1066 - Gesils Punkt
Gesellschaft zu leisten und mir Ablenkung zu verschaffen. Ich brauche nur einen Gesprächspartner."
„Bin ich dazu nicht zu schade?" fragte Scriveer.
„Oho", machte Parabus. „Ich fürchte eher, daß du nicht einmal diesen Anforderungen gewachsen bist."
Parabus begann mit der Führung. Dabei plauderte er über Sinn und Zweck seines Auftrags und über seine Auftraggeber und ließ Scriveer keinen Augenblick aus den Augen, registrierte aufmerksam jede seiner Reaktionen.
Die Station war verhältnismäßig groß, fand Scriveer, aber er sah ein, daß das so sein mußte. Den meisten Raum beanspruchten die technischen Anlagen. Die verschiedenen Laboratorien waren dagegen räumlich begrenzt. Dazwischen erstreckten sich schier endlos lange Korridore, die die verschiedenen Arbeitsbereiche miteinander verbanden.
„Wir müssen auf größte Geheimhaltung Wert legen", erklärte Parabus. „Die Station ist recht gut getarnt. Es gibt im Umkreis von vielen Lichtjahren keine bewohnten Planeten oder Stützpunkte von Intelligenzwesen. Wir befinden uns im Niemandsland. Eine zufällige Entdeckung ist praktisch unmöglich. Sollten wir dennoch eines Tages entdeckt werden, dann können wir voraussetzen, daß dies das Ergebnis einer zielgerichteten Suche war. Wer diese Station findet, kann nur unser Feind sein."
„Welcher Feind?" wollte Scriveer wissen und gähnte. Er gähnte nicht zum erstenmal.
Parabus' Ausführungen schienen ihn zu langweilen.
„Darüber mehr in der nächsten Lektion", erklärte Parabus. „Eigentlich dürfte ich dich gar nicht darüber aufklären. Aber ich brauche einen Partner, mit dem ich über alles reden kann."
Scriveer blieb abrupt stehen und betrachtete Parabus.
„Warum bist du so klein und häßlich?" fragte er.
Parabus blieb ihm die Antwort schuldig. Er setzte die Führung fort und brachte Scriveer in den Raum mit den Lebenstanks, in denen noch 166 Androiden seiner Art ihrer Erweckung harrten. Parabus war nun sicher, daß er sie mit der Zeit noch alle verbrauchen würde. Scriveer 34 billigte er keine lange Lebenserwartung zu, denn er ertrug seine Gegenwart schon jetzt nicht mehr, obwohl er ihn erst wenige Stunden um ihn hatte. Das war ein neuer Minusrekord.
Parabus wollte nur noch herausfinden, welchen Fehler er hatte, dann würde er sich seiner entledigen. Scriveer 34 hatte gewisse Ansätze zu Arroganz und Überheblichkeit erkennen lassen. Parabus wollte es nur genau wissen.
Als Scriveer seine Ebenbilder erblickte, schritt er die Reihe der transparenten Lebenstanks ehrfürchtig ab.
„Ein Exemplar wie das andere", sagte er dabei. „Sieh uns an, Parabus. Welch vollkommene Schöpfungen wir doch sind. Meisterwerke! Wie schön und wohlgeformt, geradezu edel." Er drehte sich zu Parabus um und sagte abfällig: „Und wie häßlich du dagegen bist."
„Meinst du, daß es so sehr auf Äußerlichkeiten ankommt?" fragte Parabus. Eigentlich hatte er genug gehört, aber er wollte die Sache auf die Spitze treiben.
„Unbedingt", sagte Scriveer 34. „Es ist eigentlich eine Schande, daß so herrliche Geschöpfe wie wir einem Zwerg wie dir zu dienen haben. Das läßt mein Stolz gar nicht zu."
„Würdest du das ändern, wenn du könntest?" fragte Parabus.
„Höre meinen Vorschlag", sagte Scriveer. „Wecke alle meine Artgenossen und lasse uns darüber abstimmen, ob wir dir Gnomen dienen wollen. Die Alternative wäre, daß du uns pflegst und verwöhnst und uns jeden Wunsch von den Augen abliest. Das wäre eine sehr ehrenvolle Aufgabe für dich."
„Was für ein eitler Androide du bist", sagte Parabus. Das also war die Macke von Scriveer 34: Er hielt sich und seinesgleichen für die Krönung der Schöpfung!
Nachdem Parabus das herausgefunden hatte, verlor er jegliches Interesse an dem Androiden. Er hatte es ihm auch zu leicht gemacht, und da er keine Lust verspürte, tagein und tagaus Scriveers Schönheit zu lobpreisen, beschloß er, sich dieses Quälgeists auf die bekannte Weise zu entledigen.
„Für einen wie dich, kann es nichts Schöneres geben, als sein Leben dem Schönen und Edlen zu widmen, das wir Androiden repräsentieren", sagte Scriveer.
„Ich werde ernsthaft darüber nachdenken", meinte Parabus. „Aber zuerst lasse uns noch den Rundgang durch die Station beenden. Du sollst auch noch die Recyclinganlage kennen lernen."
6.
Atlan kam immer mehr zu der Überzeugung, daß sich alles gegen einen Heimflug zur Milchstraße verschworen hatte. Die Sache begann allmählich unheimlich zu
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