1067 - Am Rand des Nichts
Tolot wurde lebhafter. Er glaubte, einen Angriffspunkt gefunden zu haben, und er stürzte sich mit wahrer Begeisterung in die Vorbereitungen für einen möglichen Gegenschlag. Er eilte mit Bruke Tosen zu einem technischen Labor. Hier programmierte er einen Fertigungsroboter und stürmte danach in den Maschinenraum, um zu kontrollieren, ob die Fremden ihr gefährliches Spiel fortsetzten.
„Sie lassen nicht nach", berichtete er, als er in das Labor zurückkehrte. „Jetzt versuchen sie auf einem anderen Weg, das Schiff in die Luft zu jagen. Ich habe eine Blockade eingebaut, die ihren Plan vereiteln wird. Das merken sie jedoch erst in etwa einer halben Stunde, und bis dahin müssen wir fertig sein."
„Ich habe noch immer nicht begriffen, was du vorhast", erwiderte Tosen.
Icho Tolot entblößte seine Zahnreihen und lachte dröhnend.
„Ich werde ein wenig Lärm machen", erläuterte er. „Ich habe den Eindruck, daß unsere Gäste hohe Töne nicht besonders mögen."
Er wies auf das kastenförmige Gerät, das im Fertigungsroboter entstand.
„Das wird ein Roboter. Wir werden ihn zu ihnen schicken. Er ist in der Lage, Töne sehr hoher Frequenz und in großer Lautstärke zu erzeugen."
Bruke Tosen blieb skeptisch. Er konnte sich nicht vorstellen, daß die fremden Wesen mit Hilfe von Tönen vertrieben werden konnten. Doch er machte keine Einwände, weil er froh war, daß der Haluter überhaupt etwas tat.
Wenige Minuten darauf schwieg er nicht mehr.
Icho Tolot hatte seine Apparatur eingeschaltet und auf den Weg geschickt. Sie war schon weit von ihnen entfernt, und zwei geschlossene Schotte befanden sich zwischen ihnen und ihr. Dennoch war der Lärm, den sie veranstaltete, so unerträglich für Tosen, daß dieser sich schreiend auf dem Boden wälzte und sich die Hände an die Ohren preßte.
„Aufhören!" brüllte er. „Schalte das Ding aus!"
Doch Icho Tolot tat ihm den Gefallen nicht. Er stülpte ihm einen Schutzhelm über den Kopf, um seine Qualen ein wenig zu lindern, und kümmerte sich ansonsten nicht weiter um ihn. Er war der Ansicht, daß es wichtiger war, die gefährlichen Fremden zu vertreiben, als für das Wohlbefinden Tosens zu sorgen. Daher steuerte er die Lärmmaschine unverdrossen weiter bis in die Zentrale des Raumschiffs.
Die Wirkung war durchschlagend.
Die gefiederten Wesen stürzten sich laut klagend auf das sargähnliche Gebilde, klappten es auf, krochen hinein und flogen damit über die Gänge zu der Schleuse, durch die sie hereingekommen waren. Sie flüchteten aus dem Schiff.
Icho Tolot verfolgte unmittelbar darauf auf einem Bildschirm, wie sie in einer der Öffnungen in der Schlackenwand des Tunnels verschwanden.
Er lachte dröhnend, schaltete die Lärmapparatur ab und machte sich auf den Weg zu Tosen.
Er fand den Jarvith-Jarver in dem Labor, in dem er zusammengebrochen war. Tosen hatte das Bewußtsein verloren.
4.
Als Icho Tolot sich eine halbe Stunde darauf über seinen Leidensgefährten beugte, waren Tosens Augen weit geöffnet, blickten jedoch ins Leere. Seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt und lagen fest an seinen Oberschenkeln.
„Kleines", sagte der Haluter mit ungewöhnlich sanfter Stimme. „Was ist mit dir?"
Der Jarvith-Jarver antwortete nicht. Seine Lippen zuckten, doch sie formten keine Worte.
„Ich konnte nicht wissen, Kleines, daß dich der Lärm so mitnehmen würde", fuhr der dunkelhäutige Koloß fort. „Willst du wirklich aufgeben? Wozu haben wir dann gegen diese gefiederten Wesen gekämpft? Was für einen Sinn sollte es haben, daß wir uns gewehrt haben?"
Tosen schwieg auch jetzt.
„Was ist los mit ihm?" wandte sich der Haluter an den Medo-Roboter. „Ich will eine Auskunft."
„Sein Verstand droht sich zu verwirren", erwiderte der Automat. „Der Patient befindet sich in einer äußerst kritischen Situation, in der ihm mit Medikamenten und einer Physiotherapie nicht mehr zu helfen ist. Er benötigt vor allem mehr seelischen Halt."
Ratlos blickte der Haluter die Maschine an.
Er war bereit, Bruke Tosen zu helfen, wo er nur konnte, doch wußte er nicht, wie er es anstellen sollte.
„Wie kann ich ihm seelischen Halt geben?" fragte er. „Bruke leidet doch darunter, daß er von Seth-Apophis manipuliert wird, und das kann ich nicht ändern."
Wie nicht anders zu erwarten, äußerte sich die Positronik dazu nicht.
Auch in seinem Planhirn, das von seiner Qualität und Leistung her einer terranischen Positronik glich, fand der Haluter keine Antwort
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