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1066 - Gesils Punkt

Titel: 1066 - Gesils Punkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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heißt Scriveer", sagte er zu dem Blaugekleideten, während er um ihn herumging und ihn musterte.
    „Jawohl, ich heiße Scriveer", sagte der Blaugekleidete.
    „Du siehst ganz passabel aus", meinte Parabus, „aber das hat nicht unbedingt etwas zu sagen. Eigentlich bist du Scriveer Nummer vierunddreißig, aber ich nenne dich einfach Scriveer. Ist dir das recht?"
    Der Blaugekleidete schwieg.
    „Gut", meinte Parabus anerkennend. „Aufsässig bist du wenigstens nicht. Deine Vorgänger glichen dir aufs Haar. Keiner von ihnen hatte körperliche Mängel. Aber jeder hatte irgendeinen geistigen Fehler. Und welche Eigenheit hast du?"
    „Ich weiß es nicht", sagte Scriveer mit ausdruckslosem, maskenhaftem Gesicht. „Ich habe das Gefühl, in Ordnung zu sein."
    „Ich werde schon noch herausfinden, was mit dir nicht stimmt", sagte Parabus. „Du kannst dich selbst nicht beurteilen, das ist mir klar. Du hast keine Vergleichswerte, keine Erfahrung, weil ich dich eben erst geweckt habe. Das Wissen, das du besitzt, wurde dir sozusagen im Schlaf vermittelt. Du wurdest nicht auf natürliche Weise geboren, hast keinen Reifeprozeß durchgemacht. Du hast keine Erinnerung. Du bist ein fertiges Produkt.
    Ein Androide."
    Scriveer hatte unbeteiligt zugehört, er zeigte auch jetzt keine Regung. Soweit so gut, aber Parabus fand, daß sein Maskengesicht einen leicht arroganten Zug hatte. Fühlte er sich ihm, Parabus, etwa überlegen? Einer von Scriveers Vorgängern, die Nummer vierundzwanzig oder fünfundzwanzig, hatte nicht wahrhaben wollen, daß er nur Befehlsempfänger war. Er hatte nur einmal versucht, Parabus zu kommandieren, dann hatte er den Weg in die Recyclinganlage genommen. Die Nummer neun wiederum hatte einen Reinlichkeitsfimmel gehabt und ständig an Parabus herumgezupft, um irgendwelche imaginären Staubspuren zu entfernen. Parabus hatte schließlich sein ewiges „Mann, bist du fusselig", nicht mehr hören können und ihn in die Recyclinganlage geschickt.
    Alle dreiunddreißig Scriveers waren irgendwie geistig gestört gewesen, und Parabus war sicher, daß keiner der zweihundert so war, wie er sein sollte. Irgend etwas mußte bei ihrer Konditionierung schiefgegangen sein. Es war nicht mehr zu ändern. Parabus hätte auf ihre Gesellschaft verzichten können, um seine Ruhe zu haben. Aber irgendwie hatte er sich an sie gewöhnt und es sich zu seinem Zeitvertreib gemacht, hinter ihre Fehler zu kommen.
    Bei manchen war das nicht schwer, wie etwa bei Nummer vier. Dieser Scriveer hatte immer das Gegenteil von dem gemacht, was Parabus ihm auftrug. Auch das Verbot „Stürz dich ja nicht in den Recyclingschacht!" hatte er gründlich mißachtet. Bei Nummer neunzehn dagegen hatte Parabus lange Zeit die Hoffnung gehabt, daß er völlig normal sei, bis er dahinterkam, daß er ihn, Parabus, heimlich nachäffte. Scriveer 19 nutzte Parabus' Ruhperioden dazu, jeden seiner Handgriffe und Schritte nachzuvollziehen. Er werkte sogar an Parabus' Projekt herum, machte jedoch, mangels der nötigen Intelligenz und des Fachwissens, alles falsch, so daß Parabus in seiner Arbeit zurückgeworfen wurde.
    „Du bist ein Androide", wiederholte Parabus. „Nur dazu geschaffen, mir zu dienen und meine Befehle zu befolgen. Du hast keine Befugnisse, keine Rechte. Du tust nur das, was ich von dir verlange. Eigentlich sollte es nicht notwendig sein, dich darüber aufzuklären. Du müßtest das konditioniert bekommen haben. Aber deine dreiunddreißig Vorgänger haben gezeigt, daß darauf kein Verlaß ist. Und du wirst auch keine Ausnahme sein."
    „Ich bin fehlerlos", sagte Scriveer.
    Eigentlich hätte das Parabus stutzig machen sollen, aber er ging darüber hinweg.
    „Das wird sich noch weisen", sagte er. „Komm! Ich werde dich durch die Station führen."
    „Ich kenne die Station und alle Anlagen", erwiderte Scriveer, „als sei ich schon ewig hier tätig. Dieses Wissen wurde mir bei meiner Erschaffung eingegeben. Ich finde mich auch ohne Führung zurecht."
    „Dann weißt du auch, woran ich arbeite?"
    „Ich weiß genug, um die an mich gestellten Anforderungen erfüllen zu können."
    „Du wirst mich trotzdem auf meinem Rundgang begleiten", beharrte Parabus. „Und du wirst dir gefälligst meine Erklärungen anhören. Du kannst Fragen stellen, wenn dir etwas unklar ist, und ich erlaube dir gelegentlich sogar, Weisheiten von dir zu geben, wenn dir welche in den Sinn kommen. Aber das bezweifle ich. Sei dir immer dessen bewußt, daß du nur dazu da bist, mir

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