig später.
Die heftigen Stöße drangen erneut bis zu dem abgeschirmten Schiff durch und versetzten die Mannschaft in Unruhe.
Dazu erklang das Gewimmer und Getobe von Quiupu, während sich die leuchtende Kugel des Virenmanns der Hauptschleuse an der Unterseite der LUZFRIG näherte. Noch war eine Strecke von etwa 40 Metern zurückzulegen, aber Yoorn zweifelte nicht daran, daß auch dies gelingen würde.
„Windgeschwindigkeit 50", meldete etwas verwundert die Wetterstation. „Das ist doch ..."
Die Frau brach ab.
„Was ist los?" schrie Quiupu durchdringend. „Weitermachen."
Demos Yoorn stand auf und blickte um sich.
Auf
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