107 - Tanz der Furie
Vago Kopf. Nur sein Kopf und ein Arm ragten heraus. Auch Rananas Leichnam war unter dem Steinkopf begraben worden.
Te-Ivi-o-Atea brüllte furchtbar und starb. Normalerweise hätte ein so mächtiger Dämon wie er auch von einem solchen Stein nicht erschlagen werden können. Aber in dem Stein war etwas von Vagos magischer Kraft, und so wurde er zum Mordwerkzeug und zugleich zum Grabstein für den Südseedämon.
Ich konnte Te-Ivi-o-Ateas dämonische Ausstrahlung nicht mehr spüren und wußte, daß er tot war. Die Polynesier flüchteten. Ihre Trommeln, die anderen Musikinstrumente und die meisten Fackeln ließen sie zurück.
Ich hielt den Ys-Spiegel empor und schaute auf die eine Seite, jene mit dem dämonischen Sigill. In meinem Gesicht prickelte und stach es wie mit tausend Nadeln. Die Tätowierung des Dämons Srasham, die ich vor längerer Zeit in Istanbul erhalten hatte, machte sich bemerkbar. Normalerweise unsichtbar, wurde sie manchmal in Streßsituationen sichtbar. Diesmal war es offenbar so, daß die beiden Dämonen - die Srashamfratze und das Dämonensigill des Ys-Spiegels - sich nicht vertrugen. Ich biß die Zähne zusammen und konzentrierte mich auf die Wirkung, die ich erreichen wollte: Die Zerstörung des Vago-Kopfes. Normalerweise erschöpfte mich die Anwendung des Ys-Spiegels, der die Form eines Handspiegels hatte und aus seltsamem Material bestand, sehr. Der Spiegel besaß kein Spiegelglas, sondern im Rahmen war eine milchig-trübe Substanz, die von vielen zum Teil kaum sichtbaren Linien und Runen durchzogen war. Manchmal erschienen helle, glitzernde Punkte in dem Ys-Spiegel, je nach Lichteinfall und Gelegenheit. Eine Zeitlang war ich eine Symbiose mit ihm eingegangen und hatte mich auf metaphysische Weise mit ihm verbunden. Darüber war ich hinweg.
Es dauerte diesmal nur wenige Sekunden, dann bewirkten die Energien des Ys-Spiegels, daß der gestürzte Vago-Kopf in ein paar Fragmente zerbarst. Diese Teile wogen auch alle noch mindestens eine Tonne.
Aber nicht nur das bewirkte der Ys-Spiegel, sondern noch mehr. Ein Dutzend weitere Steinköpfe stürzte polternd um und ließ den Boden erzittern. Das war wieder einmal eine Nebenwirkung, die ich nicht beabsichtigt hatte.
Die Eingeborenen in der Ferne heulten vor Entsetzen auf. Dann kamen einige wenige von ihnen näher. Ich hatte den Ys-Spiegel eingesteckt.
Diesmal fühlte ich mich nicht erschöpft.
Die Polynesier hatten nicht vor, mir etwas anzutun. Im Gegenteil, sie kamen, um sich mir zu unterwerfen. Auf dem Bauch krochen sie zu mir her.
„Tohunga!" riefen sie.
Tohunga bedeutete „Großer Herr". Was sie sonst noch riefen, konnte ich nicht verstehen, aber ich begriff. Ich hatte Te-Ivi-o-Atea getötet und den Vago-Kopf gestürzt. Ich mußte ihnen also mächtiger vorkommen als die Dämonen, die sie beherrscht hatten.
Ich nahm den Kommandostab und benutzte ihn als Verstärker und Übersetzer zugleich. Diesmal ließ ich meine Stimme nicht so donnernd dröhnen.
„Kommt her zu mir!" sagte ich zu den Eingeborenen, „kommt alle! Ich bin der Diener des Hermes Trismegistos und sage euch, daß ihr euch von den finsteren und bösen Götzen und Dämonen abkehren sollt."
Sie kamen zögernd, aber sie kamen. Wie zuvor, nahmen sie auch jetzt im Halbkreis Aufstellung. Auf das Kommando eines der beiden Medizinmänner hin fielen sie auf den Bauch. Auch die Medizinmänner lagen im Staub.
Ich gebot ihnen aufzustehen, denn ich mochte es nicht, daß diese Menschen vor mir im Staub lagen. Trotz all meiner Macht, die mir durch das Vermächtnis des Hermes Trismegistos zugefallen war, war ich ein Mensch wie sie. Es wäre nötig gewesen, sie zu unterweisen, damit sie nicht wieder dem nächsten Dämon anheimfielen. Aber dafür hatte ich nicht die Zeit.
Ich befahl ihnen, die Gräber der sieben Israelis zu öffnen. Hoffnung hatte ich keine mehr für die armen Menschen, aber ich wollte wissen, was aus den magischen Goldbarren geworden war.
Vier von den Gräbern waren nicht durch die Gesteinstrümmer verschüttet. Die Polynesier hoben sie in aller Eile aus. Ich trat an den Rand des ersten geöffneten Grabes. Die Eingeborenen hatten sich in abergläubischer Furcht zurückgezogen. Sie tuschelten miteinander.
Das Grab war leer. Ich betrachtete den Grabstein mit den seltsam verschnörkelten Mustern, Sie gaben mir auch keine Lösung für das Rätsel, das sich hier auftat.
Ich trat an die anderen Gräber. Alle waren leer. Die geopferten Menschen und die Memory-Barren waren
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