1068 - Der Höllenstar
Mit einer Hand griff er danach und zog ihn locker wieder hervor. Er hielt ihn hoch, schaute sich die Spitzen an, die, nicht einmal versengt waren.
Das war der Sieg!
Er stieß wie ein Pfeil hoch. Fast hinein in die immer noch heranschwebenden Wolken und auch in eine schwüle und schon elektrisch aufgeladene Gewitterluft.
Ryback hatte sein erstes Zeichen gesetzt. Weitere würden folgen, und zuletzt war er es dann, der alles in dieser Umgebung kontrollierte. Zunächst wollte er den Ort in Ruhe lassen. Der kleine Brand reichte. Die Leute würden sich die Köpfe darüber zerbrechen, wie es möglich war, daß ihre Kirche brannte.
Auf ihn würde niemand kommen.
Mit einem großen Gefühl der Zufriedenheit flog er zurück zu seinem Haus. Den Blick hielt er nach unten gerichtet und den Kopf etwas nach rechts gedreht.
In Allhallows war das Feuer bemerkt worden. Es herrschte im Moment die erste Panik. Die Menschen hatten ihre Häuser verlassen. Eine Feuerglocke schlug Alarm, während die Flammen am Kirchturm von dunklen Rauchschwaden umhüllt waren.
Ryback erlebte eine Freude wie nie zuvor. Er konnte sie nicht beschreiben. Vielleicht war es die Freude der Hölle, die ihn durchfuhr und ihn auf seinem weiteren Flug begleitete. Das neue Ziel war auch ein altes. Er wollte zurück zu seinem Haus und von dort aus die Regie übernehmen.
Unter ihm lag jetzt das freie, normale und auch menschenleere Gelände. Kein Dorfbewohner hatte sich aus seinem Ort entfernt. Wer konnte, half beim Löschen.
Nicht ganz.
Es paßte Ryback nicht, als er den Wagen sah, der unter ihm herfuhr, und die Straße verlassen hatte, weil es keinen normalen Weg gab, der zu seinem Ziel führte.
Zuerst wollte Ryback es nicht glauben. Er schüttelte sogar den Kopf, aber die Richtung stimmte.
Das Auto bewegte sich auf sein Haus zu. Es gab kein anderes Ziel. Da wollte ihn jemand besuchen.
Ryback war ein Mensch, der nur einen Besucher akzeptierte, den Satan. Alle anderen stufte er als feindlich ein. Zudem wunderte er sich, daß gerade zu diesem Zeitpunkt jemand auf sein Haus zufuhr. Wo er durch den Teufel stark gemacht worden war.
Er flog schneller und wollte vor ihnen das Haus erreichen. Sie sollten ihn nicht sehen. Ryback hatte vor, sie zu beobachten, und er hatte auch nicht vor, sein Haus zu betreten. Es gab noch eine andere Möglichkeit für ihn. Das Flachdach. Dort landete er so leicht und locker, als hätte er nie etwas anderes zuvor getan.
Ryback hockte sich nieder. Seine wilde Freude war verflogen, denn in der letzten Zeit hatte sich ein Name in seinen Kopf gedrängt. Er kannte den Mann nicht, wußte aber, daß er ihn als Feind anzusehen hatte.
John Sinclair…
***
Wir brauchten nicht darüber zu sprechen, denn wir wußten es beide sehr genau. Das Haus auf der Hügelkuppe mußte einfach unser Ziel sein. Für uns steckte darin das Geheimnis, und es war auch ein ideales Versteck für einen Mann wie Ryback, obwohl das Haus recht offen stand und für jeden zugänglich war.
Diesmal hatte Suko das Lenkrad übernommen. Ich brauchte mich nicht auf die Fahrerei zu konzentrieren, war allerdings hellwach und schaute immer wieder in den Spiegel.
Darin sah ich auch das Feuer. Wir hatten in diesem Augenblick eine günstige Position erreicht, so daß sich das tanzende Rot im Rückspiegel abmalen konnte.
»Halt mal an, Suko!«
Mein Freund stellte keine Fragen. Er stoppte. Als er mich ansprechen wollte, da hatte ich bereits die Tür aufgestoßen und den Wagen verlassen.
Wenig später stand auch Suko neben dem BMW und blickte dorthin, wohin meine rechte Hand zeigte.
Der Kirchturm brannte!
Es war deutlich zu sehen. Das Feuer umtanzte das obere Drittel und wurde umrahmt von dichten Rauchschwaden, die in die Höhe stiegen, um sich den Wolken zu nähern und darin zu verschwinden. Wir hörten vom Ort her das Läuten der Alarmglocken, selbst die Schreie und Rufe der Leute nahmen wir wahr, doch das alles war Nebensache für uns. Es zählte eigentlich nur der brennende Kirchturm, der sich sicherlich nicht von selbst entzündet hatte.
»Brandstiftung!« sagte ich.
»Einverstanden, John. Aber wer?«
»Es gibt nur einen.«
»Dann müßte Ryback dort gewesen sein.«
»Klar.«
Suko schaute mich skeptisch an. »Mal eine Frage am Rande, John, geht einer wie er in eine Kirche, auch wenn er sie in Brand stecken will? Tut er das?«
Ich senkte den Blick. »Genau das ist die Frage, Suko. Ich weiß es nicht. Ich kann es mir auch nicht vorstellen. Ich weiß auch nicht,
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