1066 - Gesils Punkt
birst, die Splitter eines Monitors regnen durch die Kabine.
Gesil liegt auf dem Boden. Neben ihr Rhodans Bild. Ihr Körper zuckt, ihre Fingernägel hinterlassen deutliche Spuren auf ihrem Gewand, müssen sich durchdrücken und ihr die Haut aufreißen. Sie wirft den Kopf in die Hände, und als sie die Hände vom Gesicht nimmt, bleiben dort blutige Spuren zurück. Sie reißt den Kopf herum...
Gesils Augen schienen Melborn geradewegs anzustarren. Er hatte das Gefühl, in sie zu fallen. Doch bevor ihn der Schwindel noch richtig erfassen konnte, erlosch das Bild.
„Das war der Moment, als du Kater zerstrahlt hast, Mel", sagte Skiryon. „Und im selben Moment explodierte die Aufnahmeoptik. Wir haben das rekonstruiert."
„Es scheint, daß ich Gesil damit nichts Gutes getan habe", sagte Melborn schuldbewußt. Er sah sie wieder vor seinem geistigen Auge, wie ihr Körper von unsichtbaren Kräften gequält wurde, und er litt mit ihr. Auf einmal sagte er, ohne daß er es wollte: „Dies ist das Werden von Etwas..."
„Woher hast du das?" wollte Atlan wissen.
„Ich weiß nicht", sagte Melborn wahrheitsgetreu. „Das spukt mir schon die ganze Zeit durch den Kopf."
„Könnte es dir nicht vielleicht Gesil gesagt haben?" fragte Atlan.
„Wir haben nie ein Wort miteinander gewechselt."
„Zu mir hat sie eine ähnliche Äußerung getan", sagte Atlan.
„Können wir fortfahren?" fragte Skiryon. Als Atlan ihm ein Zeichen gab, erhellte sich der Bildschirm. Wieder erschien Gesil darauf, wie sie Rhodans Foto betrachtete. Die Szene unterschied sich von den vorangegangenen nur dadurch, daß in der Kabine keinerlei Spuren von Verwüstung zu sehen waren.
„Wer gibt euch das Recht, Gesil zu beobachten?" fragte Melborn.
„Sie zwingt uns durch ihr Schweigen dazu", antwortete Skiryon. „Es ist die einzige Möglichkeit, mehr über sie zu erfahren. Sie wird allmählich für uns zu einem Problem."
Melborn fragte nicht, welcherart Problem.
„Wir sind einige Stunden weiter", erklärte Skiryon zu den Bildern. „Du hattest Dienst, Mel. Ein Vergleich hat gezeigt, daß du etwa um diese Zeit deine Entdeckung gemacht hast."
„Welche Entdeckung?" wunderte sich Melborn.
„Du hast doph ein Signal aus dem Asteroiden-Schwarm aufgefangen? Oder hast zumindest gemeint, eines aufzufangen", sagte Skiryon.
Melborn nickte.
„Ich habe es sogar aufgezeichnet. Was sollte damit nicht stimmten?"
„Nun, wir sind nicht mehr so sicher, daß das Signal von den Asteroiden kam", meinte Skiryon. „Gesil hat durchaus die Fähigkeiten, um es ausgelöst haben zu können."
„Aber weswegen?"
Melborn bekam keine Antwort. Er blickte auf den Bildschirm, wo Gesil in die Betrachtung von Rhodans Bild vertieft war.
„Zeitvergleich", sagte Skiryon. Nach einer kurzen Pause begann er von „zehn" rückwärts zu zählen. Als er bei „null" angekommen war, schreckte Gesil plötzlich hoch.
Sie ließ das Foto achtlos fallen und starrte die Betrachter an.
Melborn wunderte sich, daß er in seinem Bewußtsein nicht das Lodern schwarzer Flammen empfand. Er mußte sich vorsagen, daß alles nur eine Aufzeichnung war.
Gesil zuckte zusammen, ihren Körper durchlief ein Schaudern.
„Nicht schon wieder", entfuhr es Melborn.
„Keine Bange", beruhigte ihn Atlan. „Das ist keine Wiederholung des Schattenkampfes. Dies war der Moment, als du das vermeintliche Signal empfingst, Mel."
„Das kann Zufall sein", meinte Melborn, der nicht sah, worauf das hinauslaufen sollte.
„Möglich", gab Atlan zu. „Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, daß ein Zusammenhang besteht. Seit diesem Augenblick wandert Gesil nämlich rastlos in ihrer Kabine auf und ab. Perry Rhodans Bild beachtet sie überhaupt nicht mehr."
„Und was schließt ihr daraus?" wollte Melborn wissen.
„Wir haben gehofft, daß du uns eine Erklärung geben kannst", sagte Skiryon.
„Wieso ich?"
„Wer sonst? Du bezeichnest dich selbst als Gesils Günstling. Vielleicht hilft es dir weiter, wenn du dir der Bedeutung deiner eigenen Worte bewußt wirst: ,Dies ist das Werden von Etwas...’" Melborn dachte nach, mußte aber schließlich resignieren.
Atlan seufzte.
„Dann muß ich es wieder mit Gesil selbst versuchen." Er wandte sich Skiryon zu und fragte: „Was tut sie gerade?"
Skiryon machte eine Bewegung, und der Bildschirm erhellte sich. Gesils Kabine war darauf zu sehen. Aber sie war leer.
Bevor noch irgend jemand seiner Verwunderung darüber Ausdruck geben konnte, schlug das Bildsprechgerät an. Der
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