1068 - Der Höllenstar
Ryback da stand - leicht in den Knien eingesackt - wirkte er wie eine Gestalt aus dem dämonischen Lehrbuch. Nackt und mit roter Haut, den rechten Arm mit dem Dreizack vorgestreckt. Das schwarze ölige Haar auf dem Kopf. Die dunklen, düsteren und gefährlich wirkenden Augen. Die aus der Stirn wachsenden krummen Hörner, die andere Gesichtsform, das alles konnte einem Menschen, der zuvor nichts mit ihm zu tun gehabt hatte, Angst einjagen.
Der Drang, zu töten, stieg immer stärker in ihm hoch. Er wollte vernichten. Er wollte die beiden Hundesöhne nicht mehr am Leben lassen, und er wußte, daß er dem Teufel damit einen verdammt großen Gefallen tat.
Mit schleichenden Schritten betrat er das große Wohnzimmer. Er roch die beiden Fremden noch. Sie hatten etwas hinterlassen. Eine Aura, eine Ausdünstung, wie auch immer.
Noch ein Blick zurück.
Der Himmel hatte die gleiche Farbe angenommen wie die Steine des Fußbodens. Die Wolken ballten sich immer mehr. Dort kamen kalte und warme Luft zusammen. Es würden sich Energien bilden, die sich letztendlich in Donner und Blitz entluden.
Er ging weiter. Nur mit den Zehenspitzen berührte er den Boden. Einer der beinahe schwebte, seine Flügel allerdings auf dem Rücken zusammengefaltet hatte.
Sie durchsuchten die anderen Räume. Auch das hatte er sich gedacht. Und sie würden auch die Treppe zum Keller finden und ihm ebenfalls einen Besuch abstatten.
Genau das hatte er gewollt.
Wenn sie unten waren und sich in seinem unterirdischen Reich aufhielten, dann war seine große Stunde gekommen. Da würden sie ihm nicht mehr entwischen.
In wilder Vorfreude leckte er über seine Lippen. Die Zunge tanzte um den Mund herum, und seine Augen glühten düster auf.
Noch hielten sie sich in den anderen Räumen auf. Doch schon wenig später standen sie an der Treppe. Sie sprachen miteinander. Der Klang ihrer Stimmen hörte sich anders an, weil die Wände dort weiter voreinander entfernt standen und sich Echos bilden konnten.
Er war zufrieden, denn sie gingen tatsächlich.
Wieder mußte Ryback lachen. Er hatte den Kopf zurückgelegt, doch das Lachen erstickte in seinem Innern. Ryback freute sich einfach, wenn Menschen starben, und bald würde er einen doppelten Grund zur Freude haben. Wer schaffte es schon, seiner Waffe zu entgehen…?
***
Es war kalt hier unten. Viel kälter als in den oberen Zimmern. Und es war so kahl. Kein Keller, wie man ihn normal kannte. Es stand so gut wie nichts darin, bis auf einen Gegenstand, der sehr groß war und entsprechend viel Platz wegnahm.
Ein Tank!
Aus Metall hergestellt schimmerte er blank im Licht der an der Decke hängenden hellen Röhren.
Wer hineinsteigen wollte, mußte über eine Leiter hochgehen und brauchte auch keinen Deckel zu öffnen, denn der Tank war offen.
Auf seiner Außenseite hatten sich kleine Wassertropfen abgesetzt. Sie schimmerten wie übergroße Perlen oder waren in Streifen an der Seite entlang nach unten gelaufen.
Suko war auf die Leiter zugegangen, während ich in der Mitte des ansonsten leeren Kellerraums stehengeblieben war und ihm praktisch den Rücken deckte.
»Ich steige mal hoch, John!« Obwohl mein Freund nicht einmal laut gesprochen hatte, erhielt seine Stimme einen Hall und wäre auch in der letzten Ecke des Kellers zu hören gewesen.
Es waren nur wenige Sprossen, die Suko hochsteigen mußte. Auf der zweitletzten blieb er stehen, beugte seinen Kopf nach vorn und warf einen Blick hinein.
»Was siehst du?«
»Wasser. Aber auch Eis. Die Stücke schwimmen auf der Oberfläche. Ich schätze, daß der Tank einmal nur mit Eis gefüllt gewesen ist, das allerdings schmolz.«
Das Lachen konnte ich nicht unterdrücken. »Kannst du dir vorstellen, was jemand mit einem Tank voller Eis will?«
»Bier kühlen.«
»Klar, um hier eine Party zu feiern.«
Suko ließ seine Hand durch das Wasser gleiten, wie jemand, der prüfen wollte, ob die Flüssigkeit auch echt war. Ich hörte das dabei entstehende Plätschern, aber das war auch alles.
Suko zog die nasse Hand wieder hervor, schüttelte einige Tropfen ab und fragte: »Was kann ein Typ wie Ryback damit nur gewollt haben? Ich verstehe das nicht.«
»Wir werden ihn fragen, wenn er hier ist.«
»Okay.«
Suko machte sich wieder auf den Rückweg. Ich hatte mich während unseres Gesprächs gedreht, um ihn anschauen zu können. Ein Fehler, denn die nach vorn hin offene Treppe befand sich jetzt hinter meinem Rücken.
Von dort hörte ich die Stimme.
»Gleich bist du tot,
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